Hochfrequenzhandel an den Börsen in der Kritik

Der Hochfrequenzhandel (High Frequency Trading) ist ein computergestützter Börsenhandel, der mit speziellen Algorithmen Kaufen und Verkaufen in Sekundenbruchteilen ermöglicht – unabhängig von menschlichen Einflüssen. Damit lassen sich unter anderem Kursunterschiede von Wertpapieren an verschiedenen Börsenplätzen in Bruchteilen von Sekunden nutzen. Mittlerweile werden in den USA bis zu 70 Prozent und in Europa bis zu 40 Prozent der Wertpapiertransaktionen über den Hochfrequenzhandel abgewickelt. Das birgt große Gefahren: Am 6. Mai 2010 gab es beispielsweise einen drastischen Kurssturz an der New Yorker Börse, bei dem der Dow Jones-Index innerhalb von wenigen Minuten rund neun Prozent seines Wertes einbüsste. Das war der größte Kursrutsch der Geschichte innerhalb so kurzer Zeit – ausgelöst durch eine falsche Order (bei einer Order wurde aus Versehen aus Millionen Milliarden, das Komma rutschte also um drei Stellen nach rechts). Daraufhin zogen aufgrund der verwendeten Algorithmen Tausende Computer („Händler“) mit und verstärkten dadurch den Trend noch weiter, so dass immer mehr Computer sich der Entwicklung anschlossen. Fehlentwicklungen und starke Kursschwankungen werden dadurch noch verstärkt (Herdeneffekt / Verkaufswelle). Ein anderes Beispiel ereignete sich kurz nach der Naturkatastrophe in Japan vom 11. März 2011. International war beschlossen worden, dass die stark überbewertete japanische Währung (um bis zu 30%) etwas abwerten darf, um dem angeschlagenen Land die Exporte zu vereinfachen (gesteigerte Einnahmen um die finanziellen Folgen der Katastrophe besser bewältigen zu können). Allerdings war Japan bis dato aufgrund seiner Null-Zins-Politik zur Ankurbelung der seit Jahren dahin dümpelnden Wirtschaft bei Finanzinvestoren sehr beliebt: Hier wurde Geld zu günstigen Konditionen geliehen, um es dann in Hochzinsländer der Region anzulegen und die Differenz einzustreichen. Durch das Abwerten der japanischen Währung änderten sich nun die Rahmenbedingungen und die verwendeten Algorithmen des computergestützten Handels sorgten daraufhin für einen massenhaften Ausstieg aus dem Geschäft, wodurch der Yen sogar über den ursprünglichen Wechselkurs stieg, sich die Währung also verteuerte. Internationale Notenbanken mussten tagelang intervenieren und die japanische Regierung appellierte mehrfach an die Finanzmärkte, bis die Situation wieder im Griff war. Das heißt, der computergestützte Handel in der jetzigen Ausgestaltung birgt das Risiko in sich, dass es zu sich selbst verstärkenden und beschleunigenden Entwicklungen kommt und dass Kurse in Sekundenschnelle zum Absturz gebracht werden können, mit erheblichen Risiken für die Stabilität der Finanzmärkte. Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es dazu kürzlich: Die potenziellen Risiken des Hochfrequenzhandels gäben Anlass, das Marktgeschehen in diesem Bereich auf „möglicherweise bestehende Regulierungslücken“ zu prüfen. Auch Bundespräsident Christian Wulff hatte zuvor bereits auf dem Deutschen Bankentag im April gewarnt: An den Börsen sei zu überlegen, ob nicht eine „Entschleunigung“ besser wäre. Im Februar hatte bereits der Vorstand der Bundesbank auf die Risiken hingewiesen und eine Regulierung gefordert. Nun hat auch die EU-Kommission im Rahmen der laufenden Überarbeitung der Finanzdienstleistungsrichtlinie Mifid eine stärkere Regulierung zur Diskussion gestellt. Die Bundesregierung hat diesen Vorstoß bereits begrüßt.

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