Innovatives Ortungssystem zur Verhinderung von Zugunfällen einsatzfähig

Ob auf Hochgeschwindigkeitsstrecken oder im Regionalverkehr: Wenn Züge zusammenstoßen, sind die Folgen oft verheerend. Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben ein funkgestütztes Kommunikations- und Ortungssystem entwickelt, mit dem sie diese Kollisionen vermeiden wollen. Nach umfangreichen Tests haben zwei DLR-Wissenschaftler mit der Technologie aus dem Forschungsprojekt „RCAS“ (Railway Collision Avoidance System) ein Unternehmen ausgegründet.

"Intelligence on Wheels" – zu deutsch "Intelligenz auf Rädern" – haben die DLR-Mitarbeiter Prof. Thomas Strang und Andreas Lehner ihre Unternehmung genannt, die in Gilching nahe des DLR-Standorts Oberpfaffenhofen ihren Sitz hat. "Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem Eintrag ins Handelsregister dem Transfer des Forschungsthemas RCAS in den realen Betrieb einen großen Schritt näher gekommen sind", fasst Geschäftsführer Strang zusammen. Seit 2007 hat der promovierte Informatiker vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation das Forschungsprojekt "RCAS" geleitet, in dessen Rahmen ein spezielles Antikollisionssystem für Züge entwickelt worden ist. Zusammen mit Wissenschaftlern der DLR-Institute für Verkehrssystemtechnik sowie für Robotik und Mechatronik ist aus der puren Idee eine marktreife Technologie entstanden. "Das DLR-Technologiemarketing hat uns auf dem Weg bis zur Ausgründung begleitet und RCAS ein entsprechendes Marktpotenzial bescheinigt", berichtet Strang.

Unabhängige Funktionsweise

Jede RCAS-Einheit besteht aus einer Kommunikations- und einer Ortungskomponente, die in die Führerstände der Züge eingebaut werden und die unabhängig von der jeweiligen Infrastruktur der Strecke funktionieren. Das System erfasst alle Parameter eines Zuges, die bei einer Kollision eine Rolle spielen: Position, Geschwindigkeit, Bremsvermögen oder Überschreitungen des Lademaßes und sendet diese per Funk auf direktem Wege an alle Züge in seiner näheren Umgebung. "Jeder Zug, der diese Informationen empfängt, kann diese mit seinen eigenen Parametern vergleichen und so ständig die aktuelle Verkehrslage auf der Schiene beurteilen", erklärt Andreas Lehner, technischer Leiter von "Intelligence on Wheels". Erkennt das System eine kritische Situation, warnt es den Fahrer oder greift steuernd in den Bremsvorgang ein.

Die direkte Kommunikation zwischen den RCAS-Zügen stützt sich auf ein eigenständiges Funknetzwerk. Dieses kommt ohne Basisstationen aus. "In einem großen Rangierbahnhof muss ein solches System für rund 500 potenziell gleichzeitig sendende Einheiten ausgelegt sein, die sich innerhalb einer Funkreichweite von fünf Kilometern befinden können", beschreibt Andreas Lehner die Herausforderung. Zudem ist es den DLR-Wissenschaftlern gelungen, die Züge durch eine Kombination von unterschiedlichen Sensorsystemen zuverlässig und vor allem gleisgenau zu lokalisieren.

Nicht nur für Züge interessant

Auch Baufahrzeuge oder Streckenarbeiter können mit RCAS ausgestattet werden, um das Lagebild so genau wie möglich zu machen und die Wahrscheinlichkeit von Zusammenstößen zu minimieren. RCAS ergänzt dabei die schon bestehenden Sicherheitssysteme im Schienenverkehr um eine neue Technik und erhöht insgesamt die Betriebssicherheit. Im Mai 2010 ist der Ansatz erstmals erfolgreich in einem Zug der Bayerischen Oberlandbahn BOB getestet worden. "Messungen auf dem Streckennetz der BOB haben zum Beispiel ergeben, dass auch bei schlechtesten Umgebungs- und Betriebsbedingungen wie bei maximaler Geschwindigkeit noch ein mehr als siebenfacher Bremsweg zur Verfügung steht, wenn RCAS erstmals die Signale eines anderen Zuges empfängt und eine erste Sicherheitsbewertung erfolgen kann", verdeutlicht Thomas Strang.

(Quelle: DLR)

 

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