„Beim Klimaschutz nicht auf die Politik warten“

StiftungsReport 2011/12 betont Rolle der Zivilgesellschaft. Fast drei Viertel der Deutschen sind der Meinung, dass beim Klimaschutz nicht länger auf die Politik gewartet werden kann, zeigt eine repräsentative Bevölkerungsumfrage für den StiftungsReport 2011/12. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hat das Buch mit dem Schwerpunkt "Auftrag Nachhaltigkeit: Wie Stiftungen das Klima schützen" soeben auf der Berliner Stiftungswoche vorgestellt.

Nur 31 Prozent der Bundesbürger beobachten sich demzufolge häufiger dabei, den Klimawandel zu verdrängen. Ein Drittel der Deutschen beklagt zu wenige Informationen zum Klimawandel; ein knappes Drittel kann das Thema nicht mehr hören. Fast drei Viertel meinen, dass die Bürger nur bereit sind, etwas gegen den Klimawandel zu tun, wenn es sich nicht auf das eigene Portemonnaie auswirkt.

"Der StiftungsReport 2011/12 ergänzt die Klima-Debatte um eine häufig übersehene Dimension: den Beitrag der Zivilgesellschaft", sagt Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. "Klimaschutz ist ein Querschnittsthema und eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bevölkerung. Stiftungen sind durch ihre Verwurzelung in allen gesellschaftlichen Bereichen und als nachhaltigster Teil der Zivilgesellschaft für dieses Thema prädestiniert", so der Generalsekretär der größten Klimaschutzstiftung der Welt.

Das Engagement der Stiftungen wird offenbar anerkannt: Fast 70 Prozent der Deutschen sehen Stiftungen als Impulsgeber für Klima- und Umweltschutz. Über 60 Prozent sind der Ansicht, dass Stiftungen das Bewusstsein für den Klima- und Umweltschutz schärfen. Die Kernkompetenzen der Stiftungen liegen nach Meinung der Bevölkerung im praktischen Naturschutz (80 Prozent), der Umweltbildung (76 Prozent) sowie der Förderung neuer Umwelttechnologien und Kampagnen, die das Thema in die Politik und eine breitere Öffentlichkeit tragen (je 70 Prozent). Jedoch kritisieren fast drei Viertel der Befragten, dass Stiftungen in der Klimaschutz-Debatte zu wenig sichtbar sind.

"Deutsche Umweltstiftungen sehen sich selbst als Förderer, Impulsgeber und Bewahrer von Natur und Umwelt. Mit ihrer Wissenschaftsförderung, als Denkfabrik und mit ihren Projekten zu best practise leisten sie maßgebliche Beiträge zum Klimaschutz. Doch Erkenntnisse alleine reichen nicht", so Dr. Lutz Spandau, Vorstand der Allianz Umweltstiftung und Leiter des Arbeitskreises Umwelt, Natur, Gesundheit im Bundesverband Deutscher Stiftungen. "Das Thema Klimaschutz ist in der Stiftungsszene angekommen. Doch die Popularisierung der Erkenntnisse und Konzepte ist noch ausbaufähig. Denkbar wäre eine gemeinsame Klimaschutz-Kampagne der deutschen Umweltstiftungen", regt Spandau an.

StiftungsReport 2011/12 „Auftrag Nachhaltigkeit: Wie Stiftungen das Klima schützen“ Quelle: www.stiftungen.org / Bundesverband Deutscher Stiftungen

Wie Stiftungen der Bevölkerung komplexe Themen vermitteln, zeigt etwa die Baden-Württemberg Stiftung mit ihrer mobilen Informations- und Bildungsinitiative "Expedition N". "Mit unserer bundesweit einmaligen Kampagne erreichen wir an 100 Standorten rund 100.000 Besucher pro Jahr. Ziel von der ‚Expedition N‘ ist es, den Nachhaltigkeitsgedanken im Alltag zu verankern und einen Dialog direkt bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort anzuregen", so Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung. Anlässlich der Buchvorstellung machte das zweistöckige Fahrzeug erstmals in Berlin Station.

Wie eine Befragung von 100 Umweltstiftungen für den StiftungsReport 2011/12 zeigt, verstehen sich operative Stiftungen in erster Linie als praktische Naturschützer und Impulsgeber (je 71 Prozent). Über 40 Prozent aller befragten Umweltstiftungen wollen auf gesellschaftliche Veränderungen hinwirken. Nur ein Viertel versteht sich als Brücke zwischen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Die Umwelt-Förderstiftungen betrachten sich als Ergänzung öffentlicher oder sonstiger Förderung (rund 70 Prozent).

