Die zwei Seiten des Aufschwungs – Manager mit +22% auf der Überholspur

Der Wirtschaftsaufschwung hat zu einem Umsatzplus bei den deutschen Top-500-Konzernen von im Durchschnitt 11,8% in 2010 geführt. Der Einbruch 2009 hatte rund 8% betragen, so dass rechnerisch in diesem Bereich das Vorkrisenniveau bereits wieder überschritten wurde. Insgesamt schafften, am Aktienkurs gemessen, sechs Konzerne den Sprung unter die weltweiten Top-100 der wertvollsten Konzerne, doppelt so viele wie noch 2009. Das sind VW, Daimler, Siemens, BASF, SAP und Bayer. Gemessen am Umsatz haben es sogar zwölf deutsche Konzerne in die weltweite Top-100 geschafft. Das hat dementsprechend auch zu Lohn- und Gehaltszuwächsen geführt, die jedoch ziemlich ungleich verteilt sind: Während die Vergütungen der Vorstandsmitglieder der DAX-Konzerne im Schnitt um 22% auf durchschnittlich 2,9 Millionen Euro zulegten, stiegen die Arbeitnehmerlöhne nach Angaben des Statistischen Bundesamts nur um 2,7%. Die Vergütung der MDAX-Vorstände stieg ebenfalls kräftig um 18% auf im Schnitt 1,55 Millionen Euro.

Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, warnte nun vor neuen Gehaltsrekorden: „Die Vorstandsvergütung in den DAX-Unternehmen liegt insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. (…) Wir sind der Überzeugung, dass Managergehälter über zehn Millionen Euro per anno nicht angemessen sind. Sie können den sozialen Frieden gefährden.“ Mit rund neun Millionen Euro liegen vier Manager nur noch knapp unter dieser Marke: VW-Chef Winterkorn, Deutsche Bank Chef Josef Ackermann, Peter Löscher von Siemens und Daimler-Chef Dieter Zetsche.

Dabei ist diese Entwicklung lediglich die Fortsetzung eines seit der Jahrtausendwende anhaltenden Trends in Deutschland. Während die Managergehälter explodieren, gab es in keinem anderen Industrieland der Erde in dem letzten Jahrzehnt eine so negative Lohnentwicklung wie in Deutschland. Laut der internationalen Arbeitsorganisation ILO sind die Reallöhne in dem letzten Jahrzehnt nur in zwei Industrieländer gesunken: Japan (-1,8%) und in dem Schlusslicht Deutschland (-4,5%). In allen anderen Industrieländern sind die Löhne hingegen gestiegen. Spitzenreiter sind Norwegen (+25,1%), Finnland (+22,0%) und Südkorea (+18,3%). Durch die Lohnzurückhaltung seien der ILO zufolge zwar die deutschen Unternehmen wettbewerbsfähiger geworden, die private Nachfrage wurde aber nicht gestärkt. Die Lohnentwicklung würde sich zudem nicht an der Produktivitätsentwicklung orientieren, wodurch die Einkommen umverteilt werden: Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen steigen, während das Einkommen der Arbeitnehmer sinkt. Die ILO fordert daher, eine Produktivitätssteigerung auch mit Lohnzuwächsen einhergehen zu lassen und dem Trend zu mehr Geringverdienern und Niedriglöhnen entgegenzuwirken.

Anfang der Woche hatte sich auch der UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) „tief besorgt“ über die Sozialpolitik in Deutschland gezeigt und ihr ein miserables Zeugnis ausgestellt. Der UN-Bericht kritisiert in erster Linie: 25% hungrige Kinder, schlecht versorgte Asylwerber, benachteiligte Behinderte, unzureichende Standards in deutschen Pflegeheimen und diskriminierte Frauen.

Die höchsten Managergehälter werden allerdings nach wie vor noch in den USA bezahlt: Disney-Chef Robert Iger erhielt 2010 umgerechnet 21 Millionen Euro.
 

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