Ein Forschungsteam an der Universität Bayreuth hat eine äußerst wirksame und zugleich flexible Schutzschicht für hochempfindliche Bauteile entwickelt.
Elektronische Bauteile von High-Tech-Produkten, beispielsweise organische Leuchtdioden (OLEDs) oder Dünnschichttransistoren, können bereits durch geringste Mengen von Sauerstoff oder Wasserdampf geschädigt werden.
Die Elektronikindustrie ist daher dringend an Beschichtungen interessiert, die solche hochempfindlichen Bauteile luftdicht versiegeln. Glas hat sich dabei nur eingeschränkt bewährt. Es wird derzeit beispielsweise zum Schutz von OLEDs in hochwertigen Smartphones verwendet, doch die Displays werden dadurch starr und bruchanfällig.
Einem Forschungsteam um Prof. Dr. Josef Breu an der Universität Bayreuth (Lehrstuhl Anorganische Chemie I) ist es jetzt aber gelungen, eine äußerst wirksame Schutzschicht herzustellen, die durchsichtig ist und infolge ihrer Biegsamkeit eine lange Haltbarkeit verspricht. Im internationalen Fachjournal "Advanced Materials" stellen die Wissenschaftler ihre neue Entwicklung vor.
Riesige Silikatscheiben und kettenförmige Kunststoffe: Bausteine einer neuartigen Schutzschicht
Die neuartige Schutzschicht besteht aus vielen übereinanderliegenden Ebenen. Jede Ebene setzt sich aus winzigen Bausteinen zusammen, die nur wenige Nanometer hoch sind und sich in ihrem dreistufigen Aufbau gleichen. Die Mitte bilden künstlich erzeugte scheibenförmige Schichtsilikate. Deren Oberfläche ist zehnmal größer als Schichtsilikate, die in der Natur – beispielsweise in vulkanischen Gesteinen – vorkommen. In den Bayreuther Laboratorien der Anorganischen Chemie ist es gelungen, diese ungewöhnlichen Schichtsilikate, die mindestens 5000 mal so breit wie hoch sind, zu synthetisieren.
Beidseitig sind an den Silikatscheiben kettenförmige Kunststoffmoleküle verankert, die für die Anwendung in einer luftdichten Schutzschicht optimiert wurden. Die gesamte, aus diesen Bausteinen gebildete Schutzschicht gehört damit zu der in den letzten Jahren intensiv erforschten Materialklasse der Nanokomposite. In diesem Fall ist das Nanokomposit aus vernetzten Kunststoffmolekülen und darin eingelagerten Schichtsilikaten aufgebaut, die als Füllstoff fungieren. Solche Nanokomposite werden derzeit in dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich „Von partikulären Nanosystemen zur Mesotechnologie“ an der Universität Bayreuth untersucht.
Effizienz und Flexibilität: Vorteile des neuen Nanokomposits
Die innerhalb der Matrix übereinander liegenden Ebenen von Schichtsilikaten sind in der Lage, das Eindringen von Sauerstoff- oder Wassermolekülen weitgehend zu unterbinden. Die Silikatscheiben fungieren als Riegel, die diesen Molekülen den direkten Weg quer durch die Schutzschicht versperren. Infolgedessen müssen Sauerstoff- oder Wassermoleküle auf dem Weg durch die Schicht riesige Umwege zurücklegen und werden dabei ausgebremst. Dementsprechend verringert sich die Zahl der Moleküle, die pro Zeiteinheit die Schicht durchdringen können – was die Lebenserwartung des elektronischen Bauteils erheblich steigert.
Beim Schutz von High-Tech-Elektronik hat die Kombination aus einer Polymer-Matrix mit künstlichen Schichtsilikaten einen entscheidenden Vorteil, wenn man sie mit den etablierten Schutzschichten aus Glas vergleicht. Die gesamte Beschichtung ist flexibel und kann sich möglichen Verformungen anpassen, statt gleich zu zerbrechen. Diese Fähigkeit verringert die Wahrscheinlichkeit, dass Leuchtdioden, Transistoren oder andere Bauteile während des Transports beschädigt werden. Durch die neuen Schutzschichten ist das langfristige Ziel, biegsame Displays herstellen zu können, deutlich näher gerückt.
Prof. Dr. Josef Breu und seine Mitarbeiter haben die verwendeten Schichtsilikate auch mit alternativen Füllstoffen verglichen. Das Ergebnis: Eine derart ausgeprägte Flexibilität und Undurchlässigkeit der Schutzschicht lässt sich nur mit synthetischen, nicht aber mit den in der Natur vorkommenden Silikaten erzielen.
Ein kostengünstiges Herstellungsverfahren, zum Patent angemeldet
Für die Herstellung der neuen Nanokomposite haben die Bayreuther Wissenschaftler ein kostengünstiges Verfahren entwickelt, das im Industriemaßstab realisiert werden kann. Die dreistufigen, aus Silikaten und Kunststoffmolekülen bestehenden Bausteine lassen sich dabei großflächig auf die elektronischen Bauteile aufstreichen. Aufgrund ihrer Scheibenstruktur ordnen sich die Schichtsilikate automatisch parallel zueinander aus. Durch eine nachfolgende Behandlung mit ultraviolettem Licht erhält die hochgeordnete Matrix ihre Festigkeit. Wegen der hochinteressanten industriellen Anwendungspotenziale, insbesondere bei der nachhaltigen Sicherung von High-Tech-Produkten, ist diese Erfindung mittlerweile zum Patent angemeldet worden.
Weitere Informationen auf www.sfb840.uni-bayreuth.de/
(Quelle: Christian Wißler / Universität Bayreuth)