Die Euro-Krise: Lösungsansätze

Die Euro-Krise entstand – wie auch der Forschungsdirektor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) Prof. Bräuninger in einem Interview mit AGITANO darlegte – aus einer Kombination von vier Entwicklungen:

1.    Probleme struktureller Art in den Defizitländern (v.a. hohe Arbeitslosigkeit und ein Verlust der Wettbewerbsfähigkeit).
2.    Fehler in der Konstruktion der Währungsunion (unzureichende Harmonisierung der Wirtschaftspolitiken innerhalb der Währungsunion und zu schwache Sanktionen bei Verstößen gegen die „Maastricht-Kriterien“).
3.    Das Explodieren der Staatsschulden im Zuge der Weltwirtschaftskrise, was dann für einige Länder die Schuldenkrise hervorgerufen hat.
4.    Diese ist dann in einem bestimmten Zeitraum auch noch durch Spekulation verstärkt worden.

 

Dabei gilt es nun zu beachten, dass die Lösungsansätze für die Euro-Krise auf zwei Ebenen betrachtet werden müssen:

 

1.    Wie lassen sich durch entsprechende Ansätze künftige Euro- und Schulden-Krisen präventiv verhindern?
2.    Welche unkonventionellen Ansätze können die jetzige Krise überbrücken?

 

Dies ist insofern der Fall, da die neu einzuführenden Regelungen nicht sofort angewendet werden können, da viele Schwierigkeiten, insbesondere auf den Finanzmärkten, es zurzeit nicht erlauben, beispielsweise eine staatliche Insolvenz zuzulassen. Die von der Finanzkrise noch oftmals angeschlagenen Banken könnten mit unter einen größeren Ausfall der Kredite derzeit nicht verkraften, da sie sich im Gegenteil mit erhöhten Eigenkapitalvorschriften durch Basel III konfrontiert sehen, die Versicherungsbranche ihrerseits durch das Pendant Solvency II. (Der Wirtschaftsweise Prof. Wolfgang Franz sieht im Kern den Euro sogar gar nicht in einer Krise, der Euro-Rettungsschirm sei vielmehr unter anderem ein Hilfsprogramm für europäische Banken, die zu viel Risiko im Anleihengeschäft eingegangen seien). Die Beteiligung privater Investoren an Ausfällen kann somit erst nach einer Übergangsfrist erfolgen. Deswegen muss die jetzige Euro-Krise zunächst mit kurzfristigen Überbrückungen und unkonventionellen (und auch ungewollten Maßnamen) ausgestanden werden, bevor Regelungen greifen können, die das Lösen solcher Krisen künftig wesentlich vereinfachen werden.

 

Überbrückung der jetzigen Krise: Der EU-Rettungsschirm
Der Euro-Rettungsschirm (EFSF) ist mit 750 Mrd. Euro ausgestattet (davon 440 Mrd. von den Euro-Ländern, 60 Mrd. durch die EU-Kommission und 250 Mrd. vom IWF). Davon können jedoch nur 250-260 Mrd. Euro als Kredite vergeben werden, um das Toprating des Schirms und damit seine niedrigen Zinsen zu erhalten. Im Januar 2011 trat der EFSF erstmals als Einheit am Kapitalmarkt auf und hat erstmals (als „richtungweisend“ erwartetet) selbst direkt Anleihen platziert, um Geld bei Investoren einzusammeln, das dann in Form von zinsgünstigeren Krediten an die betreffenden Schuldenländer weitergereicht wird. Der EFSF musste für die 8-fach überzeichneten Anleihen mit einer Laufzeit von fünf Jahren 2,9% Zinsen zahlen (Deutschland für eine vergleichbaren Anleihe knapp 2,4%, Irland über 8,3%). Das Geld reichte der Fonds dann mit 5,9% Zinsen an Irland weiter. Damit bietet der EFSF den Defizitländern, die aufgrund ihrer Liquiditätsprobleme auf den Finanzmärkten außerordentlich hohe Zinsaufschläge zahlen müssen, eine adäquate Finanzierungs- und Überbrückungsmöglichkeit. Dies ist unabdingbar, da die betreffenden Staaten, deren Handlungsspielräume sowieso schon stark eingeschränkt sind, diese enormen Risikoaufschläge auf ihre Zinsbelastung zusätzlich nicht auf Dauer stemmen könnten, eine Beteiligung der privaten Investoren vor 2013 jedoch noch nicht denkbar ist, sondern aufgrund der fragilen Situation der Finanzinstitute erst explizit eingeführt und angekündigt werden sollte.

