Erfolgreiches Projektmanagement – Interview mit Henning Zeumer, EOB Unternehmensberatung

Im Vorfeld des 58. Roundtable des MUK-IT, der am 19.04.2012 bei der SAP AG unter dem Titel “Mit strategischem Projektmanagement zu ertragreicheren Projekten – Keynote und Erfahrungsberichte mit attraktiven und neuen Ansätzen” statt findet, wurden ausgewiesene Experten und Praktiker über deren Erfahrungen und Ansätze rund um “Erfolgreiches Projektmanagement” befragt.

Das zweite Interview dieser Gesprächsrunde wurde mit Henning Zeumer, Inhaber der EOB Unternehmensberatung und Projektmanagementexperte, durchgeführt.

 

Henning Zeumer

1. Stellen Sie sich bitte kurz vor!

Mein Name ist Henning Zeumer. Ich bin freiberuflicher Programm- und Projektmanager und als Unternehmensberater für Portfolio-, Programm- und Projektmanagement beratend tätig. Meine Projekte sind meist die „schwierigen Fälle“, wie sehr komplexe Programme oder solche, die in Krisensituationen stecken und „saniert“ werden müssen. Außerdem berate ich das, was ich selbst gut kann … als Advisor zur Implementierung und Weiterentwicklung von PM-Aufbau- und Ablauforganisationen und Infrastruktur. Und ich führe Projektgutachten, -Audits und -Coachings für Operational Excellence in Projekten durch.

2. Was bedeutet für Sie Projektmanagement?

Wenn man unter Management das erfolgsorientierte Leiten eines Unternehmens(teils) im täglichen Geschäft zur Erzielung bestmöglichen Ertrags versteht, dann ist Projektmanagement das Äquivalent für alle Tätigkeiten des Unternehmens, wo es um Veränderungen und neben der Effizienz des Ressourceneinsatzes auch um das Einhalten von Terminen und das Erreichen größtmöglichen Nutzens der Investitionen in Bezug auf die Businessziele des Unternehmens geht. Und das ist nach meiner Erfahrung ganz unabhängig von Branche oder Art der Projekte.

3. In welchen Bereichen setzen Sie heute im Unternehmen Projektmanagement ein?

Da Veränderungen und damit Projekte heute zum Alltag jedes Unternehmens gehören, ist profundes PM-Know-how zur Sicherung des Business Cases der Investitionen ebenso wichtig wie Management-Expertise für das Tagesgeschäft. Tatsächlich gibt es im Bereich der strategischen Unternehmensentscheidungen sogar viele Überschneidungen, etwa wenn es z.B. um das Projekt-Portfolio geht. Schließlich will das im laufenden Betrieb verdiente Geld ja sinnvoll und möglichst effizient und nutzenbringend eingesetzt werden. Daher halte ich ein strukturiertes Vorgehen und gutes Projektmanagement nach einer Faustregel immer dann für richtig, wenn eine Initiative mehr als z.B. 30 Personentage oder das Team mehr als 5 Leute umfasst oder wenn es abteilungsübergreifend wird oder externe Kunden oder Lieferanten eingebunden werden müssen. Dann ist der Organisations- und Kommunikationsaufwand in der Regel auch zu groß, um noch nebenher ohne Zeitkonflikte und Reibungsverluste erledigt werden zu können. Hier ist das Projektmanagement ein Fulltime-Job.

4. Wie sieht dabei Ihr Ansatz aus?

Der ist wiederum recht einfach, wie im „richtigen Leben“. Was sich bewährt hat, ist gut, aber man darf sich auch neuen Erkenntnissen nicht verschließen. Ich habe in den 25 Jahren meiner Ausbildung und Praxis gern auf Best Practices wie PMI, IPMA, Prince2 und ITIL zurückgegriffen und diese je nach Projektsituation sinnvoll verknüpft. Überhaupt sind diese Standards sehr kompatibel, oft auch komplementär. Auch neuere Ansätze, wie agile Entwicklungsmethoden, passen da – an den richtigen Stellen im Projekt richtig eingesetzt – sehr gut dazu und erhöhen die Effizienz zusätzlich. Projektmanagement ist kein Hexenwerk, eher ein solides Handwerk. Und auch hier gilt wie im „richtigen Leben“, dass, je nachdem wie viel man über sein Fach, die Methoden und Werkzeuge weiß und wie viel Erfahrung man damit hat, man Lehrling, Geselle, Meister oder Obermeister seines Fachs ist und entsprechende Ergebnisse erzielt. Aber nicht jedes Projekt und jede Aufgabe erfordert den Einsatz eines Komplettpakets aller Mittel und einen Senior als PM, auch das will sinnvoll abgestimmt sein.

 

5. Welche Tools nutzen Sie heute hierfür?

Ich nehme das, was bei meinen Kunden da ist. Und wenn nichts da ist, fange ich einfach an und baue nach Bedarf die richtigen Tools zusammen. Wichtiger als ein Tool ist doch, dass Team und Management verstehen, was wir da machen und warum. „A Fool with a Tool is still a Fool“ – und: Wird Mist eingegeben, dann kommt auch Mist raus. Zum Erklären der Zusammenhänge sind oft Excel-Vorlagen am verständlichsten. MS-Project ist hier der Marktführer und hat seine bekannten Anwendungseinschränkungen. Weitere Tools, wie Primavera, Clarity, OpenPlan usw., sind meist nur in sehr reifen PM-Organisationen im Einsatz und selbst dort oft nur eingeschränkt. Aber natürlich greife ich, wenn es nützt, auf die bekannten Produkte zurück, auch bei Groupware (Lotus / Domino, Sharepoint usw.) und Kommunikation (z.B. WebEx, Lotus etc.), zunehmend auch auf Cloud- und Web 2.0-basierte Medien.

