Lebe Deinen Traum! Es ist nie zu spät! Über Lebenschancen, Rucksäcke voller Steine und übereiltem Handeln…

… aus der wöchentlichen Business-Kolumne von Ulrich B Wagner mit dem Titel „Me, myself and I – eine Reise in sich hinein und über sich hinaus„.


Heute: Lebe Deinen Traum! Es ist nie zu spät!

Über Lebenschancen, Rucksäcke voller Steine und übereiltem Handeln…


Es war eine dieser Entscheidungen, die leicht fallen und zu denen es beiläufig kommt, weil es noch keine Furcht gibt und keinen Ballast, jenes gewichtige Wissen um das Leben. Es war eine der Entscheidungen, die durch Mut oder Torheit entstehen, die wir in der Jugend treffen, arglos und naiv, als wär’s ein Würfelwurf, und die dann das Leben lenken und all die anderen Leben verhindern, die möglich gewesen wären.

Klaus Brinkbäumer, in der Buchsprechung von David Mitchells neuem Roman „Die tausend Herbste des Jacob de Zoet“, in DER SPIEGEL, 36/2012

Es ist ja furchtbar und ein Segen, dass wir in jungen Jahren so motiviert sind, und zugleich keine Ahnung haben, welche Konsequenzen unsere Entscheidungen haben werden: Wüssten wir es, könnten wir sie nicht treffen: Seltsam, nicht wahr? Je früher wir entscheiden, desto langwieriger sind die Folgen. Und später mit 45 oder 55 Jahren, wenn wir das Leben kennen? Dann könnten wir weise Entscheidungen treffen und treffen sie nicht mehr. Wir sind erfahren und vorsichtig. Der Rucksack, den wir tragen, ist schwer geworden.
David Mitchell, in DER SPIEGEL, 36/2012

Als ich die obigen Zeilen vor ein paar Tagen im neuen DER SPIEGEL gelesen hatte, musste ich schlagartig innehalten, legte das Magazin zur Seite und kam für mich ins grübeln, fühlte mich angesprochen und ertappt, verharrte für einen Moment trotzig in diesem Gefühl, las die Zeilen wieder und wieder und notierte sie schließlich in meinem Notizbuch.

Warum ist das so? dachte ich in den letzten Tagen von Zeit zu Zeit, immer wieder. Warum sind wir in der Jugend so „energiegeladen“, treffen folgenschwere Entscheidungen aus der Hüfte heraus, die vielleicht dann nicht nur unser folgendes Leben lenken und beherrschen, sondern schlimmstenfalls – falls sich dann alles anders, schlimmer, aber auch als Albtraum herausstellt – wie gelähmt zu verharren, zu verzweifeln, um schließlich eines guten Tages auch noch zu resignieren, uns dem vermeintlichen Schicksal zu beugen und uns zu einem dieser allseits bekannten griesgrämigen älteren Menschen zu entwickeln, die ständig jammern und wehklagen, die Schuld jedoch in der Regel bei Anderen, bei höheren Mächten, der Gesellschaft oder sonstigem Außenstehenden verorten? (Nur so am Rande: Auch wenn man Al(b)pträume mit „p“ schreibt: Alben (Elfen) waren in der germanischen Mythologie für die Träume zuständig (siehe auch Nachtalb). Auf sie führte man die schlechten Träume zurück. Insbesondere stellte man sich die Alben bildlich meist in menschenähnlicher Gestalt auf der Brust des Schlafenden hockend vor, was ein unangenehmes Druckgefühl auslöste. Daher auch die ältere Bezeichnung Alb- oder Alpdruck. Der Alb an sich ist weitestgehend auch mit dem Elf/der Elfe verwandt. Wie auch immer. Machen Sie sich ruhig einmal ein paar Gedanken dazu, kann in der Nacht vielleicht helfen… siehe auch Wikipedia)

