Der diesjährige „Public Eye People’s Awards“, der besonders gravierende Menschenrechtsverstösse und Umweltsünden von Unternehmen brandmarkt, geht an den brasilianischen Minienkonzern Vale und an die britische Großbank Barclays. Der Schmähpreis für besonders destruktive Unternehmenspraxis wird traditionell parallel zur Tagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) von der Erklärung von Bern (EvB) und der Greenpeace Schweiz verliehen. Der Anti-Preis geht dabei an jene WEF-Mitglieder und Unternehmen, deren soziale und ökologische Vergehen exemplarisch für die Kehrseite einer rein profitorientierten Globalisierung stehen und die jegliche sozio-ethische Verantwortung selbst im Keim vermissen lassen.
Der Publikumspreis ging mit einer Beteiligung von 88.766 Menschen an den brasilianischen Minenbetreiber Vale (25.041), knapp vor dem japanischen Skandal-AKW-Betreiber Tepco (24.245) und dem südkoreanischen Elektronikriesen Samsung (19.014). Vale ist der zweitgrösste Konzern Brasiliens. Weltweit ist Vale der zweitgrösste Minenkonzern und der grösste Eisenerzhersteller. Der Minenkonzern fällt immer wieder durch Menschenrechtsverstösse, unmenschliche Arbeitsbedingungen und rücksichtslose Naturausbeutung auf. Vale ist derzeit auch an dem Bau des Belo-Monte-Staudamms im Amazonas beteiligt. Für 11 Milliarden Dollar soll das mit 11 GW das drittgrößte Kraftwerk der Welt entstehen. Für die Staufläche von der Größe des Bodensees müssen rund 40.000 Menschen umgesiedelt werden, die weder Mitspracherecht noch Entschädigungen erhalten.
Der Jurypreis ging dieses Jahr an die britische Großbank Barclays für deren ausufernde Spekulationen mit Nahrungsmitteln. Für das leicht verdiente Geld ohne realen Mehrwert müssen die Ärmsten weltweit durch die Preissteigerungen ihrer Lebensmittel am meisten bezahlen: Allein im zweiten Halbjahr 2010 wurden weltweit 44 Millionen Menschen durch steigende Nahrungsmittelpreise in extreme Armut gedrängt – sie können sich oftmals noch nicht einmal mehr die künstlich überteuerten Lebensmittel leisten. Im Endeffekt setzten sich die Spekulanten einfach in die Wertschöpfungskette und saugen Kapital aus der Realwirtschaft, ohne jeglichen Nutzen für den Rest der Welt außer ihnen selbst. Die Masse an Verbrauchern überweist dann über die höheren Preise den „Star-Bankern“ direkt deren Gewinn.
Der international hoch angesehene US-Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Professor Joseph E. Sitiglitz hielt anlässlich der Verleihung der Schmähpreise an die „übelsten Unternehmen 2012“ ein flammendes Plädoyer für mehr Verantwortung gegenüber den Menschen und der Umwelt. „Um unseren Planeten und unsere Gesellschaft zu schützen, sind zwei Sachen grundlegend. Zum Einen brauchen wir staatliche Regulierungen, um Missbrauch zu verhindern. Es braucht aber noch mehr; Einzelpersonen und Unternehmen müssen ihre Vorstellung von Eigeninteresse ausweiten. Die privilegiertesten Menschen und Gesellschaften dieser Erde werden nicht für immer von den Konsequenzen verschont bleiben. Es ist also im Interesse aller, – sogar der reichsten 1 % – dass es unserem Planeten gut geht, und dass der Graben zwischen den Reichen und den Armen sich nicht noch mehr vertieft.“ In Bezug auf die Public Eye Awards forderte Stieglitz: „Mit diesen Nominationen wurden einige der schlimmsten Auswüchse von unverantwortlichem Handeln von Unternehmen des letzten Jahres benannt. Nun ist es wichtig, nicht nur zu benennen, was genau an ihrem Verhalten gegenüber den Arbeitnehmenden und der Umwelt falsch ist, sondern auch systematische Verbesserungen zu fordern – des Anreizsystems, der rechtlichen Grundlagen und unserer eigenen Erwartungen und Forderungen an Unternehmen als Global Citizens. Nur dann können wir hoffen, dass nachhaltige und faire Unternehmenspraktiken zukünftig die Regel und nicht die Ausnahme sind.“ (Auf Youtube sind Kurz-Videos zu den jeweiligen nominierten Unternehmen zu sehen, Link zu der entsprechenden Kategorie.)
(mb)