„Hessischer Pakt für Ausbildung“: Über 41.000 neue Ausbildungsverträge

Gemeinsam blickten die Partner des Hessischen Paktes für Ausbildung heute auf ein erfolgreiches Ausbildungsjahr 2010/2011 zurück. „Über 41.000 neue Ausbildungsverträge wurden im Berichtsjahr 2010/2011 abgeschlossen und für junge Menschen in Hessen stehen mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung, als wir Bewerber haben“, so fasste der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier die Bilanz zusammen. „Jugendliche haben in Hessen exzellente Chancen, um erfolgreich in den Beruf zu starten“, so der Ministerpräsident. „In Zukunft wird das Thema Weiterbildung eine noch stärkere Rolle spielen“, sagte Bouffier.

Der Pakt für Ausbildung sei ein starkes Instrument, das die Zukunft der Jugendlichen in Hessen sichere und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft fördere. Es gebe daher keinen Grund, das Engagement zurückzufahren. Um den Fachkräftebedarf auch in Zukunft zu sichern, müssten weiterhin alle Akteure des Ausbildungsmarkts zusammenarbeiten. Ein starkes Hessen in Europa könne die Internationalisierung der beruflichen Bildung nicht außer Acht lassen, so Bouffier.

Zunahme von 932 Vertragsabschlüssen im Vergleich zum Vorjahr

Im Berichtsjahr 2010/2011 wurden zum Stichtag 30. September 2011 41.166 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Damit konnte eine Zunahme von 932 Vertragsabschlüssen im Vergleich zum Vorjahr verbucht werden. Die Zahl der unbesetzten Lehrstellen stieg bei den Agenturen für Arbeit in Hessen auf 2.760 – das sind 74 % mehr als im Vorjahr. Der Ministerpräsident zeigte sich erfreut über diesen Erfolg, der auf die engagierte Zusammenarbeit der beteiligten Partner – die Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern, die Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern, die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, der Verband Freier Berufe in Hessen, die Hessischen Kommunalen Spitzenverbände, die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit sowie die Hessische Landesregierung – zurückzuführen sei.

Viele Ziele des Paktes konnten in den letzten Jahren umgesetzt werden. So wurde zum Beispiel die „integrierte Ausbildungsberichterstattung“ bis 2013 gesichert und auch im Nationalen Pakt verankert. Für die Berufsorientierung in den Schulen wurde ein Gütesiegel eingeführt und darüber hinaus – finanziert vom hessischen Wirtschaftsministerium und der Regionaldirektion Hessen – im Rahmen der hessenweiten Strategie OloV (Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit bei der Schaffung und Besetzung von Ausbildungsplätzen) ein Kompetenzfeststellungsverfahren für die siebten Klassen angeboten, mit dessen Hilfe Schülerinnen und Schüler frühzeitig bei ihrer Berufsfindung gefördert werden können.

Weniger Bewerber, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben

Im Berichtsjahr 2010/2011 waren zum Stichtag 30. September 2011 bei den hessischen Agenturen für Arbeit und den zugelassenen kommunalen Trägern insgesamt 42.089 Bewerberinnen und Bewerber auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz gemeldet – 2,1 % weniger als im Jahr zuvor. Ihnen stand mit 37.490 gemeldeten Ausbildungsstellen ein um elf % gestiegenes Angebot gegenüber. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der Bewerber, die keinen Ausbildungsplatz bekommen haben, leicht zurück: von 740 auf 684. Bis zum Dezember 2011 konnte diese Zahl weiter auf 379 verringert werden.

