… aus der wöchentlichen Kolumne von Dr. Franz Alt
Vom bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer habe ich jahrelang gehört: „In Bayern weht kein Wind“ – also wurden auch keine Windräder genehmigt. Windstrom könne nur im Norden und an der Küste produziert werden, hieß es offiziell. Doch nach Fukushima ist auch in Bayern alles ganz anders. Plötzlich weht auch in Süddeutschland viel Wind.
Derselbe Horst Seehofer sagte nach Fukushima vor dem Bayerischen Landtag: „Wir wollen bis zum Jahr 2020 in Bayern 18% Windstrom“. Das wäre gegenüber 2010 etwa eine Verdreißigfachung. Wow!
Das Problem in Bayern – oder auch in Baden-Württemberg – war natürlich nie der fehlende Wind, sondern die Abhängigkeit der konservativen Landesregierungen von der alten Atomwirtschaft. Das eigentliche Problem hieß: Verfilzt und zugenäht! In Sachsen-Anhalt herrschen ähnliche Windverhältnisse wie in Bayern und dieses Bundesland gewinnt schon heute über 50% seines Stroms über Windräder.
Beim Ausbau der Photovoltaik war Bayern allerdings schon seit Jahren vorn. Im Freistaat werden 2012 bereits acht Prozent des Stroms über die Sonne gewonnen, bundesweit erst vier Prozent. Und der Ausbau der Erneuerbaren insgesamt nimmt jetzt auch im Freistaat immer steilere Kurven an. Dieser Ausbau gelingt – aller Bedenkenträgerei zum Trotz – ohne Stromausfälle und mit gleichzeitiger Netzintegration.
Das Netz von E.On Bayern deckt den weitaus größten Teil der Stromversorgung des Landes ab. Und hier liegt der Anteil des Ökostroms bereits bei 40%.
Dies erstaunt umso mehr als Bayern beim Windstrom noch immer Schlusslicht ist. Doch Bayern gewinnt von allen Bundesländern am meisten Strom aus Biogas und durch Wasserkraft.
Das E.On-Netz zeigt, dass auch in Bayern ein schnelles Wachstum von Sonnen- und auch Windstrom bewältigt werden kann. E.On hat viel in die Verteilernetze investiert.
2012 sollen nochmal 260 Millionen Euro in den Netzausbau fließen – zunehmend verbunden mit dem Ausbau von Speichern. Die oft vertretene These, dass erst mit dem Ausbau der großen Hochspannungsnetze von Nord- nach Süddeutschland der weitere rasche Anstieg der erneuerbaren Energien möglich werde, ist damit wiederlegt.
Die bayerische Staatsregierung ist zurzeit dabei, die Genehmigungsblockaden für Windenergie zu beseitigen – und zum Beispiel auch Windräder in Waldgebieten zu genehmigen. So kann der Ausbau der Erneuerbaren noch beschleunigt werden.
Aber: Die Regierung in München hält noch immer an ihren alten Vor-Fukushima-Zielen fest, den Ökostrom von heute 25% auf 50% bis 2020 auszubauen.
Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass diese Zahl gut und gerne auf mindestens 65% Ökostrom in acht Jahren heraufgesetzt werden kann. Schon heute – siehe das vorbildliche E.On-Netz – sind in Bayern weit mehr Ökostrom-Anteile im Netz als die Regierung bisher nach außen kommuniziert.
Auch die Bundesregierung sollte ihre bisher eher schwachen Ziele endlich erhöhen. Berlin will, dass bis 2020 in Deutschland 35% Ökostrom produziert werden. Wir sind aber heute schon bundesweit bei 21% – bei jährlichen Wachstumsraten von zurzeit drei Prozent. In acht Jahren können also in ganz Deutschland 50% Ökostrom erzeugt werden.
Allerdings: diese ehrgeizigen Ausbauziele müssen auch politisch gewollt sein. Die Herren Rösler und Röttgen machen derzeit freilich nicht den Eindruck, dass sie mit Hochdruck an der Energiewende arbeiten. Eher an einer Energieverhinderungs-Wende.
Was in Bayern geht, kann auch anderswo verwirklicht werden.
Quelle: © Franz Alt 2012