Gazprom will erstmals in das deutsche Endkundengeschäft einsteigen

Der staatliche russische Gasmonopolist und weltgrößte Gaskonzern Gazprom möchte offenbar das verhältnismäßig kleine Unternehmen Envacom mit Sitz im hessischen Walluf bei Wiesbaden übernehmen und damit erstmals in Deutschland in das direkte Geschäft mit Endkunden einsteigen. Bislang arbeitet die deutsche Tochter, Gazprom Germania, nur mit Großkunden, Stadtwerken und Industrieunternehmen zusammen. Über die Details der geplanten Übernahme behalten beide Seiten zunächst jedoch noch stillschweigen. Allerdings hat Gazprom beim Bundeskartellamt bereits die Freigabe der Übernahme „wesentlicher Vermögensteile“ beantragt und am 18. Oktober auch schon erhalten.

Envacom wurde 1999 von Tillmann Raith gegründet, der das Unternehmen heute noch führt. Das Unternehmen besitzt inzwischen rund 500.000 Kunden, davon aber nur ein Viertel im Strom- und Gasvertrieb, die restlichen entfallen auf Mobilfunk- und Internetverträge. Im Energiemarkt ist Envacom seit 2008 aktiv (Umsatz mit der Energiesparte 2011: rund 75 Millionen Euro). Gazprom will sich noch stärker in Westeuropa engagieren und zudem im Stromsektor einsteigen. Envacom bietet dabei neben dem Internetvertrieb auch den Einstieg in das Geschäft mit Erneuerbaren Energien.

In Russland selbst wird derweil an einem zweiten Gazprom gebastelt: Laut dem CEO des größten Gaskonzerns der Welt, Alexei Miller, sind die Ziele zur Erschließung des Festlandsockels in der Arktis und zur Erdgasförderung auf der nordwestsibirischen Jamal-Halbinsel so ambitioniert und dimensioniert, dass dies faktisch der Gründung eines zweiten Gazprom-Konzerns gleich käme. „Wir schaffen jetzt faktisch ein neues Gazprom! Und das ist nicht bloß ein geflügeltes Wort. Die Schaffung eines neuen Gasförderzentrums auf der Jamal-Halbinsel und dem arktischen Schelf lässt sich den Dimensionen nach mit der Erschließung der sowjetischen Riesenölvorkommen wie Urengoi, Medweschij und Jamburg vergleichen.“ Derzeit hat Gazprom in Europa einen Marktanteil von 23%. Der Konzern konnte 2010 seinen Gewinn um 24% auf 23,8 Milliarden Euro steigern.

 

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