Marktpositionierung und Geschäftsmodell (1/2) – Ein Modell für ein Geschäftsmodell

… aus der wöchentlichen Business-Kolumne von Til Roquette, Roquette Consulting, mit dem Titel „Strategische Marktpositionierung„.

In den letzten beiden Ausgaben – Bereiche zur Umsetzung der Marktpositionierung Teil 1 / Teil 2 – haben wir uns mit der Frage beschäftigt, in welchen Bereichen des Unternehmens die strategische Marktpositionierung Auswirkungen hat bzw. haben sollte. In den nächsten zwei Ausgaben möchte ich verdeutlichen, welch wichtige Rolle die strategische Marktpositionierung im Geschäftsmodell spielt – völlig unabhängig davon, welche Ausprägung das jeweilige Geschäftsmodell hat.

Modell eines Geschäftsmodells

Dafür möchte ich Ihnen in dieser Ausgabe eine kurze Einführung in ein Modell von Geschäftsmodellen geben, das Alexander Osterwalder vorgestellt hat.

In der nächsten Ausgabe werde ich dann anhand dieses Modells verdeutlichen, welche wichtige Rolle die strategische Marktpositionierung in jedem Geschäftsmodell spielt.

Nach Osterwalder besteht ein Geschäftsmodell aus neun Bausteinen:

Die Angebots- und Umsatz-Bausteine:

1. Werteversprechen: Zentrales Element eines jeden Geschäftsmodells ist das Marktangebot. Mehr dazu in im zweiten Teil dieser Ausgabe.

2. Zielkundensegment: Wir haben bereits gesehen, dass die Zielkunden quasi die „Rückseite der Medaille“ des Marktangebots ist: Wem versprechen wir diesen Mehrwert? Mehr dazu in im zweiten Teil dieser Ausgabe.

3. Kundenbeziehung: Welche Art von Kundenbeziehungen brauchen oder wünschen sich die Kunden in diesen Segmenten? Mehr dazu in im zweiten Teil dieser Ausgabe.

4. Kommunikations- und Distributionskanäle: Über welche Kanäle können und wollen wir unsere Zielkunden erreichen? Hier geht es um Kommunikationskanäle (Aufmerksamkeit erzeugen, Interesse wecken, Kaufentscheidung herbeiführen) wie auch um Distributionskanäle: der Kauf selbst, die Lieferung, die Zahlung, Kundendienst.

5. Umsatzströme: Diese vier Bausteine bestimmen, welche Art von Umsatz generiert werden kann. Für was sind die Kunden bereit zu zahlen: Eigentumserwerb oder Nutzung. Einmaliger Transaktionsumsatz oder wiederkehrender Umsatz (Abo, Miete, …). Festpreise, flexible Preise, dynamische Preise, …

Die Ressourcen- und Kostenbausteine:

6. Schlüssel-Aktivitäten: Welche Aktivitäten sind wesentlich, um unser Werteversprechen erfüllen zu können? Hier geht es nicht nur um Entwicklungs- und Produktionsprozesse (einschl. der Problemlösung bei Dienstleistungen). Sondern auch um alle Aktivitäten, um unsere Kommunikations- und Distributionskanäle etablieren und aufrechterhalten zu können. Und auch jene Aktivitäten, um die erforderliche Art der Kundenbeziehung (s.o.) zu etablieren und aufrechterhalten zu können. In mehrseitigen Geschäftsmodellen gehört dazu auch die Etablierung einer Plattform.

7. Schlüssel-Ressourcen: Welche physischen, menschlichen, geistigen (Ideen, Erfindungen, …), oder finanziellen Ressourcen sind erforderlich? In mehrseitigen Online-Geschäftsmodellen gehört dazu auch eine entsprechende Online-Plattform.

8. Schlüssel-Partner: Welche Partner sollten sinnvoller Weise gewonnen werden, um die Aktivitäten und Ressourcen zu realisieren? Neben den Hauptlieferanten können das auch Partner sein, an die wir bestimmte Aktivitäten und Geschäftsprozesse auslagern, entweder, weil sie keinen wesentlichen Wertbeitrag für den Kunden liefern oder weil uns die notwendige Kompetenz fehlt. Oder weil sie die Aktivitäten wesentliche effizienter durchführen bzw. die Ressourcen wesentlich günstiger zur Verfügung stellen können (z.B. durch Economies of Scale).

9. Kostenstruktur: Diese drei Ressourcen- und Kostenbausteine bestimmen im Wesentlichen die Kostenstruktur des Geschäftsmodells. Handelt es sich um ein kosten-basiertes Geschäftsmodell, bei dem es darum geht, kontinuierliche Kostenminimierung zu betreiben? Oder handelt es sich um ein Wert-basiertes Geschäftsmodell, bei dem eine Kostenminimierung im Widerspruch steht zur Wertschöpfung beim Kunden? Handelt es sich um ein ein Modell, das vor allem durch variable Kosten gekennzeichnet ist? Oder handelt es sich um ein Fixkosten-basiertes Geschäftsmodell, bei dem eventuell Economies of Scale oder Scope eine wichtige Rolle spielen?

Wie alles zusammen spielt

Es ist leicht zu verstehen, dass die Umsatzströme und Kostenstruktur zusammen die langfristige Profitabilität des Geschäftsmodells ergeben.

