Internationale Projekte: Fluch oder Segen?

Internationale Projekte gehören in Großunternehmen zur Tagesordnung, gerade wenn diese über Ländergrenzen hinweg agieren. Dabei haben es internationale Projekte meist in sich und sind nicht einfach zu managen. Auf was es dabei ankommt, erklärt die zertifizierte Wirtschaftsmediatorin und Speakerin zu internationalen Führungsthemen Barbara Wietasch in ihrer zweiwöchentlichen Themenserie „Global Management: Ein Tanz mit den Eisbergen“.

Internationale Projekte: Für Projektleiter gilt, Unterschiede sind interessant, jedoch nicht bedrohlich

Viele Organisationen agieren heutzutage weltweit. Internationale Projekte sind Standard. Teams werden multikulturell zusammengesetzt, arbeiten über Zeitzonen hinweg an Projekten und in unterschiedlichen Sprachen und Kulturen. Die Fähigkeit, Menschen über Grenzen hinweg erfolgreich zu führen, rückt immer mehr in den Vordergrund.

In der Praxis jedoch starten internationale Teams oft mit ambitionierten Deadlines, überspringen wichtige Klärungsprozesse und stellen irgendwann resigniert fest, dass es an allen Ecken und Enden knirscht und hakt. Ein Manager aus einem Telekommunikationsunternehmen erklärte mir dazu seine Strategie: „Ich bin verantwortlich für die internationale Entwicklung neuer Produkte und habe die Teams streng nach Nationalitäten und Verhaltensweisen geclustert, die Deutschen, Schweizer und Österreicher zusammen in einer Gruppe und die Südländer in einer anderen. Wir vom deutschen Cluster werden ja total abgelenkt durch die lauten, diskutierendenden Chaoten. Nie sind sie pünktlich fertig! Dieses Hin und Her verzögert nur die Ergebnisse!“

Ich fragte mich, wie soll ein global aufgestelltes Kommunikationsunternehmen international marktfähige Produkte entwickeln und vertreiben, wenn schon die eigenen Führungskräfte und somit die Projektteams an der Kommunikation scheitern?

Internationale Projekte bringen die Unterschiedlichkeiten hervor

Dass internationale Projekte Ländergrenzen und Zeitzonen überschreiten, lässt sich verhältnismäßig leicht managen. Sehr viel anspruchsvoller ist es, die kulturellen Unterschiede zwischen den beteiligten Menschen zu erkennen und das eigene Verhalten im Projektalltag darauf abzustimmen.

In der Führung ist Fachkompetenz nicht alles. Auch hier ist es wie bei dem Eisberg: Der größere Teil – die sogenannten weichen Faktoren, die unterschiedlichen Werte, Prägungen, Erfahrungen, Ängste – liegt unter der Wasseroberfläche und muss erkundet werden. Das Interesse für Menschen ist eine der wichtigsten Eigenschaften eines internationalen Projektleiters: Wie kann eine tragfähige Beziehung zwischen den Teammitgliedern hergestellt werden?

Internationale Projekte – Die Projektleitung ist die Schlüsselrolle

Idealerweise hat der Leiter eines internationalen Teams bereits Erfahrungen in der internationalen Zusammenarbeit gesammelt. Über generelle Führungseignung hinaus sind für diese Rolle folgende Themen wünschenswert:

  • Interkulturelle Sensibilität
  • Kenntnisse über die unterschiedlichen Projektphasen sowie die Fähigkeit interkulturelle Teams durch die „Storming-Phase“ zu begleiten
  • Hohes Kommunikationsvermögen, d.h. ein Gefühl für Intentionen und Körpersprache von Teammitgliedern unterschiedlicher Nationalitäten
  • Eine besondere Antenne für sich anbahnende Schwierigkeiten und Missverständnisse
  • Die Fähigkeit, zu moderieren und auszugleichen
  • Wissen über Kulturdimensionen und Kulturschocks
  • Die Fähigkeit die unterschiedlichen Teammitglieder kulturangepasst zu führen
  • Grundkenntnisse der Arbeitskonventionen und des Arbeitsrechts der beteiligten Nationen
  • Gute Englischkenntnisse
  • Perfektes Beherrschen der Projektsprache.

Hohe Fachkompetenz ist eines, interkulturelle Kompetenz ein anderes. Man darf den Respekt und die Neugier vor den Mitmenschen – auch wenn es noch so schwierig wird – und vor sich selbst nicht verlieren und muss stets bereit sein, dazuzulernen.

Internationale Projekte sind immer eine Herausforderung, und immer machbar.

Ihre Barbara Wietasch

P.S. Der nächste Artikel heißt „Intercultural Readiness – wie fit sind Sie für die internationale Zusammenarbeit“ und erscheint am Dienstag, 09. September 2014.

Barbara Wietasch, Global Management, Führung, Internationalität, Leadership, International Business
Speakerin zu internationalen Führungsthemen (Foto: © Barbara Wietasch)

Über Barbara Wietasch

Barbara Wietasch ist Sprachwissenschaftlerin, Organisationsentwicklerin (MAS), zertifizierte Wirtschaftsmediatorin und Speaker zu internationalen Führungsthemen sowie Lektorin an einer internationalen Business School in Wien. Von ihrer frühesten Jugend an haben andere Länder und andere Sitten sie begeistert, ebenso ihr Wissen an andere weiterzugeben. Profitieren Sie von ihrem großen Wissen als Praktikerin und Expertin und erschließen Sie für sich und Ihr Unternehmen die Schätze aus der internationalen beziehungsweis globalen Zusammenarbeit. Ihre Trainings- und Beratungssprachen sind deutsch, englisch und spanisch.

Mehr über Barbara Wietasch im Internet auf www.internationaldynamics.de.

Global Management, Klarkommen mit fremden Welten, Barbara Wietasch
Buch „Global Management: ein Tanz mit den Eisbergen“ (Bild: Dirk Meissner / © Barbara Wietasch)

Lesen Sie hier den vorangegangenen Beitrag:

– „Internationale Teamarbeit: die größten Irrtümer
– „Ein Glück, dass wir alle Englisch sprechen!?

Das Buch zum Thema:

Global Management: ein Tanz mit den Eisbergen
Klarkommen mit fremden Welten oder: Warum ein Auslandsknigge Sie nicht weiterbringt

Linde Verlag (2012) ISBN 978-3-7093-0345-0
24,90 € – Hardcover (auch als e-book und  Hörbuch in ungekürzter Version erhältlich)

Global Management: Dancing with Icebergs
How to get along in multicultural business – Why you need more than an etiquette guide

Books on Demand  (2014) ISBN 978-3-7357-9226-6
21,90 € Taschenbuch (auch als e-book erhältlich)

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?