Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im September 2012

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) hat die Daten zu der wirtschaftlichen Lage Deutschlands im September 2012 herausgegeben:

– Die deutsche Wirtschaft erweist sich als robust und widerstandsfähig. Trotz eines schwierigen weltwirtschaftlichen Umfelds und rezessiver Tendenzen in der Eurozone wächst sie weiter, wenn auch mit spürbar gedämpfter Dynamik.

– Die Produktion in der Industrie und im Bau erholte sich im Juli merklich. Die Industrieaufträge nahmen im Juli ebenfalls leicht zu und tendieren insgesamt seitwärts. Die eingetrübte Stimmung in der Industrie hellte sich nach den Umfragen im August seit Monaten erstmals wieder etwas auf.

– Die Exporte der deutschen Wirtschaft nahmen bis zuletzt kräftig zu. Die Frühindikatoren deuten allerdings auf eine moderatere Expansion hin.

– Die schwächere Konjunktur wird zunehmend an der abnehmenden Dynamik auf dem Arbeitsmarkt sichtbar. Die Beschäftigung nimmt aber weiter zu und stützt die Binnennachfrage.

Die deutsche Wirtschaft wächst, wenn auch mit merklich gedämpfter Dynamik. In einem schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld erweist sie sich bislang weiterhin als vergleichsweise robust und widerstandsfähig. Nach einem unerwartet wachstumsstarken ersten Quartal erhöhte sich das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal weiter um preis-, kalender-, und saisonbereinigt 0,3 %. Den aktuellen Konjunkturindikatoren zufolge dürfte die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte weiter recht stabil verlaufen. So konnten sich Stimmungsindikatoren nach teilweise deutlichen Eintrübungen in den vorangegangenen Monaten im August wieder leicht erholen. Gleichwohl gibt es keine Entwarnung. Die Abwärtsrisiken für die Konjunktur überwiegen nach wie vor und bleiben beachtlich.

Diese Entwicklung ist nicht zuletzt auf die durch die Euro-Staatsschuldenkrise ausgelöste Vertrauenskrise zurückzuführen. Einer solchen Krise kann man nur mit Maßnahmen begegnen, die die Erwartungen stabilisieren: einer wachstumsorientierten Konsolidierungspolitik und einer glaubwürdigen Reformpolitik. Anleihekäufe am Sekundärmarkt, wie sie die EZB jetzt angekündigt hat, können allenfalls vorübergehend und bei krisenhafter Zuspitzung helfen, die Geldversorgung der Wirtschaft sicherzustellen. Sie können aber Strukturreformen und realwirtschaftliche Anpassung nicht ersetzen. Dauerhafte Zinssubventionen für einzelne Länder würden Fehlanreize geben und sind nicht akzeptabel. Es ist angezeigt und zu begrüßen, dass die EZB den Ankauf von Staatsanleihen an Konditionen knüpfen wird. Dies bedeutet: Eine mögliche Unterstützung setzt voraus, dass die begünstigten Länder ihre strukturellen Probleme auch angehen.

Auch wenn sich die Situation an den Finanzmärkten zuletzt wieder etwas entspannt hat, bleibt die deutsche Wirtschaft von den teilweise deutlich rezessiven Entwicklungen vornehmlich in den südeuropäischen Ländern nicht unberührt. So sind die Warenausfuhren in den Euroraum, den nach wie vor wichtigsten deutschen Exportmarkt, im ersten Halbjahr 2012 merklich unter dem Stand des Vorjahres gefallen. Positiv ist allerdings, dass die deutschen Einfuhren aus dem Euroraum wieder zunehmen. Dazu haben unter anderem auch Italien und Portugal beigetragen. Dies könnten erste Anzeichen dafür sein, dass in diesen Ländern strukturelle Veränderungen angestoßen wurden, die die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und so zum Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte im Euroraum beitragen.

