Well2Battery2Wheel: Kompetenz rund um die Batterie in Hessen

Kick-off-Veranstaltung zum Projekt „Well2Battery2Wheel“ von Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (Darmstadt), Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (Kassel) und Justus-Liebig-Universität Gießen

Der Kunde setzt beim Fahrzeug auf Sicherheit und Zuverlässigkeit; nicht nur Preis und Komfort spielen bei der Kaufentscheidung für ein Auto eine wichtige Rolle. Sicherheit und Zuverlässigkeit der kommenden Fahrzeuggeneration werden also wesentlich entscheidend dafür sein, ob sich Elektromobilität langfristig durchsetzen kann. Ohne ein zuverlässiges Batteriesystem hat ein Elektrofahrzeug auf Dauer keine Chance. Genau hier setzen die Forschungen der Materialwissenschaftler der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) an. Gemeinsam mit Forscherteams des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF, Darmstadt) und des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES, Kassel) arbeiten sie jetzt im erfolgreich eingeworbenen Projekt „Well2Battery2Wheel“ zusammen.

In unterschiedlichen Teilprojekten erforschen die Experten die Anforderungen an den Energiespeicher im Einsatz als Traktionsbatterie und mobiler Speicher sowie die sich daraus ergebenden Anforderungen an das Elektrofahrzeug. Das Projekt an den drei Standorten Gießen, Darmstadt und Kassel wird vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) mit rund 700.00 Euro gefördert; 150.000 Euro fließen nach Gießen.

Well2Battery2Wheel: Kompetenz rund um die Batterie in Hessen
Foto: JLU-Pressestelle / Franz Möller

Bei der Kick-off-Veranstaltung am 28. Juni 2013 zum Projekt „Well2Battery2Wheel“ im Uni-Hauptgebäude stellte das Gießener Forscherteam um Prof. Dr. Jürgen Janek und Dr. Philipp Adelhelm vom Physikalisch-Chemischen Institut (PCI) der JLU das Thema Batterieentwicklung in den Mittelpunkt. JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee beglückwünschte die beteiligten Wissenschaftler zum neuerlichen erfolgreichen Projektantrag: „Ich bin sehr froh darüber, dass wir an der JLU eine solch starke Kompetenz im Bereich der batterietechnologischen Grundlagenforschung vorweisen können, die wir durch eine gezielte Berufungspolitik in den Materialwissenschaften aufgebaut haben. Ich bin schon heute gespannt darauf, welche neuen Erkenntnisse wir aus dem Gießener Laboratorium für Materialforschung (LaMa) noch erwarten dürfen.”

Bei der theoretischen Erörterung und Erklärungen zum Projekt sollte es jedoch nicht bleiben: Die Gäste konnten vor dem Uni-Hauptgebäude zwei Elektroautos bzw. zwei weitere Forschungsfahrzeuge begutachten, die von LBF-Projektpartnern aus Darmstadt eigens nach Gießen gefahren worden waren.

Das Projekt „Well2Battery2Wheel“ knüpft an ein laufendes Projekt „Well2Wheel“ an, das vom Bundesumweltministerium (BMU) gefördert wird und sich mit der Integration von Elektrofahrzeugen als mobile Speicher in das Smart Grid (Intelligentes Stromnetz) beschäftigt. „Well2Wheel“ hat die Potenziale von Elektrofahrzeugen als mobile Speicher und als Fortbewegungsmittel im Fokus. Die Blickwinkel entsprechen denen des Energieversorgers und des Nutzers. Die Projektbeteiligten von„Well2Battery2Wheel“ erweitern den Blickwinkel und betrachten die Systeme Elektromobilität und Smart Grid aus Sicht des mobilen Energiespeichers. Dr. Chalid el Dsoki, Fraunhofer LBF, sagte bei der Projektvorstellung: „Wir wollen ein starkes Signal setzen, dass auch in der Batterie-Entwicklung kein Weg an Hessen vorbeiführen wird“.

