Wie bei Mitarbeitern Lust auf Spitzenleistungen entsteht – Teil 3

… aus der wöchentlichen Kolumne von Anne M. Schüller.

Viele Menschen im Berufsleben arbeiten gar nicht – sie gehen ihrem Vergnügen nach! Denn wir Menschen, so der Verhaltensbiologe Felix von Cube, sind nicht auf Schlaraffenland programmiert, sondern auf Leistung. Nur: Es muss sich subjektiv lohnen, sonst fällt unser Hirn sofort in den Energie-Sparmodus. Die drei wichtigsten Stellschrauben, unter denen Lust auf Leistung und schließlich Spitzenergebnisse entstehen können, heißen: Sinn, Anerkennung und Verbundenheit. Sinn und Anerkennung wurden bereits in Teil 1 und 2 besprochen.

Herstellung von Verbundenheit

Seitdem wir Menschen uns von den Bäumen herunter schwangen und aufrechten Gangs die Welt eroberten, dreht sich bei uns alles um das Leben in kleinen Gruppen. Wir sind Herdentiere und brauchen die Akzeptanz einer schützenden Gemeinschaft. Ausgestoßen zu werden ist das Schlimmste, was uns passieren kann. Allein in der Wüste: der sichere Tod. In vielen Kulturen wird eine Frau, die allein unterwegs ist, immer noch aus Freiwild betrachtet. Genau aus diesem Grund verursacht Mobbing bei vielen Frauen so massive existentielle Ängste. Vor allem die Frauen brauchen Schutzzonen – und ein starkes Wir-Gefühl.

Allein sind wir schwach, zusammen sind wir stark. Ein wertvolles und geachtetes Mitglied einer Gruppe zu sein: Das gibt uns Sicherheit und Geborgenheit. Soziale Isolation ist eine der schlimmsten Strafen. Sie macht uns aggressiv – oder depressiv. Sie führt übrigens zu einem Absenken des Gelassenheitshormons Serotonin und schließlich zu einem Kollaps celebraler Funktionen. Säuglinge sterben daran.

Das Kuschelhormon Oxytocin

Verbundenheit entsteht durch Zuneigung und gemeinsames Handeln. Damit geht ein Gefühl einher, das wir Vertrauen nennen. Begleitet werden diese Prozesse durch einen körpereigenen Botenstoff namens Oxytocin. Das auch gerne Kuschelhormon genannte Oxytocin erhöht unser Glücks- und Genusspotenzial. Es ist neurochemischer Balsam für unsere Seele. Es wirkt entspannend und gesundheitsfördernd – und lässt sogar Wunden schneller heilen. Es wird dann verstärkt hergestellt, wenn es zu einer Begegnung kommt, die feste Bindungen einleiten soll. Es erhöht die Bereitschaft, Vertrauen zu schenken. Gleichzeitig stabilisiert es Beziehungen, die zu seiner Ausschüttung geführt haben. Es belohnt also positive soziale Kontakte und Geselligkeit.

„Bewusst oder unbewusst tendieren wir dazu, unser Verhalten so zu organisieren, dass es in uns zu einer Ausschüttung dieser Substanz kommen möge“, so der Hirnforscher Joachim Bauer, und weiter: „Personen, die durch ihre Zuwendung, durch ihre Anerkennung oder Liebe unsere Oxytocin-Produktion stimuliert haben, werden zusammen mit der Erinnerung an die mit ihnen erlebten guten Gefühle in den Emotionszentren unseres Gehirns abgespeichert.“ Deshalb freuen wir uns, wenn wir gute Freunde und angenehme Kollegen sehen – und diese freuen sich auf uns. Und deshalb gehen wir für geliebte Chefs durchs Feuer – und den ungeliebten laufen wir davon.

Menschen, die eine für sie wichtige Beziehung gefährdet sehen, die abgelehnt oder ausgeschlossen werden, reagieren darauf mit einem Anstieg von Aggressionshormonen. Dies lässt sich übrigens bei Männern verstärkt messen. Die Reaktion darauf ist offen oder verdeckt, gegen andere oder gegen sich selbst gerichtet: Kampf, Zorn, Zerstörung, Verleumdung, Trauer, Depression, je nachdem. Verbietet es sich, die Aggression gegen den eigentlichen Täter, also etwa den Chef zu wenden, dann muss eine dritte Person dafür herhalten: zum Beispiel der Kunde. So führt schlechte Mitarbeiterführung schließlich auch zu Kundenschwund.

Communities: moderne Formen des Herdentriebs

Wir sind lieber eingebettet in die Gemeinschaft eines gut geführten, renommierten Unternehmens, als ständig ‚auf der Flucht‘. Klar, in uns allen steckt der Wunsch nach Abwechslung, vielfach gar der unbändige Drang, zu neuen Ufern aufzubrechen. Und die neue Arbeitswelt macht für viele das ‚nomadische Jobben‘ unumgänglich. Aber gleichzeitig teilen wir das tiefe Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe Gleichgesinnter. Die Massenattraktivität populärer Fußballclubs ist ein sichtbares Zeichen dafür.