Nicht nur im Euroraum, auch in anderen wichtigen Industriestaaten wie den USA und Japan sowie in großen Schwellenländern wie China hat sich die Wachstumsdynamik im zweiten Quartal deutlich abgeschwächt. Vor diesem Hintergrund hatte der IWF in seiner im Juli veröffentlichten Prognose die Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft insgesamt zurückgenommen. Für das Jahr 2012 erwartet er einen realen Anstieg des BIP von 3,5 % und für den Welthandel eine spürbare Verlangsamung des Wachstums auf +3,8 %. Aus den einzelnen Wirtschaftsräumen kommen dabei auch weiterhin sehr unterschiedliche Signale. In den USA zeigen sich derzeit wieder leichte Anzeichen für eine Belebung der Konjunktur. Die dortigen Frühindikatoren sind aber noch gemischt. Die Entwicklung der Weltwirtschaft bleibt fragil, das Umfeld für die deutsche Außenwirtschaft per saldo vorerst schwierig. Dennoch zeigen sich die deutschen Ausfuhren insgesamt in der Tendenz weiter aufwärts gerichtet. Im Juli legten sie um 0,5 % zu. Ausschlaggebend für die anhaltend positive Entwicklung sind die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und ihr in den Wachstumsmärkten weiterhin gefragtes Produktsortiment. Die nominalen Wareneinfuhren nahmen im Juli um 0,9 % zu.

Die wirtschaftlichen Aktivitäten im Produzierenden Gewerbe haben sich nach schwacher Entwicklung zu Jahresbeginn in den letzten Berichtsmonaten wieder deutlich belebt. Sowohl die Industrie- als auch die Bauproduktion expandierten im Juli mit 1,7 % bzw. 1,9 % unerwartet kräftig. Die Industrie wurde dabei vom wachsenden Auslandsgeschäft mit den Ländern außerhalb des Euroraums sowie von einer zuletzt deutlichen Belebung des Inlandsabsatzes von Investitionsgütern gestützt. Der Bau wird durch das unverändert sehr niedrige Zinsniveau begünstigt. Die Chancen, dass sich diese konjunkturellen Kernbereiche der Wirtschaft trotz des insgesamt schwierigen Umfeldes in der zweiten Jahreshälfte stabil entwickeln, sind damit gestiegen. Dies ist durch die Entwicklung der Industrieaufträge unterlegt, die bei einer leichter Erholung im Juli (+0,5 %) tendenziell seitwärts gerichtet blieben. Die Stimmung in der Industrie ist zwar nach wie vor belastet. Im August zeigten sich aber nach mehrmonatiger Eintrübung sowohl beim ifo-Geschäftsklimaindex als auch beim Markit/BME-Einkaufsmanagerindex leichte Aufhellungen. Nach der rückläufigen Entwicklung der Industrieproduktion im ersten Halbjahr dieses Jahres zeichnet sich nach den vorliegenden Konjunkturindikatoren nunmehr eine Bodenbildung ab.

Die Auswirkungen der im bisherigen Jahresverlauf schwächeren konjunkturellen Dynamik werden zunehmend am Arbeitsmarkt sichtbar. Seit dem Frühjahr ist wieder ein allmählicher Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Im August nahm sie wie bereits im Monat zuvor saisonbereinigt um 9.000 Personen zu. Der Aufbau der Beschäftigung setzt sich aber fort. Die Erwerbstätigkeit nimmt, gestützt auf das Wachstum der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, weiter zu. Mit einem Plus von saisonbereinigt 16.000 Personen fiel der Beschäftigungsaufbau im Juli konjunkturbedingt aber merklich schwächer aus als in den Monaten zuvor.

Obgleich die abnehmende Dynamik am Arbeitsmarkt nicht zu übersehen ist, stützt er weiterhin die Konjunktur. Neben dem Anstieg der Löhne bleibt das anhaltende Beschäftigungswachstum der entscheidende Faktor für die Zunahme der verfügbaren Einkommen. Dies sorgt trotz gestiegener konjunktureller Skepsis der Verbraucher für ein stabiles Konsumklima und eine solide Basis für eine anhaltend positive Entwicklung der privaten Konsumausgaben. Diese haben im bisherigen Jahresverlauf die Binnennachfrage maßgeblich gestützt. Dies dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen. Maßnahmen wie die von der Bundesregierung beschlossene Senkung des Rentenbeitrags und die von der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag beschlossene Steuerreform zur Bekämpfung der Kalten Progression sind unter anderem Beiträge zur Stabilität des Konsumklimas und damit der Binnennachfrage.

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Hinweis:

Eine ausführliche Darstellung und Kommentierung der wirtschaftlichen Lage und Entwicklung wird in der Oktober-Ausgabe des Monatsberichts "Schlaglichter der Wirtschaftspolitik" veröffentlicht. Die Oktober-Ausgabe wird voraussichtlich in der 39. Kalenderwoche auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zu finden sein.

 

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