Wir alle verhandeln ständig

Sie müssen nicht verhandeln? Denken Sie vielleicht. Sie verhandeln täglich. Mehrmals. Mit Kunden und Lieferanten, den Kollegen, dem Chef, ihren Mitarbeitern. Privat geht es munter weiter, mit dem Partner, den Kindern, den Nachbarn, beim Einkaufen. Ja sogar in Ihrer Freizeit haben Sie keine Verhandlungspause…

 

Zwischen Weihnachten und Neujahr, irgendwo in Deutschland, bei einer Sportveranstaltung. Das Spiel war spannend, die Heimmannschaft hat hart gekämpft und verdient gewonnen. Die Fans sind gut drauf und wollen den Sieg und "ihre Mannschaft" jetzt ordentlich feiern. Am liebsten in der eigens eingerichteten VIP-Lounge,  ausgelassen und "All-Inclusive", mit den anderen TOP-Fans.

 

Selbstsicher nähern sich drei Männer der Eingangskontrolle. Zwei von ihnen sind Stammgäste, sie besitzen schon das begehrte Armband, das freien Zugang signalisiert. Für den dritten soll jetzt einfach ein Tagesticket nachgelöst werden. Doch ausgerechnet heute heißt es: "Tut uns leid, es ist überfüllt. Heute wollen alle rein. Wir dürfen keinen mehr rein lassen und müssen alle wegschicken".

 

Enttäuscht drehen die drei Fans ab und sind schon am Gehen, da entdeckt einer, der meine Dienste schon in Anspruch genommen hat, meine Frau und mich. Wir sind gerade auch auf dem Weg in die VIP-Lounge, als er mich anspricht und prompt herausfordert: "Jetzt kannst Du ja mal zeigen, was Du wirklich kannst. Wir dürfen nicht mehr rein, obwohl wir zwei ein "Band" haben und wir nur für IHN noch eins brauchen". Mit diesen Worten zeigt er auf den dritten Mann.

 

"Ok", sage ich, "wenn ich euch alle drei reinbringe, dann machen wir im neuen Jahr einen Termin und wir besprechen was ich für Sie sonst noch tun kann" und zeige auf den stadtbekannten Handelsmakler. "Einverstanden!"

 

Fünf Minuten und zwei Gespräche später stehen wir zu fünft zusammen und genießen die ausgelassene Sieger-Stimmung – in der VIP-Lounge.

 

Das Erfolgsgeheimnis: Hinhören und Vergleichen!

 

Wie hat es denn doch noch geklappt, obwohl die drei Männer, alle sehr erfahrene Geschäftsleute, keine Viertelstunde vorher noch weggeschickt wurden?

 

Der wohl wichtigste und am meisten unbeachtete Faktor ist: Hinhören. Hören Sie genau hin, was Ihr Gesprächspartner Ihnen anbietet. Und arbeiten Sie genau damit. Dann ist alles ganz einfach.

 

Wissen Sie noch, was der freundliche Türsteher angeboten hat?

 

"Tut uns leid, es ist überfüllt. Heute wollen alle rein. Wir dürfen keinen mehr rein lassen und müssen alle wegschicken."

 

Wenn Sie das hören, dann nehmen Sie zunächst sein Bedauern auf und Verstärken es noch mit den Worten: "Ja, das verstehe ich. Ist für Sie auch blöd, wenn Sie alle wegschicken müssen und gleichzeitig gehen noch Menschen rein. Wir dürfen ja auch noch rein, weil wir haben die Bänder ja, außer ihm hier." Dann zeigen Sie auf den armen Betroffenen und geben dem Fall damit ein Gesicht. Jetzt brauchen Sie ein paar Zahlen damit Ihre folgenden Argumente zum einen "logisch und nachvollziehbar" klingen und damit Sie die Zahlen "groß oder klein erscheinen" lassen können – gerade so wie Sie es brauchen. "Wie viel mussten Sie denn wegschicken heute – und wie viel sind den überhaupt da drin heute?"

„Heute sind sicher 500 drin und ich hab bestimmt schon acht oder neun weggeschickt.“

 

Jetzt brauchen Sie eine noch viel größere und eine kleinere Zahl. Ich nehme also die Gesamt-Zuschauerzahl, der Sprecher hat sie vorhin durchgegeben, sich "heute bei 5000 Zuschauern" bedankt. Und die kleinste Zahl ist Eins: Mein neuer Freund ohne Eintrittskarte.

