Gründe für externes Sourcing von IT-Leistungen

… aus dem Artikel „IT-Outsourcing und IT-Offshoring aus Unternehmenssicht“ von Peter P. Müller, Gesellschaft für Managementberatung und Projektmanagement (GMBP).

Nicht nur in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mit Umsatzrückgang und Kostensteigerungen, denken Unternehmen über die unterschiedlichen Modelle zum Sourcen von IT Leistungen nach um eventuell die Ertragslage zu verbessern. Auch in Phasen von besonderem Unternehmenswachstum kann die IT ein limitierender Faktor in der Unternehmensstrategie sein, da nicht genügend qualifiziertes Personal rekrutiert werden kann. Ebenso sind die IT Leistungen im Unternehmen auf dem Prüfstein, wenn im Rahmen von Umstrukturierungsüberlegungen bei den Unternehmen stattfinden, die sich verstärkt auf Ihr Kerngeschäft konzentrieren wollen. Dies sind typische Situation, in denen sich die Unternehmensleitung Szenarien für ein Outsourcen der IT Leistungen erarbeiten lässt.

Wann soll nun eine Unternehmung die IT extern sourcen?

Das Pendel für oder gegen ein IT Outsourcing wird von bestimmten Strategien und Einflussfaktoren bzw. Interessenfeldern in die eine oder andere Richtung beeinflusst.

Für das Outsourcen von Leistungen sprechen:
• Kernkompetenzstrategien
• Shareholder Value Strategien
• Schneller technologischer Wandel

Gegen den Pendelausschlag zum Outsourcing halten:
• Personalrat
• Kontrollverlustgedanken
• Risikoüberlegungen zum Versagen der Anbieters

Im Wesentlichen hängt eine Outsourcing Entscheidung in IT- oder IT-nahen Bereichen von generellen Sourcing Kriterien bzw. in einem ersten Schritt der zu analysierenden Situation des Unternehmens ab.

Tendenziell machen Überlegungen zum Outsourcing in folgenden Situationen Sinn:

• Die entsprechende Funktion der IT stellt keine Kernkompetenz dar und/oder ein Outsourcing ist relativ risikolos aus Sicht der Geschäftseinheiten durchzuführen. Z.B. Desk Top Services in den Verwaltungseinheiten von Produktionsunternehmen
• Es sind signifikante Kostenvorteile zu erwarten, weil die eigene IT zu teuer ist.
• Der Aufbau weiteren kritischen Know-Hows in der IT ist limitiert oder schlicht nicht gegeben, da Personal nicht in ausreichendem Umfang im Markt gefunden werden kann.
• Die Kosten der Überwachung und Administration des Outsourcing-Partners sind relativ gering.
• Die erreichbaren Service-Levels bei einem externen IT Anbieter sind besser oder mindestens gleichartig.

Dagegen gibt es Kriterien und Situationen, die Outsourcing Überlegungen relativ schnell beenden und für einen Verbleib innerhalb der Unternehmung plädieren:

• Die IT Anwendungen sind kritisch für den Erfolg der Geschäftseinheiten und tragen zum Erfolg bei. Z.B. Warenwirtschaftsysteme bei Handelsunternehmen
• Durch den Verlust bzw. die Streuung des kritischen Know-Hows auf interne IT Leistungen und externe Leistungserbringer können potenziell Wettbewerbsnachteile entstehen
• Kostenvorteile sind durch das Outsourcing nicht zu erwarten, da in Vergangenheit eine Verschlankung der IT stattgefunden hat
• Die entsprechenden Kompetenzen/ Kapazitäten existieren in der eigenen Unternehmung in ausreichendem Masse
• Die Kosten der Überwachung und Administration der Outsourcing-Partner sind sehr hoch
• Die internen Service-Levels sind besser als die von externen Anbietern zu erwartenden Service-Levels

Plakativ ausgedrückt, lässt sich sagen: „Nie etwas outsourcen, was später nicht gemanaged werden kann.“

Das Outsourcing hat in den letzten Jahren eine enorme Popularität erhalten und über 50 % aller CIOs haben in ihrer IT Strategie mittlerweile IT Outsourcing festgeschrieben. Der Markt ist im Bereich zweistelliger EURO-Milliarden Beträge und steigt kräftig weiter. Dies ist gerechtfertigt, denn die Kosteneinsparungspotentiale liegen laut einigen Umfragen bei durchschnittlich 17%. Andererseits ist auch festzustellen, dass 25% aller Outsourcing-Verträge in den ersten 3 Jahren und sogar 50% aller Outsourcing-Verträge in den ersten 5 Jahren die ursprünglich festgelegten Ziele verfehlen. Die Ursachen liegen in einer mangelnden Vorbereitung und unprofessionellen Durchführung des Prozesses zum Outsourcing. Nur jedes dritte Unternehmen informiert sich umfassend über mehr als drei Anbieter und 15% belassen es sogar bei einem Anbieterunternehmen. Es fehlt eindeutig an ganzheitlichen Strategien in den IT Abteilungen der Unternehmen, die das Sourcing aller IT Produkte und IT Services umfassen und nicht selektiv betrachten.

