Deutschland zahlt dieses Jahr 37 Mrd. Euro allein an Zinsen

Die Europäische Zentralbank hat die erste Zinserhöhung seit zwei Jahren beschlossen. Der Leitzins erhöht sich um 0,25 Prozent auf 1,25 Prozent – der Grund sind Inflationsängste. Paradoxerweise verfügt eines der komplexesten Politik- und Wirtschaftsfelder anscheinend nur über eines der eindimensionalsten Werkzeuge: Die Inflation frisst die Ersparnisse und die Früchte des ersten der seit Jahren zurückgehaltenen Lohnsteigerungen auf. Und was treibt die Inflation? Die Rohstoffe. Der Preisanstieg bei den Rohstoffen und die Spekulanten in diesem Segment bekommen also die Lohn- und Wertsteigerungen der Gesellschaft überwiesen. Und zum Gegensteuern fällt der EZB dann nur ihr eindimensionales Zinsanheben ein, anstelle die Politik gegen die Exzesse an den Rohstoffmärkten zu mobilisieren (das kapitalistische Musterland Liechtenstein hat seit jahren staatliche Preiskontrollen bei Benzin = staatlich festgelegte Obergrenzen; verschiedentlich werden Obergrenzen von Terminkontrakten einzelner Marktteilnehmer gefordert = Volumen einzelner Spekulationen; oder gleich ganz die Einführung der Tobin-Steuer, um „Sand in das Getriebe der Spekulation“ zu streuen). Das Ergebnis der Zinserhöhung: Investitionen gehen zurück, da die Finanzierung größerer Projekte teurer und unrentabler wird. Der Konsum nimmt ab, da die Anreize aufs Sparen verlagert werden und gleichfalls kreditgestützte Finanzierungen teurer werden. Und drittens, die Staaten müssen alle mehr für ihre Staatsschulden zahlen – was besonders diejenigen an der Grenze der Belastbarkeit weiter unter Druck setzt. Was bedeutet das am Beispiel Deutschland konkret? Die Bundesschuld beträgt 1,1 Billionen Euro. Dafür werden jährlich allein rund 37 Milliarden Euro Zinsen fällig. Allein an Zinsen, ohne dass sich die Schuld reduziert – und das bei dem Rekordniedrigzins des EZB-Leitzinses von bis vor kurzem 1 Prozent und obwohl Deutschland die niedrigste Zinslast in der EU hat (= beste Bonität). Die Zinszahlungen sind der zweitgrößte Haushaltsposten, noch vor Verteidigung und Bildung. Jeder sechste Euro der Bundes-Steuereinnahmen fließt direkt in den Schuldendienst. Hinzu kommen 600 Milliarden Euro Schulden der Bundesländer. In der aktuellen Finanzplanung rechnet Finanzminister Schäuble, dass die Zinsausgaben des Bundes von 37 Milliarden Euro auf über 50 Milliarden Euro im Jahr 2015 steigen werden – einerseits wegen neuen Schulden, andererseits wegen zu erwartenden Zinssteigerungen. (Bundeshaushalt 2011 insgesamt 305,8 Milliarden Euro – nach Ausgaben: Rente: 79,9 Mrd. Euro, Arbeitsmarktpolitik: 47,3 Mrd. Euro (beides wird in der Regel als „Arbeit und Soziales“ zusammengefasst), Schuldendienst: 35,3 Mrd. Euro, Verteidigung: 32,1 Mrd.Euro, Bildung, Wissenschaft und Forschung: 16,9 Mrd. Euro, Krankenversicherung: 16,5 Mrd. Euro).
 

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