Bürgerprojekt Energiewende – die Erfolgsgeschichte der Energiegenossenschaften

Die Energiewende wird in zunehmendem Maße durch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger in Energiegenossenschaften getragen. Innerhalb nur einer Dekade hat sich die Zahl der Energiegenossenschaften in Deutschland verzehnfacht. Führend sind bislang ländliche Regionen in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen. In der Regel organisieren sich Bürgerinnen und Bürger genossenschaftlich, um lokale Projekte in den Bereichen Wind-, Solarenergie oder Biomasse zu realisieren. Seit einiger Zeit werden auch kommunale Nahwärmenetze genossenschaftlich finanziert und getragen. Ein Grund für den Erfolg des Genossenschaftsmodells: Genossenschaften bieten sowohl konkrete Anlageoptionen, als auch die Möglichkeit zur Mitbestimmung, und sie sind meist offen für Beteiligungen auch mit niedrigen Beträgen.

Im Rahmen eines Workshops wurden Anfang Mai die zentralen Ergebnisse des Projektes "Genossenschaftliche Unterstützungsstrukturen für eine sozialräumlich orientierte Energiewirtschaft" durch das Kölner Klaus Novy Instituts (KNi) vorgestellt. Finanziert wurde das Projekt durch das Bundesumweltministerium (BMU).

Hier die zentralen Aussagen:

  • Die Zahl der Energiegenossenschaften in Deutschland hat sich innerhalb eines Jahres verdoppelt (Stand 31.12.2011 gegenüber 31.12.2010), innerhalb von drei Jahren vervierfacht und innerhalb einer Dekade auf fast 600 verzehnfacht.

  • Besonders verbreitet sind Energiegenossenschaften bislang in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Auch bei Neugründungen von Energiegenossenschaften im Jahr 2011 führen in absoluten Zahlen die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Die prozentual stärkste Steigerungsrate kann indes Mecklenburg-Vorpommern verzeichnen.

Energiegenossenschaften sind Bürgerprojekte

  • Der Zubau der erneuerbaren Energien in Deutschland geht maßgeblich auf das Engagement von Privatpersonen zurück: Nach einer Untersuchung, die trend research letztes Jahr im Rahmen des Projekts durchgeführt hatte, befinden sich mehr als 50 Prozent der installierten Leistung bei den erneuerbaren Energien in der Hand von Privatpersonen und Landwirten (individuell oder genossenschaftlich organisiert). Privatpersonen und Landwirte investieren demnach vor allem in kleinere Erneuerbare-Energien-Anlagen bis 500 kW installierter Leistung.

  • Eine Marktdominanz großer Energieversorger ist bei den erneuerbaren Energien auch perspektivisch unwahrscheinlich. Grund sind die diversifizierten und stark dezentral geprägten Eigentümerstrukturen.

  • Jedes Mitglied einer Energiegenossenschaft zeichnet im Durchschnitt Geschäftsanteile im Wert von ca. 5.000 Euro. Beteiligungsmöglichkeiten bestehen bei einigen Genossenschaften jedoch bereits ab 50 Euro. Im Regelfall liegen die Mindestbeiträge bei 100 bis 500 Euro. Das bedeutet: Energiegenossenschaften bieten auch Geringverdienern die Möglichkeit, sich finanziell an der Energiewende zu beteiligen.

 

Energiegenossenschaften sind eine Stärke des ländlichen Raums:

  • Energiegenossenschaften finden sich stark überproportional im ländlich-peripheren Raum: Je kleiner die Gemeinden und je geringer die Einwohnerdichte, desto größer die Verbreitung von Energiegenossenschaften: Pro 100.000 Einwohner gibt es in der Gemeindegrößenklasse von 250.001 bis 1.000.000 Einwohnern rund 0,4 Energiegenossenschaften, in der Gemeindegrößenklasse von 10.001 bis 25.000 Einwohnern 7 und in der Gemeindegrößenklasse bis 10.000 Einwohnern 27 Energiegenossenschaften.

Energiegenossenschaften erobern neue Betätigungsfelder:

  • Rund 60 Prozent der Energiegenossenschaften haben vornehmlich das Ziel, Strom aus erneuerbaren Energien zu produzieren. Dabei dominiert die Solarstromerzeugung mit rund 43 Prozent, gefolgt von Bioenergie, Wind- und Wasserkraft mit rund 19 Prozent.

  • Auf die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die gemeinsame Produktion von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien, entfallen – bei jüngst überproportional starkem Zuwachs – rund 14 Prozent des Gesamtbestandes.

  • Ein neuer Trend bei den Energiegenossenschaften sind so genannte "Mehrspartengenossenschaften" – somit ein Engagement der Eigentümer z.B. sowohl in Erzeugung als auch Vertrieb.

Hintergrund:

Die Vereinten Nationen haben 2012 zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen. Gerade in Deutschland ist die Genossenschaft ein seit Jahrzehnten erprobtes und bewährtes Beteiligungsmodell. Dies gilt auch für den Bereich der dezentralen Energieerzeugung und -versorgung. Energiegenossenschaften sind attraktiv, denn sie bieten eine konkrete und zweckgebundene Möglichkeit der Geldanlage, verbunden mit Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechten. Genossenschaften führen zu einer breiten Streuung und Verteilung von Vermögen, auch weil sie häufig niedrige Eintrittsschwellen aufweisen. Die direkte Beteiligungsmöglichkeit für vor Ort Lebende, für Landwirte und die regionale Wirtschaft hat spürbar positive Auswirkungen etwa auf die Akzeptanz des Aus- und Neubaus von Energieinfrastrukturen. 

Weiterführende Informationen:

Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Studie. 


(Quelle: Greentech Germany / Klaus Novy Institut / BMU)

 

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