Aktivierung von Liquiditätsreserven

Schönen Guten Tag Herr Dr. Panetta, ich begrüße Sie heute ganz herzlich zum zweiten Teil unseres Gesprächs zum Thema „Working Capital Optimization“. Im ersten Teil des Interviews haben wir über die "Liquidität und Kapitaleffizienz in der Wertschöpfungskette" gesprochen. Diesmal werden wir uns mit der "Aktivierung von Liquiditätsreserven" auseinandersetzen.

Selbst zum Höhepunkt der Krise hatten laut Handelsblatt die 993 größten börsennotierten europäischen Unternehmen noch 742 Mrd. EUR zu viel Liquidität im Netto-Umlaufvermögen (NWC) gebunden. Trotz aller Anstrengungen ist dies ein erheblicher Geldbetrag. In Zeiten des Aufschwungs steigt das Umlaufvermögen wieder. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Steigen die Umsätze, steigen auch Forderungen, Verbindlichkeiten, und Vorräte. Das ist normal. Kritisch sind allerdings oft der Zeitpunkt des Anstiegs und dessen Relation zur Umsatzentwicklung.

Ein Beispiel: Verfügt ein Unternehmen über unerschlossene Liquiditätsreserven in seinen Lagerbeständen, sollte erst dann geordert oder gefertigt werden, wenn der Überschuss abgebaut wurde. Erfolgt das nicht, trägt das Unternehmen unabhängig von der absoluten Bestandshöhe und der konjunkturellen Situation auf Dauer einen permanent überhöhten Bestand mit sich.

Laut Handelsblatt und zahlreicher anderer Studien ist dies die Regel. Die jährlich verschenkten Zinsersparnisse summieren sich allein für die 993 untersuchten Unternehmen auf ca. 40 Mrd. EUR. Verschenkt werden Zinsersparnisse auch, wenn das Umlaufvermögen überproportional zum Umsatz steigt. Eine wirtschaftliche Begründung ist selten. Ursache ist meist ein Nachlassen der Finanzdisziplin. Im konjunkturellen Aufschwung sind es oft allein Umsatz, die Materialverfügbarkeit und Lieferfähigkeit, die das Tagesgeschäft dominieren. Die Kapitalbindung, befreit von scheinbar lästigen Zwängen, rückt bis zur nächsten Krise zu Unrecht in den Hintergrund.

Eine Stärkung der Innenfinanzierungskraft beschränkt nicht nur die Kapitalkosten. Sie steigert den Jahresüberschuss auch über den EBIT und erhöht sogar den Unternehmenswert. Können Sie dies bitte erläutern?

Der EBIT-Effekt einer verringerten Kapitalbindung lässt sich am Beispiel der Bestände gut aufzeigen. Sinken die Vorräte, sinken u.a. auch der Flächenbedarf, die Handling-Kosten und die Abschreibungen. Der EBIT-Effekt ist beträchtlich und übertrifft den Finanzeffekt oftmals um ein Vielfaches. Der Effekt aber ist der Gleiche: Der Jahresüberschuss steigt. Wird die gleiche Leistung mit geringerer Kapitalintensität erzielt, steigt auch die Rendite auf das eingesetzte Kapital, während gleichzeitig Bilanzstrukturen und Unternehmenskennzahlen optimiert werden. Belohnt wird dies durch einen höheren Unternehmenswert und ein besseres Rating. Das höhere Rating führt zu besseren Kreditkonditionen, Finanzergebnis und Jahresüberschuss werden nochmals gestärkt.

Inwieweit sind hier die CFOs und die kaufmännischen Geschäftsführer gefordert, diesen Weg konsequent einzuschlagen und im Unternehmen voranzutreiben?

Die Optimierung der Finanzlage und die Sicherung der Handlungsspielräume sind Kernaufgaben der Geschäftsführung. Der Geschäftsführung gelten auch die Forderungen der Kapitalgeber, die Kapitalrendite ebenso zu steigern wie Jahresüberschuss und Unternehmenswert. Auf Ebene der Geschäftsführung kommt der Innenfinanzierungskraft daher hohe Bedeutung zu. Gleichzeitig sind die Kapitalreserven über alle Stufen der Wertschöpfungskette verteilt. Isolierte Initiativen einzelner Fachabteilungen ergeben wenig Sinn. Initiative, Zielvorgabe und Steuerung sind Aufgabe der Geschäftsführung. In den Fachabteilungen kann nur die Umsetzungsverantwortung liegen.

Gilt dies im Mittelstand genauso wie für Großkonzerne?

Die Notwendigkeit, mit dem vorhandenen Kapital effizient zu haushalten, ist unabhängig von der Unternehmensgröße.

Welchen Mehrwert können hier Finanzspezialisten oder Managementberater für Unternehmen leisten?

Spezialisierte Beratungen mit klarer Fokussierung auf operativer Effizienz und hohem operativem Know-how leisten einen hohen effektiven Mehrwert. Dieser resultiert an erster Stelle aus dem Wissen, an welcher Stelle der Wertschöpfungskette welche Stellschrauben effektiv geeignet sind, Liquidität nachhaltig zu aktivieren. Entlang der Wertschöpfungskette existieren mehr als 300 Stellschrauben. Jede Fachabteilung – ob R&D, Einkauf, Logistik oder Fertigung – kann und sollte ihren Beitrag leisten. Die oftmals übliche Beschränkung auf die Standardhebel der Kreditoren- und Debitoren-Buchhaltung ist ein Fehler. Sie belastet die Beziehung zu Kunden und Lieferanten bei weitgehender Vernachlässigung der weit höheren inneren Potenziale. Effektiver Mehrwert resultiert auch aus dem Marktüberblick. Brancheninterne und branchenübergreifende Benchmarks sind spezialisierten Experten bekannt. Die Evaluierung der relativen Kapitalbindung und individuellen Cash-Potenziale erfolgt daher schnell und fundiert. Auch in der Umsetzungsplanung ist externe Expertise von hohem Wert. Oftmals existieren zu den einzelnen Stellschrauben alternative Maßnahmenbündel mit divergierenden Vor- und Nachteilen. Welches ist das richtige, welches hat sich in der Praxis bewährt? Sind alle relevanten Alternativen bekannt? Experten unterstützen effektiv die Entscheidungsfindung, entlasten die Fach- und Führungskräfte und gewährleisten Planungssicherheit. Im Ergebnis resultiert mehr Liquidität – effizient und nachhaltig aktiviert.

Vielen Dank Herr Dr. Panetta für Ihre Ausführungen und wir freuen uns bereits auf den 3. Teil unseres Interviews. Hierzu werden wir uns kommende Woche wieder hören.

Weitere Informationen zum Unternehmen finden Sie unter www.sel-mc.com.

 

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