Wissenschaftlicher Beirat zur Restrukturierung des Europäischen Finanzsystems und strauchelnder Banken

Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) hat am Freitag seinen Brief an den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Philipp Rösler, zur Stabilität des Europäischen Finanzsystems und den Umgang mit Schieflagen bei Banken vorgestellt. Die Beiräte beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie setzen sich aus Sachverständigen zusammen, die den Bundesminister in wirtschaftspolitischen Fachfragen beraten. Dem unabhängigen Wissenschaftlichen Beirat gehören momentan 39 Wissenschaftler an, die auf dem Gebiet der Wirtschafts- oder Rechtswissenschaften als Hochschullehrer tätig sind. Sie werden auf Vorschlag des Beirats jeweils vom Bundeswirtschaftsminister berufen und abberufen.

Der Beirat unterstützt in seinem aktuellen Bericht grundsätzlich den Aufbau einer europäischen Bankenaufsicht. Er warnt aber zugleich vor Zielkonflikten bei einer zeitgleichen Bewältigung regionaler Krisen und der Schaffung einer künftigen europäischen Bankenunion. Diese dürfe nicht dem Transfer von Risiken dienen und könne nur schrittweise erfolgen. Der Bericht zeigt dabei wesentliche Punkte auf, die es bei der Errichtung einer Bankenunion zu beachten gilt. Aus der Einleitung des Berichts des Wissenschaftlichen Beirats beim BMWi:

Der Beirat geht dabei von der Beobachtung aus, dass Aufsicht, Regulierung und Umgang mit Schieflagen bei Banken nicht mehr allein den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden können.

Es ist für die Eurozone unabdingbar, ein robusteres Bankensystem aufzubauen, wie der Beirat bereits im Gutachten zur Reform von Bankenregulierung und Bankenaufsicht nach der Finanzkrise (Gutachten 03/10) dargelegt hat. Das ist nicht nur erforderlich, um das Risiko von Bankenkrisen zu vermindern, sondern ist auch die Voraussetzung dafür, dass zukünftige Staatsschuldenkrisen nicht das Finanzsystem gefährden. Das No-Bailout-Prinzip würde gestärkt und mittelfristig an Glaubwürdigkeit gewinnen.

Zudem zeigt die Erfahrung, dass nationale Aufsichtsbehörden und Regierungen die Schieflagen von Banken nur zögerlich angehen. Dies trägt dazu bei, dass fragile oder nicht mehr funktionsfähige Bankstrukturen bestehen bleiben. Dieses Zögern rührt auch daher, dass Banken Kreditgeber der nationalen Wirtschaft sowie des Staates sind. Dadurch entsteht eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Einzelstaaten und ihren Banken.

Europäische Kompetenzen in der Aufsicht, der Regulierung und bei der Lösung von Solvenzproblemen von Banken in der Eurozone bergen jedoch beträchtliche Gefahren. Erstens müssen derzeit regionale Krisen bewältigt und gleichzeitig eine nachhaltige Neuordnung des Finanzsystems aufgebaut werden. Zweitens können neue Regelwerke die gewünschte Wirkung auf europäischer Ebene nur dann entfalten, wenn sie nicht dazu missbraucht werden, primär Transfers zulasten von Ländern zu initiieren, deren Banken keine Solvenzprobleme haben. Diese Umstände verlangen nach einer besonders umsichtigen Vorgehensweise und nach einer sorgfältigen Absicherung beim Aufbau der notwendigen europäischen Institutionen.

Die folgenden Überlegungen identifizieren die Kernelemente eines ersten Schrittes, und sie weisen auf Bruchstellen dieser institutionellen Entwicklung hin, die vermieden werden sollten:

  • – Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Finanzsystems. Verhinderung und ggfs. notwendige Bewältigung von zukünftigen Schieflagen bei Banken sowie Reorganisation von ineffizienten Bankenstrukturen in der Eurozone,
  • – Stärkung der Robustheit des Finanzsystems in der Eurozone und Etablierung eines glaubwürdigen No-Bailout-Prinzips,
  • – Sicherstellung des Erhalts einer primär auf Preisstabilität ausgerichteten Geldpolitik und deren Unabhängigkeit von der Fiskalpolitik,
  • – Vermeidung von Belastungen für die Steuerzahler.

-> der vollständige Bericht ist auf der Website des Bundeswirtschaftsministeriums in voller Länge abrufbar.

(mb)

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