 

"Ja, das ist schon schwer, da ist es eigentlich schon überfüllt, es kommen immer noch welche, die Sie reinlassen müssen, so wie wir fünf, und dann müssen Sie immer wieder mal welche wegschicken. Aber wenn das bis jetzt erst acht oder neun waren von den Fünftausend, dann kommt da auch nichts mehr – jetzt. Und wenn schon 500 drin sind, und gleich sogar 504, dann verträgt es auch 505. Stimmt. Mit wem müssen Sie denn reden, damit das klar geht – Jetzt!"

 

Daraufhin dreht sich der Security-Mann um, spricht in sein Funkgerät – und winkt uns durch.

 

Sie denken jetzt: "Das war ja einfach. Da hat er halt Glück gehabt." Ja, einfach war es, aber nicht leicht.

Und mit Glück hat das nichts zu tun. Sondern mit Menschenkenntnis, Hinhören und ein bisschen Kopfrechnen.

 

Menschenkenntnis ist notwendig um zu wissen, wie jemand tickt, der an der Tür steht. Er ist in dem Moment ein sehr mächtiger Mensch. Er hat einerseits Anweisungen zu befolgen und auf der anderen Seite ist er derjenige, der auch Ausnahmen machen darf, ja sogar machen muss, zum Beispiel bei Super-Prominenten. Und außerdem muss er  seine Macht demonstrieren, auch und gerade vor anderen Menschen. Menschenkenntnis braucht es auch um zu wissen, wie der Relativitätseffekt – mehr darüber hier – funktioniert. Er sorgt dafür, dass wir Zahlen kleiner beurteilen, wenn wir größere Vergleichszahlen daneben stellen. Oder umgekehrt kleinere Zahlen größer wirken, wenn wir noch kleinere Zahlen nennen, zeigen oder aufzeichnen.

 

Hinhören was der andere sagt und das Gehörte genau wiedergeben hilft beim Aufbau einer persönlichen Beziehung. Damit sind Sie Ihrem Gesprächspartner sympathisch. Und wer schlägt jemandem, den er sympathisch und "nett" findet, schon gerne einen Gefallen ab. Und außerdem können Sie so genau auf die Argumente Ihres Gegenübers eingehen, in seine Welt eintauchen und seine Sorgen, Ängste und Nöte erkennen und ihm helfen, sie zu lösen.

 

Lesen Sie nächste Woche warum es sich für Sie lohnt, in Zukunft besser zu verhandeln und wie Sie es schaffen, in Verhandlungen besser abzuschneiden.

 

 

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Profil des Autors:

 

Kurt-Georg Scheible schlägt die Brücke zwischen zwei Welten. Der gelernte Bankkaufmann und Dipl. Wirtschaftsingenieur ist seit 25 Jahren aktiver Unternehmer und Erfolgsverhandler aus Leidenschaft. Seine eigenen Unternehmen führt er mit den von ihm selbst entwickelten Grundsätzen für Unternehmer 2.0. Besonders am Herzen liegen ihm die Förderung des Mittelstands und der Unternehmer. Gleichzeitig ist Kurt-Georg Scheible erfolgreicher Redner, Trainer, Coach und Berater für renommierte Unternehmen und Organisationen zu den Themen erfolgreiche Verhandlung in Führung und Verkauf, Menschenkenntnis und Konfliktmanagement. Erfolgsverhandler Kurt-Georg Scheible begnügt sich nicht mit Referieren und Trainieren, er begleitet seine Kunden unterstützend bis an den Verhandlungstisch. „Der Erfolgsverhandler, der mit ins Feuer geht“ ist sein Motto. Er lebt im unternehmerischen Alltag authentisch vor, was er seinem Publikum in praxisnahen Reden, Seminaren und Coachings nahebringt. Kurt-Georg Scheible ist 5 Sterne Redner und Trainer, Professional Mitglied der German Speakers Association GSA, Buch-Autor und Dozent an internationalen Business-Schools. Ein neues Buch ist in Vorbereitung. Mehr zu seiner Person finden Sie unter www.erfolgscampus.de.
 

 

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