Italien: Viertes Industrieland sagt Nein zur Atomkraft

Nach Österreich (1978/1999), Deutschland (2000) und der Schweiz (2011) hat nun auch Italien endgültig „Nein“ zu einem Wiedereinstieg in die Atomkraft gesagt (Schweden hatte 1980 den Ausstieg beschlossen, den Beschluss allerdings 2009 wieder zurückgenommen). Italien hatte bereits 1986 nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl in einer Volksabstimmung den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen und seine vier AKW bis 1990 abgeschaltet. 2008 hatte dann die Mitte-Rechts-Regierung Berlusconis per Dekret einen Wiedereinstieg mit acht neuen Atomreaktoren beschlossen. Dieses Ansinnen wurde nun in dem zweitägigen Referendum von den Bürgern mit einer überwältigenden Mehrheit von über 93 Prozent abgeschmettert. Die Börse reagierte positiv auf das ablehnende Votum der Wähler. Und „der Markt hat immer recht“, konstatiert der Chef der Enel Green Power (EGP), der Tochtergesellschaft des halbstaatlichen Energiegiganten Enel. Es wird nun erwartet, dass Italien seine Energiepolitik der Entscheidung anpasst und die Förderung der Erneuerbaren Energien, die zuletzt eher inkonsequent war, forciert. So weist das sonnenreiche mediterrane Land mit knapp 6.000 MW nur rund ein Drittel der in Spanien installierten Kapazitäten auf. Bis 2020 soll allein die Photovoltaikleistung auf 23.000 MW ausgebaut werden. Mehr als sieben Milliarden Euro stellt der Staat hierfür als Incentives bereit. Derzeit werden in Italien 1,9 Prozent mit Geothermie erzeugt, 2,5 Prozent mit Wind und Sonne, 17 Prozent durch Wasserkraft und 78,6 Prozent mit Öl, Gas und Kohle. Rund 15 Prozent des benötigten Stroms wird importiert – laut Fabio Bocchiola, Direktor von Repower Italia, liege das an den verzerrten Preisen des „billigen“ Atomstroms. Der Atomstrom spiegelt nicht die reellen Kosten von Risiko (Unterversichert) und Endlagerung wider und ist dadurch künstlich verbilligt, behindert aber dadurch konkurrierende Kraftwerksleistung auf dem Markt. Dies werde sich nun laut Bocchiola mit dem Atomausstieg in Deutschland und der Schweiz ändern und Italien könnte vom Stromimporteur zum Stromexporteur werden. Im Zuge des Referendums lehnten die Italiener auch die umstrittene Privatisierung der Trinkwasserversorgung sowie Berlusconis Neuregelung der Immunität für Parlamentarier ab, mit der er sich erneut einer drohenden Strafverfolgung entziehen wollte.

 

 

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