Am letzten Donnerstag hat der US-Multi Chevron – wie bereits berichtet – ein Leck in rund 1.200 Metern Tiefe vor der brasilianischen Küste eingestanden. Betroffen ist erneut das Frada-Ölfeld im Campos-Becken etwa 130 Kilometer vor der Küste Rios. Chevron fördert hier mit dem mittlerweile in die Schweiz übergesiedelten Unternehmen Transocean (ehemals USA), das auch der Plattformbetreiber der im April 2010 havarierten Tiefseeplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko war. In dem Frada-Ölfeld waren bereits im November 2011 zwischen 2.400 und 8.000 Barrel Öl (zu je 159 Litern) ins Meer ausgetreten. Brasilien hatte Chevron daraufhin das Weiterbohren vor seiner Küste verboten. Grund war das angebliche Desinformationsmanagement was den Fortschritt bei der Bekämpfung des Bohrlecks in angeht. Unter anderem war von mangelnder Planung und einem fehlenden Umweltmanagement bei dem Ölkonzern die Rede. Die brasilianische Bundespolizei warf Chevron vor, bei seinen Tiefseebohrungen vor Brasilien „völlig unvorbereitet auf einen Notfall wie diesen“ gewesen zu sein. Beide Konzerne müssen zudem mit einer Klage auf Schadensersatz in Höhe von 11 Milliarden Dollar rechnen.
Förderverbot missachtet
Die brasilianische Agentur für Erdöl, natürliches Gas und Biokraftstoffe ANP hatte Chevron Anfang März 2012 vorgeworfen, weiterhin vorschriftswidrig Erdöl vor der brasilianischen Küste zu fördern, da der Ölmulti seit dem Leck im November immer noch nicht alle von der ANP gestellten Vorschriften und Sicherheitsvorkehrungen erfüllt habe. Nach bekanntwerden des neuen Lecks am 15. März hat die ANP nun Strafanträge gegen Manager beider Konzerne wegen Umweltvergehen angekündigt.17 Managern von Chevron und Transocean, die aus den aus den USA, Brasilien, Frankreich, Australien und Großbritannien stammen, wurde somit vorerst die Ausreise aus dem südamerikanischen Land verweigert. Chevron hat eine Stellungsnahme zunächst verweigert.
Unternehmenszahlen von Chevron
Die Öl-Multis konnten 2011 erneut von den steigenden Ölpreisen profitieren. Chevron konnte bei einem Umsatz von 253,7 Milliarden Dollar einen Gewinn vor Steuern von 47,6 Milliarden Dollar generieren. Der Gewinn nach Steuern stieg auf ein Rekordergebnis von 27,0 Milliarden Dollar. Konkurrent Exxon, der größte an der Börse gehandelte Ölkonzern, konnte da sogar noch eine Schippe drauf packen: Bei einem Umsatz von 486,4 Milliarden Dollar 2011 fuhr der Konzern ein Nettoergebnis nach Steuern von 42,2 Milliarden Dollar Reingewinn ein.
Sicherheitsrekord von Transocean im Katastrophenjahr 2010
Transocean, die Betreiberfirma der Katastrophen-Tiefseeplattform Deepwater Horizon, wurde von dem britischen Öl-Multi BP, dem Besitzer der Plattform, aufgrund der Ölkatastrophe im April 2010 im Golf von Mexiko scharf kritisiert. In der Klageschrift seitens BP gegen Transocean heißt es: Ohne dessen „Fehlverhalten“ wäre es nicht zu der Katastrophe gekommen, nicht zu der Explosion, dem Tod der Arbeiter und nicht zur Ölpkatastrophe. „Die simple Tatsache ist, dass am 20. April 2010 jedes einzelne Sicherheitssystem und -gerät sowie Mechanismen zur Quellen-Kontrolle auf der ‚Deepwater Horizon’ versagten.“ Die britische Zeitung „Sunday Times“ hat ebenfalls von Schlampereien auf der Ölplattform berichtet: Mehr als 390 fällige Wartungsarbeiten seien in den Monaten vor dem Untergang nicht erledigt worden, darunter auch so bedeutende, wie an dem wichtigen Sicherheitsventil am Meeresgrund, das beim Untergang der Bohrinsel versagt und damit zur Ölpest geführt hatte. BP klagt derzeit noch gegen seine ehemaligen Partner an der Plattform, Transocean und auch dem Zulieferer Halliburton, um eine Beteiligung an der Schadenssumme der Ölkatastrophe zu erreichen. Transocean selbst hatte sich nach dem abgelaufenen Katastrophenjahr 2010 im scharfen Kontrast für einen persönlichen Sicherheitsrekord gefeiert: „Das Jahr 2010 war das Beste in unserer Unternehmensgeschichte. Jedenfalls gemessen an der Sicherheit unserer eigenen Anlagen.“ Daran habe auch die Deepwater-Katastrophe und die zweitgrößte Ölkatastrophe der Geschichte nichts geändert: „Abgesehen von diesen tragischen Todesfällen haben wir einen statistischen Sicherheitsrekord aufgestellt.“ Zur Belohnung erhielten die Manager satte Boni. Transocean betreibt insgesamt 136 Bohrplattformen. Erst im April 2011 wurde dabei vor Indien einen neuen Tiefseerekord aufgestellt: Die Plattform „Dhirubhai Deepwater KG2“ bohrte 3.107 Meter unter dem Meeresspiegel, beinahe doppelt so tief wie bei der Plattform Deepwater Horizon, bei der es aufgrund der großen Tiefe und des enormen Drucks drei Monate gedauert hatte, bis das Leck geschlossen werden konnte.
(mb)