Aufgrund der gemachten Erfahrungen in den letzen Jahren ist die zentrale Frage nicht mehr „Soll outgesourced werden?“, sondern vielmehr. „Wie sollen, welche IT Leistungen gesourced werden?“

Neben den Outsourcingenüberlegungen machen sich die CIOs auch über ein Offshoring von IT-Services (z.B. von Desktop Services, Application Management, Mainfraim, u.a.) intensive Gedanken. Bei der Einkaufsplanung von Offshoring-Leistungen ist jedoch weniger das „OB“ als vielmehr das „WIE“ von entscheidender Bedeutung für den Nutzen. 29% von 700 europäischen IT-Verantwortlichen würden Netzwerk- und Datenmanagement we-gen der niedrigeren Lohnkosten, einem hohen Auslandsniveau und preisgünstigeren Telekommunikationskosten ins Ausland auslagern. Aufgrund der Globalisierung der Wirtschaft und den gestiegenen Managementerfahrung mit Offshoring Prozessen wird der Anteil von Offshoring Prozessen sich in den nächsten drei Jahren vervierfachen. Erfahrungen zeigen auch, dass durch Offshoring durchschnittlich ca. 35% der Kosten eingespart werden. Auch wenn Offshoring im ersten Schritt wegen Kosteneinsparungseffekten begonnen werden, setzten viele Unternehmen dies wegen der gestiegenen Qualität der Leistungen fort.

Vor- und Nachteile des Offshoring in Abhängigkeit von der Entfernung zum Heimatunternehmen

Die Abbildung rechts zeigt einen Vergleich (exemplarisch für Britische Unternehmen) über die Vor- und Nachteile des Offshoring in Abhängigkeit von der Entfernung zum Heimatunternehmen.

Neben diesen Hardsfacts gibt es eine Reihe von Softfacts die bei den Überlegungen zum Offshoring für ein bestimmte Land oder einer bestimmten Region eine besondere Rolle spielen/ spielen sollten:

• Politisches Klima: Die Fähigkeit des Landes für ein stabiles Geschäftsklima und einer entsprechenden Umwelt, die Aufruhr und Krawalle eingrenzt.
• Geschäfts-Ethik: Die landesspezifische Geschäfts-Ethik sollte inline mit den ethischen Prinzipien der eigenen Firma sein. Einige Länder haben keine klaren Gesetze zur Einhaltung von Copyrights, Datensicherheit oder Exportbestimmungen
• Telekommunikation Infrastruktur: Diese TK-Infrastruktur sollte zuverlässig sein und eine Instandsetzung rund um die Uhr zur Verfügung haben. Bewerten muss man auch die Verkehrsdichte und die Leitungsanbieter.
• Ausbildungsniveau der Arbeitskräfte: Analysiert wird die Anzahl von Hochschulabgängern in den Arbeitsmarkt und die Anzahl von arbeitsfähigen, qualifizierten Kandidaten
• Industrieerfahrungen: Auch wenn einige Länder eine hohe Anzahl von Hochschulabgängern ausweisen, wird nicht die notwendige Berufs- und Industrieerfahrung mitgebracht, die für spezielle Tätigkeiten als Voraussetzung gelten.
• Sprachkenntnisse: Entscheidend ist, ob in der Bevölkerung eine große Zahl von Beschäftigen die notwendigen Englischkenntnisse mitbringt und auch andere Sprachen unterstützt werden.
• Kulturelle Unterschiede: Analysiert werden Verhaltensweisen, Gebräuche und Gewohnheiten, sowie Einstellungen zum Umgang mit Kunden. Dies erfordert eine gewisse Anpassungsfähigkeit der Unternehmen, die Offshoring in anderen Regionen nutzen.

Anhaltspunkte für die Aufgaben, die ein Unternehmen beim Outsourcing und Offshoring haben

Die Abbildung 2 gibt Anhaltspunkte für die Aufgaben, die ein Unternehmen beim Outsourcing und Offshoring eher selbst behält und Aufgaben, die an die externen Anbieter übergeben werden können.

Im Teil 2 geht es um „Probleme beim IT-Outsourcing. Der Teil 3 beschäftigt sich mit „Risikovermeidung beim IT-Outsourcing“.

 

Zum Autor:

Peter P. Müller verfügt über mehr als 25 Jahre Projekt- und Führungserfahrung. Seit 2008 ist er Gesellschafter und Geschäftsführer eines eigenen Beratungsunternehmens in Deutschland und Indien. Zuvor nahm er regionale und globale Führungsaufgaben für internationale Managemenberatungen wahr, u.a. Roland Berger Strategy Consultants, Arthur D. Little, IBM, Deloitte Consulting, und koordinierte als Geschäftsführer der städtischen GmbH die Bewerbung Frankfurts um die Olympischen Spiele. Heute ist er Dozent in einem globalen MBA-Programm.

Mehr über die Gesellschaft für Managementberatung und Projektmanagement (GMBP) und Peter Müller erfahren Sie unter www.gmbp.de.

 

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