Aktivitäten: Als Aufgabengebiete nennen die Stiftungen Umweltkommunikation und -bildung (53 Prozent), Klimaschutz (51 Prozent) und die biologische Vielfalt (41 Prozent). Konkrete Aktivitäten sind einerseits der praktische Naturschutz (67 Prozent), Tagungen /Vernetzungstreffen (knapp 50 Prozent) und Studien/Gutachten (40 Prozent). Aber auch Kampagnen/Themenanwaltschaft/Politikberatung (27 Prozent), Landerwerb (fast 25 Prozent) und die Entwicklung neuer Technologien (20 Prozent) zählen dazu.

Der StiftungsReport 2011/12 gliedert das Engagement deutscher Stiftungen in drei Schwerpunktkapitel zu ihrer Rolle als Themenanwälte, als Förderer von Wissenschaft und Technologie sowie praktische Beispiele für ökologisch nachhaltige Ansätze.

Förderungen: 64 Prozent der deutschen Umweltstiftungen vergeben Fördermittel für Stipendien und Projekte. Wichtigste Destinatäre sind Nichtregierungsorganisationen mit 57 Prozent und mit je 43 Prozent Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie Schulen/außeruniversitäre Bildungseinrichtungen. Die öffentliche Hand sowie Einzelpersonen gehören mit je über 30 Prozent auch zu den Begünstigten. Im Vergleich zum Krisenjahr 2008 hat ein Viertel der befragten Stiftungen die Ausgaben für den Klima- und Umweltschutz erhöht.

Kooperationen: Stiftungen sollten ihre Arbeit noch enger miteinander und mit Dritten verzahnen: Immerhin 42 Prozent der Umweltstiftungen haben nach eigenen Angaben gemeinsam mit anderen Organisationen Aktivitäten zum Klima- und Umweltschutz entwickelt. Partner sind Nichtregierungsorganisationen (60 Prozent), Stiftungen (52 Prozent), Unternehmen (50 Prozent), Universitäten (43 Prozent) und die Regierung (26 Prozent). Diese Kooperationen dienen in erster Linie dazu, die Wirkung zu vergrößern (81 Prozent), die Finanzierung zu verbessern (knapp 60 Prozent) und die Expertise/Infrastruktur zu bündeln (57 Prozent).

StiftungsReport 2011/12 „Auftrag Nachhaltigkeit: Wie Stiftungen das Klima schützen“ Quelle: www.stiftungen.org / Bundesverband Deutscher Stiftungen

Aktionsradius: Während etwa ein Zehntel aller Förderstiftungen in Deutschland Auslandsaktivitäten verzeichnet, verteilen über ein Drittel der befragten Umweltstiftungen ihre Ausgaben für Klima- und Umweltschutz europaweit oder international. Dennoch: Mehrheitlich wirken Umweltstiftungen regional (73 Prozent).

Bekanntheitsgrad: Wird (gestützt) nach Umweltstiftungen gefragt, kennen die Bundesbürger vor allem die Umweltstiftung WWF Deutschland (60 Prozent), die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (41 Prozent) und die Deutsche Klimastiftung (35 Prozent). Während die für Lehrmaterialien zum Klimawandel bekannte Allianz Umweltstiftung einem Viertel der Bevölkerung ein Begriff ist, ist sie unter Schülern sogar zu 60 Prozent bekannt.

Stiftungen in Deutschland

Traditionell verfolgen Stiftungen in Deutschland zu knapp 31 Prozent soziale Zwecke. Umweltschutz hat unter allen Satzungszwecken einen Anteil von etwa 6 Prozent (ungewichtet). Bei den Neuerrichtungen weist der Trend nach oben: Umweltschutz hat sich seit den 1980er-Jahren einen festen Platz in der Stiftungswelt gesichert. Aktivitäten zum Klimaschutz finden sich in verschiedenen Stiftungszwecken. So verfolgen laut Bundesverband Deutscher Stiftungen 3.271 Stiftungen den Zweck "Wissenschaft und Forschung" und 1.467 "Umweltschutz". Bundesweit gibt es über 18.100 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts. Mehr als 70 Prozent sind nach der Wende errichtet worden. Allein im Jahr 2010 kamen 824 neue Stiftungen hinzu. Rund 96 Prozent aller Stiftungen sind gemeinnützig. Für satzungsgemäße Zwecke geben sie jährlich 17 Milliarden Euro aus.

Größter und ältester Stiftungsverband in Europa

Als unabhängiger Dachverband vertritt der Bundesverband Deutscher Stiftungen die Interessen der Stiftungen. Der europaweit größte Stiftungsverband hat über 3.600 Mitglieder; über Stiftungsverwaltungen sind ihm mehr als 6.000 Stiftungen mitgliedschaftlich verbunden. Damit repräsentiert der Dachverband rund drei Viertel des deutschen Stiftungsvermögens in Höhe von 100 Milliarden Euro. Umweltstiftungen sind seit 1997 in einem Arbeitskreis des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen organisiert.

Quelle: Bundesverband Deutscher Stiftungen 2011

Franz Alt

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