6. Inwieweit setzen Sie Ihr Projektmanagement auch strategisch ein und wenn ja, was zeichnet dieses aus?

Ich bin überzeugt, dass ein Senior-PM auch strategisch denken und sein Know-how für strategische Initiativen einsetzen muss, um deren Business-Nutzen bestmöglich verfolgen zu können. Umgekehrt müssen meines Erachtens auch Executives sich über die Bedeutung von adäquater PM-Expertise für den Erfolg ihrer Investitionen im Klaren sein und dürfen PM und Projekte nicht als Commodity ignorieren oder gar vernachlässigen. Gute, erfolgreiche Projekte erarbeiten die Zukunft des Unternehmens. Und die dazugehörigen Budgets und Ressourcen gibt es meist nicht im Überfluss. PMI und OGC haben dem strategischen Einsatzfeld und Nutzen mit der Erweiterung ihrer Standards im Programm- und Portfoliomanagement schon vor einigen Jahren Rechnung getragen. IPMA zieht jetzt nach. Hier geht es um Kenntnisse und Skills, die mit „normalem“ Projektmanagement nicht mehr abzudecken sind. Nicht umsonst sind viele meiner großen Sanierungsprojekte in die Krise geraten, weil sie zunächst als Projekte und nicht als Programme gemanagt wurden. Diese Königsdisziplin im PM ist noch nicht sehr verbreitet, nur in sehr reifen PM-Organisationen, und der Leidensdruck aus drohenden Millionenverlusten und verpassten Business-Zielen wird da sicherlich noch mehr Sensibilität und Nachfrage schaffen.

7. Was sind für Sie die Erfolgsfaktoren im Projektmanagement?

Ja, zurück zur Basis! Eine sicher wichtige Erkenntnis ist, dass die Methodik kein Selbstzweck und Allheilmittel ist, sondern nur Mittel zum Zweck. Ein Projekt besteht zuallererst aus Menschen. Also sind viel Soft Skills und der angemessene Einsatz und Umgang mit ihnen und den PM-Instrumenten wichtig für die Akzeptanz und damit den Wirkungsgrad. Überdimensionierte Projektverwaltung ist genauso kontraproduktiv wie zu wenig Projektmanagement und -struktur. Der Faktor Mensch ist auch erfolgskritisch in Bezug auf die Vielzahl der Stakeholder, ihre Interessen und Erwartungen. Hieraus ergibt sich die Aufgabe und der Scope des Projekts, und je besser der definiert und abgestimmt ist, desto besser kann man planen und steuern, desto weniger Ärger gibt es bei der Durchführung und Abnahme. Von der Professionalität des Projektmanagers hängt es dann ab, wie flexibel und gut er sich auf Änderungen einstellen und das Projekt anpassen kann.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist eine gute Kommunikation im Projekt, im Team wie auch nach außen. Viele Projekte scheitern daran, dass die Abteilungs-Silos nicht ausreichend miteinander reden, dass wichtige Stakeholder nicht richtig ins Boot geholt werden oder weil das interne und externe Projektmarketing nicht die notwendige Unterstützung bringt. Und schließlich ist es wichtig – und zugleich allzu gern vernachlässigt – auch über ein „Projektleben“ hinaus die angesammelten Erfahrungen und Verbesserungsideen festzuhalten und in Lessons Learned für zukünftige Projekte weiter zu geben.

8. Was möchten Sie anderen Unternehmern und Managern zum Thema Projektmanagement mitgeben?

Ich denke, der beste Rat ist, Projektmanagement und eine reife PM-Organisation als strategisches Asset anzusehen und nicht nur als Commodity. Die Reife Ihrer PM-Organisation und der ROI aus Ihren Initiativen hängen direkt zusammen. Nur eine reife PM-Organisation kann zudem aus ihren Initiativen maximalen strategischen Nutzen herausholen, d.h. sie generieren mit ihrer PM-Organisation nachweisbar Business-Value und Business-Nachhaltigkeit.

Zugegeben, das schafft sich nicht von allein und über Nacht, und man kann mit Professionalität und dem Rückgriff auf Erfahrung und Anleitung sehr gut Quick Wins und Motivation für ein rasches Etablieren und das Entstehen einer Eigendynamik schaffen. Dazu bedarf es des unmissverständlichen Willens und der konsequenten Unterstützung durch das Management. Der Lohn der Mühe werden u.a. Planungssicherheit, Risikoreduzierung, dadurch mehr Marge und weniger Verluste, oft sogar Umsatzsteigerungen, Image- und Wettbewerbsvorteile sein.

Herr Zeumer, vielen Dank für das interessante Gespräch rund um Projektmanagement.

 

Das Interview führte Lutz Steffen (MUK-IT) und Oliver Foitzik (AGITANOFOMACO GmbH).

 

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