 

Regelungsvorschläge zur Verhinderung künftiger Krisen:

1.    Aufteilung in einen Nord- und einen Süd-Euro: Dies ist für die Defizitländer keine Option, da ein Großteil der Staatsschulden weiterhin in einer „harten“ Währung beglichen werden müsste, während der „Süd-Euro“ gleichzeitig stark an Wert einbüssen würde. Die Bedienung der Schulden wird dadurch noch unrealistischer. Zudem wäre die Grenzziehung, in welchen Währungsraum beispielsweise Frankreich und Belgien fallen würden, extrem schwierig und politisch vermutlich nicht vermittelbar.
2.    Rückkehr zur D-Mark: Laut Prof. Bräuninger hat Deutschland sehr von dem Euro profitiert (60% der deutschen Exporte gehen in die EU, insgesamt 40% in den Euroraum). Eine Rückkehr zur D-Mark würde die Währung Deutschlands stark aufwerten und die Exporte stark verteuern. Insofern ist dies ebenfalls keine Option.
3.    Gemeinsamen Wirtschaftsregierung der Euro-Staaten: In den Politikwissenschaften wird häufig der Begriff Regime verwendet: Dies bedeutet – im Gegensatz zur alltagssprachlichen Verwendung für diktatorische Regierungen – Verfahren, die aus Regeln, Prinzipien, Normen und Entscheidungsprozeduren bestehen, ohne dabei eine Regierung im eigentlichen Sinn zu meinen. Internationale Abkommen und Verträge (Regelwerke) werden in diesem Sinn als internationale Regime bezeichnet. Die Europäische Währungsunion ist in diesem Sinne ein Regime, da sie auf vielfältigen Kooperationen und Absprachen basiert. Diese gilt es nun zu verbessern und auszuweiten, da eine Währungsunion ohne eine verstärkte politische und wirtschaftspolitische Integration (Harmonisierung) letztlich nicht tragfähig ist. Dies wird jedoch nicht zu einer Wirtschaftsregierung in dem Sinn führen, dass eine supranationale Organisation gebildet wird, die die nationalstaatlichen Aufgaben (Steuer-, Wirtschafts- und Rechtsfragen) komplett übernimmt. Stattdessen wird eine verstärkte Integration über die bestehenden EU-Institutionen erfolgen.
4.    Eurobonds: Eurobonds bezeichnen den Vorschlag, dass alle Euro-Länder gemeinsame Anleihen herausgeben, mit dem Effekt, dass die extremen Schuldenländer von dem insgesamt besseren Rating der Euro-Gruppe profitieren und niedrigere Zinsen zahlen müssten, während die Staaten mit den besten Ratings (wie Deutschland) in der Folge höhere Zinsen zahlen müssten. Da dies national schwer zu vermitteln ist, bietet sich die Lösung über den Euro-Rettungsfonds an, der aufgrund seines Topratings ebenfalls nur sehr niedrige Zinsen zu zahlen hat und diesen Vorteil an die Schuldenländer weiterreichen kann, ohne dass dies z.B. Deutschland negativ beeinträchtigen würde.
5.    Staatliche Insolvenz: Die Möglichkeit von Staatsinsolvenzen wird kommen und künftig bei Neuemissionen von Anleihen implementiert werden. Das heißt, die Bonds werden (voraussichtlich ab 2013) so ausgestattet, dass sie auch teilweise ausfallen können, beziehungsweise die Laufzeit verlängert werden kann und dass diese Ausfallsrisiken dann auch von privaten Investoren mitgetragen werden. Zurzeit könnte uns solch ein „Haircut“ allerdings wieder in eine Finanzkrise und eventuell in eine neue Rezession stürzen. Daher werden derzeit die Schuldenprobleme überbrückt und die Insolvenz von Staaten erst langfristig ins Auge gefasst.

 

Der US-Starinvestor Geroge Soros sah bereits Ende Januar 2011, am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos, Europa auf dem Weg aus der Schuldenkrise: „Es gibt Wachstum“, die Lage sei insgesamt nicht so schlecht. Am 04. Februar titelte die Neue Züricher Zeitung: „Die Euro-Krise ist aus Anlegersicht beigelegt – Ökonomen der Credit Suisse sehen die Gemeinschaftswährung nicht in Gefahr.“ Weiter hieß es: „Die Schuldenkrise dürfte sich zwar nicht so rasch entschärfen. Doch für Anleger könnte die Eurokrise ausgestanden sein.“ Die Einschätzung basiert vor allem auf zunehmend günstigere Entwicklungen in den Problemstaaten mit positiveren Kennzahlen als erwartet. Dass die nervösen Märkte diese Einschätzung jedoch nicht geschlossen von heut auf morgen teilen liegt in der Natur der Sache. Dennoch ist dies ein Beleg für die Wirksamkeit der europäischen Maßnahmen und für die Stabilität der Euro-Zone als Ganzes. Stattdessen dürften sich laut den Analysten der Credit Suisse die Märkte nun vermehrt der exorbitanten Schuldenproblematik der USA widmen. Diese gebe mehr Anlass zur Sorge als die der Eurozone, heißt es. Die geplante EU-Regelung, bei künftigen Anleihen Klauseln einzufügen, wonach Gläubiger bei Zahlungsproblemen teilweise auf Forderungen verzichten müssen, wurde ebenfalls begrüßt. Dies würde auch die disziplinierende Rolle der Finanzmärkte stärken.

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