Keine Leiharbeiterschwemme: Billiglöhner aus Osteuropa finden deutsche Löhne zu niedrig

Ab dem 1. Mai sind die deutschen Grenzen auch für osteuropäische Leiharbeiter geöffnet. Im Vorfeld war von einigen Seiten eine regelrechte Billiglöhnerschwemme erwartet worden. Die Zeitarbeitsfirma Manpower hat nun eine erste Bilanz gezogen: Polnische Geringverdiener kommen nicht in Scharen nach Deutschland. Ihnen seien die Löhne hier zu gering. Laut Manpower-Chefin Vera Calasan könne ein polnischer Leiharbeiter sieben Euro pro Stunde auch zu Hause verdienen. Calasan: „Leiharbeiter aus dem Niedriglohnbereich vermitteln wir gar nicht nach Deutschland, dafür gibt es keine Nachfrage.“ Ingenieure werden hingegen händeringend gesucht und könnten dann auch entsprechend gut verdienen. Calasan ist zudem der Ansicht, dass Zeitarbeiter in Deutschland über kurz oder lang genauso viel verdienen werden wie Stammkräfte. „Die Grundforderung ist ja nicht verkehrt. Das Problem ist die Umsetzung. Man muss es schrittweise machen und nicht überstürzt.“ Manpower bereite sich bereits „in Pilotregionen“ auf „Equal Pay“ vor. Allerdings seien die Unternehmen in der Regel nicht bereit, mehr Geld für geringqualifizierte Leiharbeiter zu zahlen.

Mitte April hatte Patrick De Maeseneire, Chef des weltgrößten Personalvermittlers Adecco, bereits eine gleiche Entlohnung von Leiharbeitern und Stammkräften – eine der Kernforderungen von Arbeitnehmervertretungen – als möglich bezeichnet. Im Gegenzug müsste laut De Maeseneire allerdings dann die Flexibilität erhöht werden. Er verwies dabei auf das Nachbarland Frankreich, wo das Equal Pay Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit bereits ähnlich wie in den Niederlanden umgesetzt wird, allerdings die Zeitarbeiter nur auf wöchentlicher Basis beschäftigt und entlohnt werden. Dieser Ansatz ist in Deutschland bislang noch nicht möglich.

Laut einer Studie des renommierten Schweizer Forschungsunternehmen Prognos von Anfang Mai, würde die deutsche Volkswirtschaft – entgegen zahlreicher Äußerungen, die das Lohndumping propagieren – erheblich von einer Korrektur des Niedriglohnsektors profitieren. Allein bei einem moderaten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde würde ein Plus von mehr als sieben Milliarden Euro in die staatlichen Haushalte fließen, ein deutlicher Beitrag zur Reduzierung der öffentlichen Defizite. Der Kaufkraftzuwachs der betroffenen Arbeitnehmer hätte zudem weitere bedeutende stimulierende Impulse für die Binnennachfrage und damit auf das Wirtschaftswachstum. Derzeit würden fünf Millionen Arbeitnehmer von einem Mindestlohn dieser Höhe profitieren. In den meisten unserer Nachbarländern existiert bereits ein höherer Mindestlohn als dieser Berechnung zugrunde gelegt ist: In Belgien (8,58 Euro), den Niederlanden (8,74 Euro), Frankreich (9,00 Euro) und Luxemburg (10,16) Euro. Insgesamt gibt es in 20 der 27 EU-Staaten einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn. In Deutschland dagegen gibt es nur branchenspezifische Lohnuntergrenzen, etwa beim Bau und der Pflege, die teilweise bei 6,50 Euro losgehen, für zahlreiche Branchen existiert kein Mindestlohn.

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