In dem einen Fall entscheiden wir uns irgendwie zu schnell, ohne die anderen Möglichkeiten, Chancen und Optionen erst einmal wahrzunehmen, zu betrachten und abzuwägen, mag dies auch in der Regel einem Mangel an Erfahrung und Wissen geschuldet sein. Sei es drum. Im anderen Fall, später vielleicht, wenn das Kind sprichwörtlich in den Brunnen gefallen ist, zögern wir, grübeln, werden ängstlich, verdrossen und schlimmstenfalls deprimiert oder gar schwer depressiv und handlungsunfähig, weil wir mittlerweile nur noch einen kleinen Ausschnitt vom Ganzen, nicht aber das Ganze mit seinen alternativen Wahlmöglichkeiten wahrnehmen können oder wollen, und handeln nicht mehr.

Randy Pausch, der früh verstorbene Informatiker und Miterfinder der Google-Benutzeroberfläche, sagte in seiner legendären letzten Vorlesung den Satz „Auf unserem Sterbebett werden wir nicht die Dinge bereuen, die wir getan haben – sondern die Dinge, die wir nicht getan haben“ (Randy Pausch, The last Lecture – die Lehren meines Lebens, auf deutsch als Taschenbuch erschienen bei Goldmann, 2010).

Erinnert hieran wurde ich an diese Aussage Mitte dieser Woche im Rahmen eines Seminars, in dem ich selbst als Referent auftrat, als der nachfolgende Referent Mike Fischer, den man getrost als unkonventionellen, leidenschaftlichen Unternehmer, Redner und Ideenfabrikant bezeichnen darf, im Rahmen seiner Veranstaltung zum Thema „Was zum Teufel machen die Erfolgreichen anders als die Anderen? Wie Sie überall Chancen finden“, aus dem Buch der australischen Sterbebegleiterin Bronnie Ware („The Top Five Regrets of the Dying: A Life Transformed by the Dearly Departing“, das meines Wissens derzeitig nur in englisch verfügbar ist) den Satz zitierte, den die Sterbenden am häufigsten zur Antwort auf die Frage gaben, was sie am meisten bedauerten: „Hätte ich doch den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu führen“ (!, Anmerkung des Kolumnisten).

Warum tun wir Menschen uns das an? Was lähmt uns so? Was bringt uns dazu, nicht mehr handeln? Oder anders gefragt: Warum nehmen wir unser Schicksal so „leichtfertig“ hin und ändern nichts, bevor es dann sprichwörtlich zu spät ist und dem Ende entgegen geht. Es gibt hier mit Sicherheit Schrankwände voll von Fachliteratur, Untersuchungen und Allerweltsliteratur. Ich selbst muss, wenn es mal wieder so weit ist in meinem Leben und der Frust oder der Schmerz so groß ist, immer an den iranisch stämmigen Neurologen, Psychiater und Begründer der positiven Psychotherapie Nossrat Peseschkian und sein Buch „Wenn du willst, was du noch nie gehabt hast, dann tu, was du noch nie getan hast“ (erschienen im Herder Verlag 2005) denken. In einer Kurzgeschichte gibt Nossrat Peseschkian eine alte Erzählung aus der persischen Mystik über einen erschöpften Wanderer wieder, der sich, ermüdet und ausgelaugt, immer weiter quält, fortlaufend sein Schicksal beklagt und in der Folge von weiteren Menschen immer wieder angesprochen wird, warum er sich und seinen Körper mit den unterschiedlichsten Lasten beschwerte. Darauf angesprochen warf er sie nach und nach ab, um am Ende frohen Mutes gen Zukunft zu wandern. Für Nossrat Peseschkian war dies eine Parabel auf den modernen Menschen, seinen Umgang mit Stress und persönlichem Schicksal und eine Bestätigung der neueren Stressforschung, die gezeigt hat, dass es nicht nur die äußeren Auslöser sind, die uns krank machen, sondern unser ganz persönlicher Umgang mit ihnen, also die Möglichkeit und Fähigkeit, das Ganze an sich zu betrachten statt eines kleinen Ausschnitts dieses Ganzen. Denken Sie einmal selbst in einer ruhigen Minute darüber nach. Ich möchte Ihnen diesbezüglich gerne eine weitere Anekdote mit dem Titel „Leid- oder Leitfaden: Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht“ aus dem Buch von Nossrat Peseschkian wiedergeben:

1. Szene:

Ich gehe die Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich falle hinein. Ich bin verloren… Ich bin ohne Hoffnung. Es ist nicht meine Schuld. Es dauert endlos, wieder herauszukommen.