Der Leiter der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit, Dr. Frank Martin sieht trotz der guten Bilanz des Ausbildungsjahres 2010/2011 noch genügend Handlungsbedarf: „Die Zahl der jungen Menschen von rund 2.500 in den Übergangssystemen und etwa 3.400 in außerbetrieblicher Ausbildung ist bei gleichzeitig freien Lehrstellen noch zu hoch. Es braucht alle Akteure auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und dazu zähle ich ebenfalls die Schulen und Elternhäuser, die noch mehr in die Beratung, Unterstützung und Qualifizierung junger Menschen investieren müssen. Gleichzeitig sehe ich die hohe Zahl der Schul- und Ausbildungs- und Studienabbrecher: Auch dieses Problem müssen wir sofort angehen.“

Bilanzen und Ausblick der Paktpartner

Der IHK-Fachkräftemonitor prognostiziert für Hessen in den kommenden Jahren durchschnittlich über 100.000 fehlende Fachkräfte pro Jahr. Dabei werden weit über 80 % nichtakademische Fachkräfte, also Menschen mit Berufsausbildung, fehlen. Deswegen haben die hessischen Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung im vergangenen Jahr ihre Ausbildungskapazitäten gesteigert. Mit einem Zuwachs von vier % nahmen sie 25.630 junge Menschen unter Vertrag. Dieser Zuwachs um 1.038 neue Ausbildungsverträge im Vergleich zum Vorjahr liegt im bundesweiten IHK-Trend.

Fast zwei Drittel der jungen Auszubildenden in Hessen lernen bei IHK-Unternehmen, nur ein Drittel davon hat Abitur. „Längst ist nicht mehr das Abitur die Eintrittskarte in die duale Berufsausbildung“, erläuterte Dr. Mathias Müller, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern und Präsident der IHK Frankfurt, die Chancen für Schülerinnen und Schüler. Zudem wies er darauf hin, dass die duale Berufsausbildung eine gute Einstiegschance für eine berufliche Karriere ist: Sei es die Weiterbildung zum Fachwirt, zum Industriemeister oder die Zugangsberechtigung zum fachgebundenen Hochschulstudium, die dank einer Berufsausbildung möglich ist. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage am Ausbildungsmarkt unterstrich Dr. Müller die hervorragenden Aussichten für Schulabgänger: „Jeder Schulabgänger mit einem passablen Zeugnis und konkreten Berufsvorstellungen hat beste Aussichten auf einen Ausbildungsplatz bei einem IHK-Unternehmen“. Die hessischen IHKs appellierten daher an die jungen Menschen, sich schon jetzt um einen Ausbildungsplatz zu bewerben, da im Frühjahr die Auswahl an Berufen und Unternehmen besonders groß ist. Zu den Top-5 Berufen, die derzeit die meisten Ausbildungsstellen anbieten, gehören die Büroberufe, Kaufmann Groß- und Außenhandel, Fachinformatiker, Kaufmann für Spedition und Logistikentwicklung und Industriekaufmann.

Mit seiner dauerhaft überdurchschnittlich hohen Ausbildungsquote – also das Verhältnis von Beschäftigten zu Lehrlingen – von rund neun % nimmt das hessische Handwerk eine Spitzenposition ein. So konnte 2011 erneut die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 0,7 % gesteigert werden. „Allerdings blieben auch 2011 viele Ausbildungsstellen unbesetzt, was sich mittelfristig in einem Fachkräftemangel gerade in technikorientierten Handwerken niederschlagen wird“, so Präsident Bernd Ehinger von der Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern. Aus diesem Grund wirbt das hessische Handwerk insbesondere in Haupt- und Realschulen mit einer hessischen Nachwuchskampagne für zukünftige Fachkräfte im Handwerk. Dabei bedient es sich moderner Kommunikationsmittel, wie Facebook und YouTube.“ Allerdings ist dem Handwerk bewusst, dass das Augenmerk der Betriebe sich auch zunehmend auf marktbenachteiligte und leistungsschwache Bewerber richten muss. „Diese gilt es nicht nur als Fachkräfteressource zu erschließen, sondern auch als Potential für den Ausbildungs- und künftigen Fachkräftemarkt zu betrachten“, so Ehinger.

Der Verband Freier Berufe in Hessen (VFBH) konnte erfreulicherweise für das Jahr 2011 einen leichten Anstieg der Ausbildungszahlen verzeichnen, obwohl zum ersten Mal das Angebot an Ausbildungsplätzen die Nachfrage überstieg. „Die Freien Berufe werden zukünftig vermehrt Nachqualifikationen von Jugendlichen unterstützen müssen, um ihre Ausbildungsgänge attraktiv zu halten und die freien Ausbildungsplätze besetzen zu können“, kommentierte der Präsident des VFBH Dr. Giesbert Schulz-Freywald die Situation auf dem Ausbildungsmarkt.