Dieses Modell ist höchst wertvoll, um Geschäftsmodelle zu verstehen, zu bewerten (v.a. Schwächen identifizieren), weiterzuentwickeln oder neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Es ist in dieser Hinsicht ein Kommunikationstool, mit dem sich alle an solchen Prozessen Beteiligten darauf einigen können, was überhaupt ein Geschäftsmodell ist, aus welchen Elementen es besteht, wie diese voneinander abhängen usw. Und es lässt sich relativ schnell ein Verständnis entwickeln für scheinbar undurchschaubare Geschäftsmodelle wie mehrseitige Geschäftsmodelle (z.B. Google, Apple iTunes, Kreditkarten), Long-Tail-Geschäftsmodelle (z.B. eBay), Kostenlos-Geschäftsmodelle (z.B. Facebook, Linux oder Skype).

Ich möchte Ihnen daher empfehlen, sich mit diesem Tool näher zu beschäftigen (A. Osterwalder, Y. Pigneuer, Business Modell Generation). Einen ersten Überblick erhalten Sie hier.

Spielen Sie dieses Modell mal anhand ihres Unternehmens durch. Sie werden überrascht sein, wie vollständig aber dennoch zügig sich Ihr Geschäftsmodell abbilden lässt und dabei eigentlich alle kritischen strategischen Fragen beantwortet. Es gibt sogar eine App für den iPad, mit dem man ein Geschäftsmodel schnell abbilden und durchrechnen kann.

Ausblick

Für die aufgeworfene Frage, welche Rolle die Marktpositionierung im Geschäftsmodell spielt, reicht diese (arg verkürzte) Darstellung des Geschäftsmodell-Modells von Osterwalder erst einmal aus. In der nächsten Ausgabe werden wir dieser Frage näher nachgehen. Die weiteren geplanten Inhalte der Kolumne finden Sie am Ende unter „Was erwartet Sie in den folgenden Ausgaben?“

Ihr Til Roquette

Abonnement

Diese Kolumne erscheint wöchentlich auf AGITANO sowie auf blog.roquette-consulting.de. Interessiert? Dann besuchen Sie jeden Freitag diese Kolumne. Oder abonnieren Sie die Kolumne per RSS. Oder lassen Sie sich per Twitter (@RqConsult), Xing (Til_Roquette) oder Google+ informieren, sobald die nächste Ausgabe erschienen ist.

Zum Autor

Geschäftsführender Inhaber von Roquette Consulting mit Sitz in Gröbenzell bei München. Fachmann für Marktpositionierung. Darauf spezialisiert, durch Justierung oder Neuausrichtung der Marktpositionierung das Marktangebot seiner Mandanten für deren Zielgruppe anziehender zu machen. Berät mittelständische B2B-Unternehmen, hauptsächlich aus IT und Technologie.
War vordem Gründer und Unternehmer, hat seine Firma erfolgreich verkauft. Davor Berater in namhaften Unternehmens- und Management-Beratungsgesellschaften sowie Geschäftsleitungsmitglied eines mittelständischen Softwarekonzerns.

Diplomvolkswirt und Master of Business Administration (MBA). Jahrgang 1965, verheiratet, 2 Kinder.

Weitere Informationen finden Sie unter www.roquette-consulting.de.

Was erwartet Sie in den folgenden Ausgaben?

• Marktpositionierung und Geschäftsmodell (2/2): Rolle der Marktpositionierung im Geschäftsmodell

• Wie entwickelt bzw. justiert man eine strategische Marktpositionierung?

• Welcher Aufwand und welche Veränderungen sind mit der Justierung der strategischen Marktpositionierung verbunden?

• Die Rolle von externen Beratern und Agenturen

• Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Justierung einer strategischen Marktpositionierung?

• Hidden Champions als Vorbild

• Marktpositionierung als Geschäftsmodell erfolgreicher Kapitalbeteiligungsgesellschaften

• Warum haben so viele Unternehmen keine funktionierende Marktpositionierung?

• Vermeintliche Management-Weisheiten und Trends als häufige Management-Irrtümer

• Literaturempfehlungen zu Marktpositionierung, Differenzierung, Markenbildung, und weiteren interessanten Themen

Aus aktuellem Anlass können andere Themen eingeschoben oder Inhalte variiert werden.

Themen der letzten Ausgaben

• Warum diese Kolumne?

• Fundament für erfolgreiche Vermarktung

• Das Schüssel-Schloss-Prinzip: Der Schlüssel zur richtigen Zielgruppe

• Betrifft Sie das Thema? Testen Sie sich!

• Der Wirkungsmechanismus: Auf welche Weise wirkt eine funktionierende Marktpositionierung in Marketing, Kundenakquisition und Umsatz?

• Exkurs: Positionierung vs. Markenentwicklung

• Welche Ziele verfolgen Sie mit einer Marktpositionierung?

• Marktpositionierung für B2B-Unternehmen?

• Was beinhaltet eine Marktpositionierung?

• „Differenzierung oder Sterben“ – Der USP als Herz der Marktpositionierung?

• Klare Eingrenzung der Zielkunden – Wie USP und Zielkundenabgrenzung zusammen hängen

• Durch welche Eigenschaften wird eine Marktpositionierung erfolgreich?

• Differenzierungsstrategien: auf einzigartige Weise besser sein (Teil 1)

• Differenzierungsstrategien: auf einzigartige Weise besser sein (Teil 2)

• Wer trägt die Verantwortung für die strategische Marktpositionierung?

• In welchen Bereichen sollte die Marktpositionierung umgesetzt werden? (Teil 1)

• In welchen Bereichen sollte die Marktpositionierung umgesetzt werden? (Teil 2)

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?