Die Sippen und Stammesverbände von früher, das sind die Communities von heute und morgen. Netzwerke sind nichts anderes als moderne Formen des Herdentriebs. In Zeiten der Vereinzelung, der schleichenden Vereinsamung und des sozialen Autismus können Unternehmen und Teams die früheren Kollektive und auseinander brechenden Familienstrukturen ersetzen und den Menschen eine neue Heimat geben. Gerade die junge Generation, in der es erstmals so viele Schlüsselkinder gibt, sucht nach neuen Formen der Verbundenheit. Die Handy- und Internet-Sucht ist der beste Beweis hierfür.

Das Wir-Gefühl stärken

Führungskräfte tun also gut daran, Gemeinschaft und Zusammenhalt unternehmensweit zu fördern. Dazu gibt es unendlich viele Möglichkeiten. Bei Google zum Beispiel treffen sich freitags um 16 Uhr die Mitarbeiter zum ‚Thank-God-its-Friday-Get-Together‘. So kann man die Woche nochmal Revue passieren lassen, Pläne für die Folgewoche machen, etwaig aufgestaute Probleme klären und mit einem Gläschen Prosecco Erfolge feiern. „Alle Googler lieben den TGIF, weil es ein toller, gemeinschaftlicher Wochenabschluss ist und wir dann wirklich mit guter Laune ins Wochenende gehen“, meint Andreas Kobilke, Account Manager bei Google in Hamburg.

Nähe sorgt für Verbundenheit. Wer oft miteinander zu tun hat, sollte daher nicht nur im gleichen Gebäude, sondern möglichst auch im gleichen Stockwerk arbeiten. Wir suchen unsere Mitmenschen am ehesten auf gleicher Ebene auf. Dies ist wohl ein Relikt aus unserer Urzeit als Savannenbewohner. Zu achten ist ferner auf sinnvolle Laufwege, auf einladende offizielle wie informelle Kommunikationsinseln – und auch auf Plauschpausen. Und dort, wo Präsenzarbeitsplätze vom Aussterben bedroht sind, muss virtuelles Plauschen möglich sein: firmeninterne Foren, Blogs und Wikis schaffen das so notwendige Gefühl des Dazugehörens.

Verbundenheit entsteht am ehesten in kleinen Einheiten. Großorganisationen entfremden. Ein starkes ‚Wir-Gefühl‘ entwickelt sich vor allem aber durch gemeinsam erzielte Ergebnisse und durch Stolz auf die Firma. Dies trägt der Mitarbeiter durch positive Erzählungen schließlich nach draußen. So können die Mitarbeiter zu Loyalitätsmachern im Kundenkreis werden. Mitarbeiter- und Kundenloyalität korrelieren. Wer keine loyalen Mitarbeiter hat, hat auch bald keine loyalen Kunden mehr. Denn Menschen pflegen Beziehungen zu Menschen und nicht zu Unternehmen.

Ihre Anne Schüller

Quelle: Foto Wolfgang List – www.perfectfotos.com

Zur Autorin

Anne M. Schüller ist Management-Consultant und gilt als Europas führende Expertin für Loyalitätsmarketing.

Über 20 Jahre hat sie in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener Dienstleistungsbranchen gearbeitet und dabei mehrere Auszeichnungen erhalten. Die Diplom-Betriebswirtin und zehnfache Buchautorin gehört zu den gefragtesten Wirtschafts-Speakern im deutschsprachigen Raum. Sie arbeitet auch als Business-Trainerin und lehrt an mehreren Hochschulen. Managementbuch.de zählt sie zu den wichtigen Managementdenkern. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft.

Mehr zu Anne M. Schüller finden Sie unter www.anneschueller.de.

Das Buch zum Thema

Anne M. Schüller: Kundennähe in der Chefetage – Wie Sie Mitarbeiter kundenfokussiert führen
Orell Füssli, Zürich, 3. Akt. Auflage 2011, 26,50 Euro / 44.00 CHF, 255 Seiten, ISBN: 978-3-280-05282-2
ausgezeichnet mit dem Schweizer Wirtschaftsbuchpreis 2008

Weitere Infos: www.kundenfokussierte-unternehmensfuehrung.com

Das Hörbuch zum Thema

Anne M. Schüller: Die kundenorientierte Mitarbeiterführung – Die 25 wertvollsten Erfolgsrezepte für erfolgreiches Führen in neuen Zeiten
Breuer & Wardin, 1 CD, 77 Min., Preis: 19,90 Euro / 29.90 CHF, ISBN: 978-3939621898

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