„Der hessische Ausbildungspakt ist ein voller Erfolg“, erklärte Professor Dr. Dieter Weidemann, Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU). „Wir haben zurzeit mehr Lehrstellen als Jugendliche, um die Ausbildungsstellen zu besetzen. Deshalb ist das nächste Ziel, alle Jugendlichen ohne Ausnahme in Ausbildung zu integrieren und das Angebot an betrieblichen Ausbildungsstellen voll auszuschöpfen. Wir wollen und dürfen niemand zurücklassen. Betriebliche Ausbildung hat gegenüber einer vollschulischen Ausbildung viele Vorteile und sie bietet hervorragende Aufstiegschancen bis hin zur akademischen Ausbildung. Dies mehr als bisher zu nutzen liegt im Interesse der Jugendlichen und der Unternehmen.“

Die hessischen Städte halten daran fest, dass allen ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen eine Chance auf eine berufliche Ausbildung geboten werden soll. „Die jungen Leute reißen sich um einen Ausbildungsplatz in einer Stadtverwaltung“ sagt der Direktor des Hessischen Städtetages, Stephan Gieseler. Die Städte in Hessen haben auch im Jahr 2011 trotz ihrer extrem angespannten Finanzlage erneut einen großen Beitrag zur Ausbildung von jungen Menschen erbracht. Angeboten wurden Ausbildungskapazitäten in allen im städtischen Bereich vorkommenden Berufsfeldern. „Es ist immer wieder hervorzuheben, dass die hessischen Städte über den eigenen Bedarf hinaus ausbilden und ausgebildet haben und dies, obwohl sie wissen, dass nicht jede Erwartungshaltung der Auszubildenden, anschließend in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden, erfüllt werden kann. Dieses Dilemma lässt sich leider nicht auflösen, weil die Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung seitens der Bürger von den Städten erwartet wird“, so Gieseler.

„Die aktuell vom Hessischen Landkreistag ermittelten Ausbildungsplatzzahlen für das Jahr 2011 belegen, dass die 21 hessischen Landkreise auch in finanziell schwierigen Zeiten ihre Verantwortung für junge Ausbildungsplatzsuchende wahrnehmen und durch die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen jungen Menschen eine berufliche Zukunftsperspektive bieten“, so Dr. Jan Hilligardt, Geschäftsführender Direktor des Verbandes.

So bieten die Landkreise in Hessen zum Stichtag 30. September 2011 insgesamt 1.536 Ausbildungsplätze: 797 Ausbildungsplätze nach dem Berufsbildungsgesetz (z.B. Ausbildung zu Fachangestellten für Bürokommunikation oder zu Verwaltungsfachangestellten), 638 andere Ausbildungsplätze (z.B. Ausbildung zu Altenpflegern oder Krankenpflegern) sowie 101 Beamtenanwärterstellen. Im Vergleich zu 2010 wurde damit bei einem Rückgang von ca. 100 Plätzen ein weiterhin hohes Niveau gehalten.

„Der leichte Rückgang zum Vorjahr verdeutlicht in besonderer Weise die Auswirkungen der defizitären Haushalte auch auf die Personalentwicklung in den Landkreisen“, so Dr. Hilligardt. „Die hessischen Landkreise werden aber auch zukünftig alle Anstrengungen unternehmen, durch ihr Engagement als Ausbildungsbehörden und Arbeitgeber insbesondere in den ländlichen Regionen des Landes einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Standortattraktivität zu leisten.“

Einen anhaltend positiven Trend zum hessischen Ausbildungsmarkt tragen – wie im Vorjahr auch – die guten Ergebnisse der hessischen Optionskommunen (zwölf Landkreise und die Landeshauptstadt Wiesbaden) bei. Zum 30. September 2011 waren bei den hessischen Optionskommunen nur 107 von 684 der insgesamt in Hessen gemeldeten 42.089 jungen Bewerberinnen und Bewerber für einen Ausbildungsplatz noch „unversorgt". Somit konnte die sehr gute Vorjahresquote der hessischen Optionskommunen auch zum Abschluss dieses Ausbildungsjahr weiter gehalten werden.

