Leistungsschutzrecht: Wichtiges Signal oder massive Störung?

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) hat ein Meinungsbild unterschiedlicher Anspruchsgruppen zum Leistungsschutzrecht veröffentlicht:

Im Koalitionsvertrag vom 26.10.2009 wurde vereinbart, dass die Bundesregierung zur Verbesserung des Schutzes von Presseerzeugnissen im Internet die Schaffung eines Leistungsschutzrechts (LSR) für Presseverlage anstrebt. Nach dem ersten Referentenentwurf im Juni 2012 gab es wegen der Kritik von allen Seiten mehrere Änderungsphasen – nun hat die Bundesregierung die jüngste Fassung als Gesetzentwurf verabschiedet. Sollten diesem Bundestag und Bundesrat zustimmen, würden bislang (vergütungs-)freie Nutzungen selbst kleinster Textbausteine zustimmungs- und kostenpflichtig.

„Die Einführung des Leistungsschutzrechts für Presseverlage ist ein wichtiges Signal der Bundesregierung für den Schutz des geistigen Eigentums auch im digitalen Zeitalter“, erklärte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) dazu. Es könne nicht sein, dass profitorientierte Anbieter Inhalte im Netz gratis für gewerbliche Zwecke nutzen, für die Verlage und Journalisten investiert haben. Dem schließen sich der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) an und begrüßten, „dass Journalismus auch im Internet auf eine sichere Rechtsbasis gestellt wird“. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bewertete den Entwurf positiv, weil damit eine Lücke im Urheberrecht geschlossen und Presseverlegern ein ähnlicher Schutz wie anderen Werkmittlern gewährt werde.

Erhebliche Kollateralschäden

Doch ist das LSR, das weit über das geltende Urheberrecht hinausgeht, wirklich notwendig? „Gegen gewerbliche Kopisten können nach geltender Rechtslage nur die Urheber selbst wirksam vorgehen; die Verlage haben fast keine Handhabe“, meint Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer „Public Affairs” der Axel Springer AG. Viele deutsche Presseverlage behaupten, ihr Geschäftsmodell und sogar „der Qualitätsjournalismus an sich“ seien ohne Einführung des LSR in Gefahr.

„Ein umfassendes Verbotsrecht in Form eines LSR ist nicht notwendig“, betont hingegen Oliver Süme, eco Vorstand für Politik, Recht und Regulierung. „Das LSR soll die Verleger in die Lage versetzen, einfacher und umfassender gegen Rechtsverletzungen im Internet vorzugehen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine Regelung viel geeigneter, mit der Verlage ihre Rechte einfacher gerichtlich geltend machen können.“ Ein LSR schieße weit über das hierfür Erforderliche hinaus, ein Einschreiten des Gesetzgebers sei nicht erforderlich.

„Der Bundesregierung ist es bis heute nicht gelungen zu erklären, wozu es eines solchen neuen Schutzrechtes bedarf“, so der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Lars Klingbeil und der netzpolitische Sprecher der SPD Björn Böhning. Das LSR schränke die Informationsfreiheit und andere Grundprinzipien des Netzes ein. Sie fordern die Bundesregierung auf, „dieses unsinnige Vorhaben zurückzuziehen“, das LSR nütze den Kreativen und Kulturschaffenden nicht und sei von erheblichen Kollateralschäden begleitet.

Weniger Informationen, höhere Kosten und massive Rechtsunsicherheit

Wer nun überhaupt von der Zahlungspflicht betroffen ist, bleibt in dem Gesetzesentwurf vage. Das LSR „gewährt Presseverlegern eine angemessene Teilhabe an den Gewinnen, die Suchmaschinenbetreiber und Anbieter von mit Suchmaschinen vergleichbaren Diensten erzielen, indem sie die Leistungen der Presseverleger nutzen“, betonte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die Neuregelung bedeute keine Änderung der Nutzungsmöglichkeiten anderer Nutzer und für Verbraucher.

Das dementiert Google Deutschland deutlich: Der Beschluss sei „ein schwarzer Tag für das Internet in Deutschland“. Das Suchen und Finden im deutschen Netz werde „massiv gestört“, und er treffe nicht nur die gewerblichen Anbieter, sondern jeden Internetnutzer. „Dieser Eingriff in das Internet ist weltweit ohne Beispiel. Er bedeutet weniger Informationen, höhere Kosten und massive Rechtsunsicherheit.“

Damit weist das Unternehmen auf ein wichtiges Kernproblem des Entwurfs hin: Nach wie vor enthält der Gesetzestext zahlreiche völlig unbestimmte Begriffe, deren Klärung den Gerichten überlassen bleibt und für Jahre Rechtsunsicherheit schafft. „Er ermöglicht Verlagen, ganz massiv den freien Informationsaustausch im Internet zu stören. Die Wirtschaft leidet, weil legale Geschäftsmodelle plötzlich verboten und innovative Ideen nicht mehr realisierbar sind“, sagt Süme.

Jetzt bleibt abzuwarten, ob der Deutsche Bundestag dieses Gesetz stoppen wird.

 

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