Im Vorfeld des Isarnetz, die Münchner WebWoche, die vom 07. bis 13. Mai 2012 in München statt findet, wird in der Interviewreihe „Erfolgsfaktor Mittelstand“ mit ausgewiesene Experten, Praktiker und Dienstleistern über deren Erfahrungen und Ansätze im Mittelstand sowie Lösungen für den Mittelstand gesprochen.
Das fünfte Interview dieser Gesprächsrunde wurde mit Ernst Hermannsdorfer, Geschäftsführer des Experten-Netzwerkes CoreNet, durchgeführt.
1. Stellen Sie sich bitte kurz vor.
Mein Name ist Ernst Hermannsdorfer, ich bin Geschäftsführer des Experten-Netzwerkes CoreNet. Die Form des Netzwerkes haben wir gewählt, um Wissensbreite und Wissenstiefe in der für die Kunden notwendigen Qualität bereitzustellen.
2. Was bedeuten für Sie Erfolgsfaktoren des Mittelstandes?
Schon vor Jahren wurden in einer Umfrage von ca. 3.000 Mittelstandsunternehmen acht Erfolgsbausteine herausgearbeitet. Sinnigerweise sind sie Bestandteil des TQM und finden sich auch in den Ratingvorschriften von Basel-2 wieder. Wir sehen die Erfolgsfaktoren als zentrale Instrumente für die Steuerung und Kontrolle eines Unternehmens.
3. In welchen Bereichen unterstützen Sie diese Erfolgsfaktoren?
Wir unterstützen mit unserem Experten-Netzwerk in neun Geschäftsfeldern die Wertschöpfungskette im Unternehmen: Führung und Organisation, Unternehmensstrategie, Finanzmanagement, HR-Management, Information und Kommunikation, Innovation und Produktentwicklung, Einkauf und Beschaffung, Fertigung Operations, Marketing und Vertrieb.
4. Wie sieht dabei Ihr Ansatz aus?
Wir betrachten das Unternehmen aus verschiedenen Perspektiven:
– Perspektive Finanzen: Ziele, Strategie, Kosten, Erträge, Risiken
– Perspektive Kunde: Kundenorientierung, Produkte, Qualität, Markt, Image des Unternehmens
– Perspektive Geschäftsprozesse: Wertschöpfungsprozesse im Unternehmen, IT-Einsatz
– Perspektive Lernen + Wissen: Kompetenz der Mitarbeiter im Unternehmen, Aus- und Weiterbildung, strategische Projekte, strategisches Investment, Leistungsfähigkeit der Organisation (Fähigkeit zum Wandel)
Die Ergebnisse einer Analyse der Erfolgsfaktoren münden in einem strukturierten Handlungskatalog und sorgen im Rahmen eines professionellen Projektmanagements für die Umsetzung der Maßnahmen zur Stärkung der Erfolgsfaktoren. Die Kontrolle erfolgt im Rahmen einer Balanced Scorecard.
5. Welche Tools nutzen Sie heute hierfür?
Die Umsetzung erfolgt mit den normalen Bordmitteln (Office-Produkte). Es gibt aber auch sehr preiswerte Unternehmensplanungs-Software, welche für die Aufbereitung der Basisdaten und Ermittlung von Kennzahlen eingesetzt werden kann. Das betriebswirtschaftliche Konzept wurde von Kaplan/Norton „Strategische Unternehmensführung“ abgeleitet und weiterentwickelt.
6. Inwieweit setzen Sie diese Erfolgsfaktoren auch für Ihr eigenes Unternehmen ein?
Unser Netzwerk ist 2001 gestartet mit der Bestimmung und Analyse der Erfolgsfaktoren für ein Beraternetzwerk. Vorlage hierzu war das Konzept von Prof. Dr. Kurt Nagel „Erfolgsfaktoren für den Mittelstand“ aus der Lose-Blatt-Sammlung „Praktische Unternehmensführung“. Diese Faktoren werden noch heute regelmäßig überprüft und ein entsprechender Maßnahmenkatalog zur Abarbeitung in Kompetenz-Teams aufgebaut.
Interessant ist, dass wir in unserem Netzwerk, bei dem es sich um ein virtuelles Unternehmen handelt, auch das betriebliche Wissen entsprechend organisiert haben. Alle Informationen sind in unserer Kollaborationsplattform CoreNet-SharePoint nach unseren Erfolgsfaktoren ausgerichtet, z.B. Informationen über unsere Ziele und Strategien, Produkte und Dienstleistungen, Partner, Geschäftsprozesse usw. 2009 haben wir mit unserem Unternehmenskonzept an einem Wettbewerb des BMWI „Exzellente Wissensorganisation EWO“ teilgenommen und den Status „nominiert für EWO-Kandidaten“ erreicht. Das Konzept war damals jedoch zu progressiv und zu wenig allgemein gültig übertragbar, deshalb kamen wir nicht in die Endrunde. Ich betrachte es heute, nachdem Kooperationen und Netzwerke in jedem Unternehmen eine immer größere Bedeutung haben, in seiner betriebswirtschaftlichen, organisatorischen und qualitätsorientierten Ausrichtung nach wie vor als äußerst innovativ.
7. Was sind für Sie die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Mittelstand?
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Mittelstand sind:
1. Definierte Vision, Strategien und Geschäftsgrundsätze, die auch gelebt werden.
2. Definierte Ziele und angestrebte Ergebnisse (Werte und Mengen).
3. Hohe Qualität in Unternehmensorganisation, Prozesse und Logistik.
4. Erfolgreiche und partnerschaftliche Unternehmensführung.
5. Kompetente und motivierte Mitarbeiter, ziel- und strategieorientierte Aus- und Weiterbildung.
6. Marktfähiges Angebot an Produkten und Problemlösungen.
7. Hohe Kundenorientierung (Bearbeitung, Beratung, Betreuung, Beziehung, Bindung).
8. Einbeziehung und realistische Bewertung des Umfelds (Branchenattraktivität, Lieferanten, Steuern und Abgaben, Ökologie, gesamtwirtschaftliches Umfeld).
8. Was möchten Sie anderen Unternehmern und Managern zum Thema Erfolgsfaktoren mitgeben?
Das wichtigste ist, Organisation, Steuerung und Kontrolle der Erfolgsfaktoren als ganzheitliche und integrierte Führungsaufgabe zu betrachten. Der Unternehmensführer eines sehr erfolgreichen, weltweit agierenden Mittelstandsunternehmen, mit dem ich sehr lange Zeit zusammenarbeitete, brachte dies auf den Punkt: „Das Unternehmen und seine Prozesse müssen so gestaltet werden, dass sich Erfolg und Qualität automatisch ergibt. Diese im Nachhinein zu kontrollieren, bringt wenig, da ist im Problemfall das Geld schon ausgegeben“.
Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass das Führungskonzept „Erfolgsfaktoren“ sich stark an den Anforderungen von Basel-2 orientiert, deshalb eine sehr gute Grundlage bei der Verhandlung mit Banken bietet und letztlich zu Vorteilen bei den Finanzierungskosten führt. Unabhängig davon die Ganzheitlichkeit der Führung der größte Vorteil, da immer die Gesamtheit des Unternehmens im Fokus steht.
Herr Hermannsdorfer, vielen Dank für das interessante Gespräch.
Das Interview führte Lutz Steffen (MUK-IT) und Oliver Foitzik (Herausgeber AGITANO / Geschäftsführer FOMACO GmbH).