Ilse Aigner: Energiepflanzen statt Brachland und Lebensmittelberge

Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) will die Anbauflächen für Energiepflanzen in Deutschland von derzeit 1,8 Millionen auf rund drei Millionen Hektar erweitern. Die Energiepflanzen wie Raps und Mais dienen der Produktion von Biokraftstoffen und können nicht nur im Benzintank sondern beispielsweise auch in Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken eingesetzt werden. Derzeit stammen mehr als 65 Prozent der erneuerbaren Energien aus Biomasse, der Rest wird aus Wind, Wasser und Sonne erzeugt. Theoretisch hat die Biomasse nach jetzigem technologischem Stand bereits heute eine Kapazität, die einem Drittel der Strommenge aller 17 Atomkraftwerke in Deutschland entspricht. Ilse Aigner: „Landwirte werden in Zukunft auch immer mehr zu Energiewirten – und das, ohne bei der Lebensmittel- und Futterproduktion große Abstriche zu machen.“ Derzeit werden in Deutschland auf einem Anteil von 15 Prozent der Gesamtanbaufläche von 12 Millionen Hektar (landwirtschaftliche Nutzfläche) Energiepflanzen angebaut. Von einer Konkurrenz zu Nahrungsmittel kann dabei in Deutschland selbst keine Rede sein: 1. Zum einen werden in der hochsubventionierten europäischen Landwirtschaft noch immer Lebensmittelberge produziert, die weit über die Nachfrage hinausgehen – die Subventionen dienen dabei der Existenzsicherung der Landwirte und könnten bei einem zusätzlichen Einkommen durch Energiepflanzenproduktion heruntergefahren werden. Die hochsubventionierten europäischen Lebensmittelüberschüsse wiederum zerstören die Lebensmittelmärkte in Entwicklungsländern, ruinieren die dortigen Bauern aufgrund wegfallender Einnahmequellen, was die dortigen Volkswirtschaften im gesamten schädigt, und treiben die Länder somit aus der Möglichkeit der Selbstversorgung in die Abhängigkeit von Lebensmitteleinfuhren. 2. 1993/94 wurde die Flächenstilllegung als Instrument der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik eingeführt, um die Überproduktion zu drosseln. Landwirte bekamen seitdem nur noch dann Direktzahlungen, wenn sie einen bestimmten Prozentsatz ihrer Anbaufläche aus der Produktion nahmen (zunächst 15 Prozent). Diese Stilllegungsrate wurde entsprechend der Überproduktion jährlich angepasst und beispielsweise für die Aussaat zwischen Herbst 2007 und Frühjahr 2008 als Reaktion auf niedrigere Erntemengen vorübergehend auf 0 Prozent gesetzt. Auf diesen Stilllegungsflächen ist es gestattet, auch nachwachsende Rohstoffe anzubauen (eine Kuriosität zur Verhinderung der Überproduktion ist auch die „Abwrackprämie für Kühe“ = subventioniertes Töten von Milchkühen). 3. Mit neuartigen Technologien zur Produktion von Bioethanol der zweiten Generation wird es künftig zudem genügen, Pflanzenabfälle wie beispielsweise die Rückstände aus der Zucker- oder der Olivenölproduktion zur Energieproduktion heranzuziehen, beziehungsweise die komplette Biomasse schnell wachsender Pflanzen zu nutzen, wodurch sich der Energieertrag pro Hektar um ein vielfaches erhöht. Entsprechend sieht die Landwirtschaftsministerin auch die größtmögliche Erhöhung der Energieeffizienz pro Hektar als die drängendste Herausforderung der Zukunft, auch müssten entsprechend vorrangig Rest- und Abfallstoffe verwertet werden. Grundsätzlich müsse der Anbau von Nahrungsmitteln Vorrang vor dem Anbau von Energiepflanzen haben, aber „Teller und Tank sind durchaus miteinander in Einklang zu bringen“. Im Ergebnis könne die Landwirtschaft ihren Anteil an der Herstellung erneuerbarer Energien noch deutlich ausbauen. Ein Interessenkonflikt mit der übermächtigen Mineralölindustrie ist jedoch vorprogrammiert und schon im vollen Gang: In einem Interview mit AGITANO hat der Politikwissenschaftler und ehemalige Leiter und Moderator des politischen Magazins „Report“ und Leiter der Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im Südwestrundfunk sowie Leiter und Moderator des 3sat-Magazins „Grenzenlos“, Dr. Franz Alt, seit Jahren Vorkämpfer für die Erneuerbaren Energien, die großen Mineralölkonzerne für die Lobbykampagne gegen Biosprit gebrandmarkt: Dr. Franz Alt: „Geld regiert die Welt. Das muss jeder wissen, der uns zuhört. Das ist das Problem heute. Da wo die Milliarden sitzen und die Milliardengewinne, dort wird auch die Politik am meisten beeinflusst.“ Die alten Ölkonzerne seien an Biosprit und Bioethanol nicht im geringsten interessiert, weil sie daran nicht verdienen, sondern im Gegenteil, ihr Absatz darunter leidet und zurückgeht. „Die haben eine Desinformationskampagne aller erster Güte hingelegt und die Bürger verunsichert und ihnen Angst gemacht, der Motor würde kaputt gehen. Das ist solcher Unsinn. Die ganze Welt lacht über das unsäglich hinterwäldlerische Verhalten in Deutschland, das verursacht ist von den großen Ölkonzernen. Die Bauern sind am Bioethanol interessiert, weil das ihr Stoff ist. Aber die Bauern haben halt eine zu schwache Lobby gegenüber der Ölwirtschaft.“

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