Interview mit Martin Klöck, CIO der Erwin Müller Group in Wertingen

Die Erwin Müller Group (EM-Group) ist Marktführer im Versandhandel für Hotellerie- und Gastronomiebedarf in Europa. Martin Klöck, CIO der EM-Group, stellte sich den Fragen im Rahmen der MUK-IT CIO-Reihe.

Das Interview wurde am 09. März 2011 von Oliver Foitzik geführt und steht in gesamter Länge als Audio-Podcast ebenfalls zur Verfügung.

1. Wie interpretieren Sie Ihre Rolle als CIO in Ihrem Unternehmen?

Definiert ist diese Rolle als IT-Hauptprozessverantwortlicher. Das heißt, ich habe den Hut über alle IT-Prozesse im Unternehmen auf. Auf der einen Seite sind es strategische Aufgaben, die in Abstimmung mit dem Konzernmanagement erfolgen und den Bedarf klar definieren. Auf der anderen Seite müssen die operativen IT-Prozesse, wie Incident Management, Projektmanagement etc. ideal aufgestellt sein. Die gesamte IT muss kaufmännnisch gesteuert werden, also das IT-Budget, und in Richtung Messbarkeit und KPIs gebracht werden, um daraus wiederum Handlungsempfehlungen für innerstrukturelle und gruppenweite Maßnahmen abzuleiten. Noch eine wichtige Rolle, die ich in der Praxis habe, ist die Kommunikation und Koordination aller IT-Themen im Unternehmen.

2. Was sind die großen IT-Herausforderungen in Ihrem Unternehmen?

Die großen IT-Herausforderungen sind immer fachlich getrieben. Bei uns geht es z.B. darum, die komplette Adressdatenstruktur zu verbessern, das Zusammenspiel der Backend- mit den Shop-Systemen zu optimieren. Dabei gewinnen eServices stark an Bedeutung.

Zusätzlich müssen neue IT-Themen, wie Cloud Computing, umfassend beurteilt werden. Nicht unternehmenskritische Systeme werden z.B. sukzessive in die Cloud verlagert. Und wir stellen uns generell neuen Themen, wie Social Networking. Dabei ist es wichtig, dass wir die Plattform bereit stellen und für die Sicherheit sorgen, also technisch das Business unterstützen. Wir tragen jedoch nicht das Thema ins Unternehmen. Wir stellen dabei immer klar, wo beginnt die Rolle der IT und wo endet diese.
Unsere IT-Themen in der Vergangenheit gingen immer darum, das Business kontinuierlich zu verbessern, prozessgesteuerte Techniken einzuführen und an der Harmonisierung und Standardisierung der IT zu arbeiten.

3. Sind Sie ein Verfechter von Zentralisierung oder Dezentralisierung der IT und warum?

Ich wage die provokative These, dass sich diese Frage in Zukunft nicht mehr so stark stellt. Es wird eine starke Zentralisierung der IT geben. Dies sieht man bereits an Themen wie Cloud Computing. Und es lässt sich auch kostentechnisch besser darstellen. An der einen oder anderen Stelle ist es sicherlich zu überlegen, jedoch entwickelt es sich im Großen und Ganzen in Richtung Zentralisierung der IT.

4. Wie steuern Sie Ihre IT?

Hier geht es um zwei Punkte: „Wie steuere ich meine IT“ und „mit welchen KPIs“. Die wichtigen KPIs ergeben sich aus den zentralen IT-Prozessen, z.B. wie lange brauchen wir bis wir eine Anfrage beantwortet ist oder wie lange brauchen wir bis wir ein kleines, mittleres oder großes Projekt umgesetzt haben. Zudem werden Kennzahlen aus den IT-Support-Prozessen, wie Incident Management, abgeleitet.

Wir führen zusätzlich Befragungen bei unseren internen Kunden durch. Es gibt in diesem Rahmen regelmäßige Jour-Fixe-Termine mit den Geschäftsprozess- und Fachprozessverantwortlichen der einzelnen Unternehmensteilen. Dabei ist die Einschätzung der IT-Performance auch ein Thema. Unsere Steuerung geht zunehmend in die Richtung einer IT-BSC, die wir gerade entwickeln. Immer wichtiger wird dabei auch den Wertbeitrag der IT für das Unternehmen darzustellen.

5. Was reizt Sie an Ihrer Aufgabe als CIO / IT-Verantwortlicher?

Ich komme klassisch aus der Informatiker-Ausbildung. Ein Versandhaus ist ein Eldorado für einen Datenbankfachmann. Es ist nichts anderes als eine riesige Datenbank. Bei der Weiterentwicklung reizt mich die ganze Komplixität der Aufgabe, die Zusammenhänge und die Möglichkeit hier im Unternehmen, viel zu steuern und gestalten zu können. Ich habe hier viele Freiheiten und die entsprechende Unterstützung vom Top-Management. Deswegen ist es auch wichtig darzustellen, welchen Wertbeitrag die IT leistet und wie gut wir sind, um das Business voranzubringen.

6. Was sind Ihre Führungswerte und wie setzen Sie diese im Alltag um?

Wir haben eine interne Firmenkultur, in der wir Werte definiert haben und in der wir auch klare Feedbackschleifen mit den Mitarbeitern festgelegt wurden. Diese sind gegenseitig. Auch wir Führungskräfte werden konzernweit von den Mitarbeitern beurteilt. Für uns ist Mitarbeiterzufriedenheit ein hohes Gut, fast so hoch wie die Zufriedenheit unserer externen Kunden.

7. Tangiert Sie der Fachkräftemangel und wie haben Sie das Thema gelöst?

Einerseits bedienen wir uns externer Spezialisten. Wir haben ein Personalkonzept, wo explizit vorgesehen ist, dass wir bei kurzfristig anfallenden Aufgaben oder Aufgabenstau externe Mitarbeiter einbinden. Zudem haben wir mehr oder weniger feste externe Partner aufgebaut, die wir teilweise direkt in Kommunikation und in die Projektsteuerungsinstrumente mit einbinden.

Andererseits müssen wir uns selbstverständlich im Markt umschauen, wo ist der Stand der Technik und welche Skills benötigen die eigenen Mitarbeiter. Dies müssen dann zeitnah auf den neuen Stand gehoben werden.

Aus meiner Sicht haben wir kein großes Ressourcen-Problem, da wir eine ausgewogene Balance zwischen internen und externen Mitarbeitern haben.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führt  Oliver Foitzik von FOMACO / AGITANO.

 

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