„Mit der Einführung elektrischer Antriebstechnik müssen viele neue Technologien und Untersuchungsmethoden Eingang in die Praxis finden“, erklärte Prof. Janek: „Ein Elektrofahrzeug unterscheidet sich in vielen Facetten grundsätzlich von einem ,konventionellen‘ Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Eine Komponente, für die dies in besonderem Ausmaß gilt, ist die Batterie. Ein wichtiger Aspekt der Batteriesystementwicklung ist die Zuverlässigkeit. Darauf richten wir in diesem Projekt unseren Blick. Im Rahmen des LaMa untersuchen wir darüber hinaus die grundlegenden Eigenschaften elektrochemischer Systeme in aller Tiefe.“

Im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren existiert diesbezüglich bei den Automobilherstellern, Zulieferern und Dienstleistern bislang nur unzureichende Erfahrung. Offene Fragen, auf die im Rahmen des Projekts Antworten gesucht werden, sind beispielsweise: Welche Anforderungen stellt das Elektrofahrzeug als integraler Bestandteil des Smart Grids an seinen Energiespeicher? Wie sehen typische Lade- bzw. Entladezyklen aus? Wie beeinflusst die Nutzung als Netzspeicher den State of Health der Traktionsbatterie?
Was sind typische Degradationserscheinungen im Lauf der Zeit? Wie beeinflussen die Jahreszeiten und Temperaturen den Energiespeicher und das Ladeverhalten der Nutzer?

Die Bearbeitung der Forschungsschwerpunkte Zellentwicklung, Batteriesystemdesign, Modellierung und Prüfung unter Berücksichtigung der realen Betriebsbedingungen haben das Ziel, die ganzheitliche Kompetenz rund um die Batterie in Hessen nachhaltig auszubauen.
„In Darmstadt bauen wir gerade ein Zentrum für Systemzuverlässigkeit mit Schwerpunkt Elektromobilität auf. Hier werden zukünftig Prüfmethoden für elektrische Fahrzeugkomponenten sowie deren Dimensionierung für Betriebsfestigkeit, Systemzuverlässigkeit und Funktionale Sicherheit entwickelt“, sagt Prof. Dr. Holger Hanselka, Institutsleiter des Fraunhofer LBF.

Ein hinreichende Lebensdauer von Batterien unter dem Einfluss von verschiedenen Betriebsbedingungen (Fahrzyklen, Fahrstil) und eventuelle auch verschiedenen äußeren Einflüssen (Klima) stellt auch heute noch eine der großen Herausforderungen in der Entwicklung elektrochemischer Energiespeicher dar. Sie ist gleichzeitig ein zentraler Aspekt für die ökonomische Bewertung von batteriebetriebenen Fahrzeugen. Im geplanten Projekt soll die Degradation von Batteriekomponenten in erster Linie durch die Bewertung der Lade- und Entladecharakteristiken verfolgt werden. Hierzu werden die beteiligten Gruppen im IWES und am PCI/JLU gemeinsame Messungen und Simulationen der entsprechenden Charakteristiken durchführen.

„Die Simulationen helfen Ingenieuren in der Industrie und in der Forschung, Zeit und Geld zu sparen. Eine besondere Herausforderung dabei ist die Modellierung aller relevanten physikalischen und elektrochemischen Prozesse in den Speicherzellen. Das IWES entwickelt dazu Softwareprodukte, mit denen viele Unternehmen der deutschen und europäischen Automobil- und Zulieferindustrie arbeiten“, sagt Prof. Dr. Clemens Hoffmann, Institutsleiter des Fraunhofer IWES.

In regelmäßigen Abständen werden die Lade- und Entladecharakteristiken der genutzten Batterien aufgezeichnet und im Hinblick auf systematische Veränderungen analysiert. Zu diesem Zweck sollen auch modellhafte Vergleichszellen studiert werden, die es erlauben, einzelne charakteristische Veränderungen nachzubilden und mögliche Schadensmechanismen zu analysieren. Die Ergebnisse dieser Messungen sollen dann dem Vergleich mit Messungen an den eingesetzten Batterien dienen.

(IDW)

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