Interview mit Karsten Courtin, dem Web Analysten …

… der ersten (deutschen) Stunde

 

Karsten Courtin war bereits auf Anbieter-, Kunden- und Agenturseite im Bereich Web Analytics aktiv und ist aktuell Director Analytics bei Neue Digitale in Frankfurt.

 

Wie würdest Du Web Analytics persönlich definieren?

 

Web Analytics ist das möglichst umfassende Sammeln, Verknüpfen und Auswerten von Nutzungsdaten rund um eine Internet-Präsenz. Mit der Betonung „rund um“, also nicht nur das, was tatsächlich auf der Website passiert. Sondern auch noch das entsprechende Marketing wie Kampagnen und Adwords, bevor der User auf der Site auftaucht. Und je nach Geschäftsmodell der Website auch die Analyse der Kundendaten (also Post-Conversion), beispielsweise um zielgruppen-spezifische Emails zu versenden.

Wobei hier m.E. der Graubereich zu BI anfängt. Auf jeden Fall ist Web Analytics in meiner Definition mehr als das, was man gemeinhin an Zahlen in einer Web Analytics Software sieht.

 

Du bist nun seit Jahren in der Web Analytics Branche als Insider unterwegs. Welche war die spannendste Zeit?

 

Ganz schwierige Frage … Natürlich war es schon 2000 spannend – aber auch hochgradig seltsam, zu sehen, dass es viele Online-Unternehmen gab, die sich so überhaupt nicht für ihre Daten interessiert haben. Da hat sich die Relevanz von Web Analytics doch signifikant geändert (wie Du selbst sagst – Web Analytics ist Pflicht). Spannend fand ich es aber eigentlich durchgehend die ganze Zeit: Denn in jeder Phase gibt es neue Entwicklungen. Wie derzeit etwa die Entwicklung im mobilen Markt und die damit entstehenden Herausforderungen an Analysen und Analysten. Und ich bin mir sicher: Es bleibt spannend.

 

An welchem Projekt, von dem Du berichten darfst, arbeitest Du gerade?

 

Wir sind für alle unsere Agenturkunden analytisch tätig. Fachlich herausragend finde ich aber die Erstellung eines Engagement Indexes nach Eric T. Petersons Idee („Measuring the Unmeasurable“) für unseren Kunden Nintendo. Nicht ganz trivial, aber spannend und mit sehr interessanten Ergebnissen.

Außerdem arbeiten wir bei Nintendo daran, sämtliche Daten von Media/Kampagnen über die Webseite inklusive Registrierungen der Hard- und Software zu sammeln und auszuwerten, um die Nutzer entsprechend zu segmentieren und zielgruppengerecht mit Newslettern anzusprechen. Und dann werden natürlich wieder die Responses ausgewertet und die bestehenden Daten mit den Ergebnissen angereichert, um anschließend … und so weiter. Das Ziel ist ein geschlossener Datenkreislauf, der mit jedem Durchgang werthaltiger wird.


Im Agenturgeschehen wandelt sich die Relevanz von Web Analytics. Wenn früher WA noch als Zusatz im Angebot genannt wurde, ist es heute eine Grundlage für ein Gesamt-Online-Angebot, es gibt sogar bereits performance-orientierte Angebote. Kannst du uns hier noch einen tieferen Einblick geben?

 

Viel mehr als eine Zusatz-Leistung können die allermeisten Agenturen auch heute noch nicht leisten – in der Regel geht es doch eher um den Implementierungs-Job als um kontinuierliche Beratung. Wir verstehen Analytics jedoch als integralen Bestandteil der Agenturleistung, d.h. im Grunde entstehen schon die Konzepte im Kontext mit Web Analytics. Empirische Erkenntnisse bringen strategische Sicherheit.

 

Wir bei Neue Digitale / Razorfish kommunizieren ganz deutlich, dass wir zwar immer noch ausgezeichnet kreative Arbeit leisten, dass wir unsere Arbeit aber bewusst messbar machen. Dadurch, dass wir von Media/Vermarktung über Strategie, User- und Brand-Experience, über Creative und Analytics bis Mobile und Social Media alles aus einer Hand anbieten können, können wir auch in jeder Phase des Nutzerzyklus optimierend eingreifen.

 

Neue Digitale ist eine führende Online Agentur und gehört einem großen Netzwerk an. Welche Vorteile ergeben sich für Deine Web Analytics Projekte dadurch?

 

Da profitieren wir natürlich von der Expertise meiner amerikanischen Kollegen aus dem Razorfish Netzwerk. In Sachen „traditionelles Web Analytics“ sind die uns fachlich gar nicht so weit voraus – der Unterschied liegt eher in der Bereitschaft der Kunden, in diesem Bereich zu investieren. Dabei ist es doch so: Analyse kostet kein Geld, Analyse spart Geld.

 

In anderen Bereichen, insbesondere bei der Verknüpfung von Daten, spielen sie allerdings immer noch eine Liga höher. Ein Beispiel ist die Korrelation von Daten aus Umfragen (zur Segmentierung) mit Onsite-Daten und Media Analytics Daten. Aber wir haben eine agenturweite Mailingliste, ein Wiki und regelmäßige Webcasts – ich nutze alle Gelegenheiten, mich weiterzubilden und unseren Kunden innovative Analysen anbieten zu können.

 

Aber manchmal haben auch wir etwas zu erzählen – auf dem letzten agenturweiten Analytics-Summit durfte ich unsere Arbeit mit Nedstat für BILD mobil vorstellen. Mobil haben wir noch Vorsprung gegenüber unseren US-Kollegen. Die waren sehr erstaunt, was wir da so machen.


Was ist aus Deiner Sicht das neue Hype-Thema im Online Bereich?

 

Alles muss mobil sein. Und personalisiert. Und Web 2.0. Wobei „Hype“ ja eigentlich eher negativ besetzt ist, und die genannten Themen sind gar nicht negativ.

 

Welche Frage wurdest Du noch nie gefragt, würdest Du aber gerne beantworten?

 

Frage: Wo kriegen wir bloß die vielen smarten Kollegen her, die wir demnächst brauchen werden, weil immer mehr Unternehmen Web Analytics endlich als Pflicht-Übung verstehen (und damit meine ich nicht Verkäufer, sondern methodisch und konzeptionell gut ausgebildete Web Analysten)?

Antwort: Ich habe leider keine Ahnung.

 

 

Quelle: © Blog von Web Analytics Europa
 

 

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