Trotz angespannter Haushaltslage hatte sich das Land Hessen auch für das Ausbildungsjahr 2011 verpflichtet, weiterhin über den Eigenbedarf hinaus auszubilden und an der im Ausbildungspakt vereinbarten Zielzahl von 835 Einstellungen von Auszubildenden festzuhalten. Letztlich konnten 806 Ausbildungsverträge abgeschlossen werden, da teilweise keine geeigneten Bewerbungen vorlagen oder auch kurzfristig bereits ausgewählte Bewerberinnen und Bewerber nicht mehr zur Verfügung standen. In dem am Ersatzbedarf der öffentlichen Verwaltung orientierten Beamtenbereich konnten insgesamt 1087 junge Menschen in den Vorbereitungsdienst für verschiedene Beamtenlaufbahnen eingestellt werden und somit nahezu so viele wie im vergangenen Jahr.

Das Hessische Wirtschaftsministerium hat im vergangenen Jahr 11,2 Millionen Euro zur Verbesserung der Ausbildungssituation aufgewendet und insgesamt 2.075 betriebliche Ausbildungsplätze gefördert. „Besonders unser Programm für Hauptschüler hat sich als erfolgreich erwiesen und 754 Jugendlichen ermöglicht, an die Schule unmittelbar eine Lehre anzuschließen“, erläuterte Wirtschaftsstaatssekretär Steffen Saebisch. „Dieses Programm wird selbstverständlich fortgesetzt, denn trotz der sich deutlich entspannenden Situation auf dem hessischen Ausbildungsmarkt haben Hauptschulabsolventen immer noch Schwierigkeiten, ohne Umweg in eine betriebliche Ausbildung zu wechseln. Dieses Problem müssen wir lösen, wenn wir den Fachkräftenachwuchs für die hessische Wirtschaft sichern wollen. Dazu müssen auch die Betriebe ihren Beitrag leisten und sich stärker für Hauptschüler öffnen.“

Das Hessische Sozialministerium förderte im Jahr 2011 685 Ausbildungsplätze für Benachteiligte (z.B. Alleinerziehende, Migranten, Lern- und Leistungsbeeinträchtigte, Ausbildungssuchende im SGB II). Im gleichen Jahr wurden 2.231 Plätze zur Ausbildungsvorbereitung für Benachteiligte gefördert. Diese Zahl wurde im Gegensatz zum Vorjahr um 227 Plätze gesteigert.

Zum Schuljahresbeginn 2010/11 wurde das Gütesiegel für vorbildliche Berufsorientierung in Hessen nach Auskunft des Hessischen Kultusministeriums eingeführt. Es trägt dazu bei, die Ausbildungsreife der Schulabgänger zu verbessern, da die Schulen ausgezeichnet werden, die ihre Berufsorientierung in vorbildlicher Weise nach den OloV-Qualitätsstandards gestalten und umsetzen. Das Siegel wird für eine Laufzeit von drei Jahren verliehen. Danach können sich die Schulen erneut zertifizieren lassen. Im ersten Durchgang hatten sich über 130 Schulen beworben. Das Gütesiegel konnte im September 2011 an 90 Schulen des Sekundarstufe I verliehen werden. Die Veranstaltung fand in der Deutschen Börse in Eschborn unter der Regie der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU) statt.
Im September 2012 wird das Siegel zum zweiten Mal verliehen. Für diesen Durchgang wurde es ausgeweitet zum Gütesiegel Berufs- und Studienorientierung. Auch die Oberstufen der Gymnasien und der beruflichen Gymnasien können sich jetzt für dieses Siegel bewerben. Entsprechend der Vorarbeit durch das Projekt „Manage it“ wurde der Kriterienkatalog für die Bewerbung so angepasst, dass die spezifischen Gegebenheiten der gymnasialen Oberstufen auch im Sinne der Studienorientierung Berücksichtigung finden.

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