Direktor des HWWI fordert „brutale Entmachtung“ der Rating-Agenturen

Der Schweizer Wirtschaftsforscher und Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) Thomas Straubhaar will die mehrheitlich US-amerikanischen Rating-Agenturen „brutal entmachten“. Die quasi mit hoheitsrechtlichen Kompetenzen ausgestatteten Privatunternehmen seien für Europa völlig ungeeignet, treiben die Politik vor sich her und würden dadurch nicht mehr, sondern weniger Stabilität erzeugen. Die Rating-Agenturen seien mittlerweile zu „Göttern in Nadelstreifen“ aufgestiegen, würden völlig ohne Aufsicht staatlicher Behörden operieren und könnten ihre Bewertung platzieren, ohne die Grundlagen dafür offen legen zu müssen. Sie seien ein Fehler der 1990er Jahre, die den Europäern von den US-Regulierungsbehörden „aufgedrängt und übergestülpt“ worden seien. Nun sei der „historische richtige Moment“, sich aus der Allmacht dieser privaten Einrichtungen zu lösen. Straubhaar appellierte daher an die Bundesregierung, die Dominanz der US-Rating-Agenturen so schnell wie möglich zu beenden und hierfür in der EU-Kommission einen Vorstoß zu starten. Als Lösungsweg schlägt er einen Wettbewerb vieler gleichgestellter Agenturen vor, so dass Urteile einzelner Rating-Agenturen nur noch eine Meinungsäußerung von mehreren seien – auf die dann hören kann, wer will. Straubhaar hatte bereits im Mai 2010 gefordert, die Rating-Agenturen zu entmachten und zu zerschlagen.

Das EU-Parlament hat derweil am heutigen Freitag gefordert, dass Ratingagenturen für ihre Ratings zivilrechtlich verantwortlich gemacht werden müssen und dass eine Europäische Rating-Stiftung geschaffen werden soll. Besondere Aufmerksamkeit soll der Bewertung von Staatsschulden gelten und die neuen Regeln für Ratingagenturen sollen auch deren Arbeitsmethoden klären, den Wettbewerb fördern und die Abhängigkeit von Ratings verringern. Damit setzt das EU-Parlament Wegmarken, nur wenige Wochen bevor die EU-Kommission voraussichtlich Gesetzesvorschläge zur besseren Regulierung von Ratingagenturen vorlegen wird.
 

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