2. Szene:

Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich tue so, als sähe ich es nicht. Ich falle wieder hinein. Ich kann nicht glauben, schon wieder am selben Ort zu sein. Aber es ist nicht meine Schuld. Immer noch dauert es lange, herauszukommen.

3. Szene:

Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich sehe es. Ich falle immer noch hinein… aus Gewohnheit. Meine Augen sind offen. Ich weiß, wo ich bin. Es ist meine eigene Schuld. Ich komme sofort heraus.

4. Szene:

Ich gehe dieselbe Straße entlang. Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig. Ich gehe darum herum.

5. Szene

Ich gehe eine andere Straße.

Wenn man die Möglichkeiten selbst nicht mehr sieht, ist es ratsam, sich mit „wahren“ Menschen, die es wahrhaft ernst mit einem meinen, auszutauschen, um wieder über den eigenen Tellerrand zu blicken, die „Betriebsblindheit“ abzuwerfen, um dann er-neut handlungsfähig werden zu können. Wir müssen handeln, lernen, die Dinge wieder, sprichwörtlich, selbst in die Hand zu nehmen, um uns zu befreien und um erfolgreich und glücklich zu sein. Dies ist keine Kolumne gegen das Nachdenken, Grübeln oder Abwägen an sich, sondern ein Plädoyer dafür, zu erkennen, wann es genug ist, sich selbst introspektiv zu foltern.

Lassen Sie mich daher nur kurz noch darauf verweisen, warum wir wahrscheinlich in unseren jungen Jahren wie selbstverständlich Entscheidungen aus der Hüfte heraus treffen, welches Ergebnis auch immer daraus erfolgt. Der Fachmann hat hierfür den Begriff des „Action Bias“ erfunden, einer Tatsache, dass wir in unklaren, uns nicht bekannten Situationen den Impuls verspüren, etwas zu tun, egal was, ob es helfen mag oder nicht. Danach fühlen wir uns in der Regel zwar erst einmal kurzfristig etwas besser, selbst wenn sich tatsächlich Nichts zum Besseren gewandelt hat. Dies mag, wie viele Autoren vermuten, noch aus unserer Zeit als „Jäger und Sammler“ stammen, für die wir auch optimiert zu sein scheinen. Eine Zeit, in der, angesichts eines heranrasenden Mammuts, Aktivität im Gegensatz zum Nachdenken überlebenswichtig war.

In unserer heutigen Welt ist scharfes Nachdenken jedoch nicht nur ratsam, sondern hilfreich, wenn es nicht zum lähmenden Grübeln und schließlich in die Resignation bzw. Depression führt.

Ich wünsche uns Allen dahingehend die Einsicht und den Mut, das eine von dem anderen unterscheiden zu können, und rechtzeitig wieder Herr über seinen eigenen Lebenstraum zu werden.

Herzlichst

Ihr Ulrich B Wagner

Zum Autor:

Ulrich B. Wagner, Jahrgang 1967, studierte Psychologie, Soziologie und Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang von Goethe Universität in Frankfurt am Main.

Er ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Kommunikation, Coaching und Managementberatung (ikcm) mit Sitz in Bad Homburg und Frankfurt am Main und gleichzeitig Dozent an der european school of design für Kommunikationstheorie sowie Werbe- und Konsumentenpsychologie.

Ulrich Wagner arbeitet als Managementberater und systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikations- und Rhetoriktrainings, Personalentwicklung, Begleitung von Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

Zu erreichen: via Website www.ikcm.de, via Mail uwagner@ikcm.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).

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