Vor dem Gespräch der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Bundesländer haben Ministerpräsident David McAllister sowie Umwelt- und Energieminister Dr. Stefan Birkner in Hannover die niedersächsischen Positionen zu den aktuellen Fragen der Energiewende dargelegt.
David McAllister und Dr. Stefan Birkner erklärten:
„Die im letzten Sommer beschlossene Energiewende ist eine gigantische Herausforderung. Wir sind jetzt alle gefordert: Bund, Länder und Kommunen. Die bereits erzielten Fortschritte sollen nicht kleingeredet werden. Nun müssen wir uns auf die Lösung der wirklichen Probleme konzentrieren. Dabei stehen die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit besonders im Mittelpunkt.
Die Entwicklung der Erneuerbaren Energien an Land macht gute Fortschritte. Dies zeigt sich auch an den Darstellungen in den Länderberichten und den umfangreichen Analysen der verschiedenen Bundesministerien. Der Bund muss aber geeignete Anreize entwickeln, damit die notwendigen Regelkraftwerke und Stromspeicher zeitnah gebaut werden. Dabei sollte auch die Idee eines „Kapazitätsmarktes" geprüft werden, damit die Bereitstellung von Regel- oder Speicherenergie bezahlt werden kann. Dabei könnte es Sinn machen, diese Kraftwerke in den Netzbetrieb zu überführen, um die Versorgungssicherheit im Zeitalter der dezentralen Einspeisung von erneuerbaren Strom garantieren zu können. Notwendig ist eine intensivere Abstimmung der Zielsetzungen und Instrumente zur Umsetzung der Energiewende. Wichtig ist ein gemeinsames Monitoring des Umsetzungsprozesses.
Niedersachsen will und wird einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der Energiewende leisten. Die Landesregierung hat durch Vorlage des Niedersächsischen Energiekonzepts gezeigt, dass wir bis 2020 rein rechnerisch den gesamten Stromverbrauch aus Erneuerbaren Energiequellen abdecken können. Dabei ist die Einspeisung aus Offshore-Windparks noch nicht einmal eingerechnet. Wir haben im April bereits die zweite Offshore-Trasse (sog. Emstrasse) im Landesraumordnungsprogramm gesichert und die Häfen Emden und Cuxhaven „offshoretauglich" gemacht. Durch die Möglichkeit zur Teilverkabelung können wichtige „Energiewende-Trassen" in Niedersachsen aufgrund der hohen Akzeptanz beschleunigt genehmigt werden. Dazu muss der Netzbetreiber allerdings auch seine Anträge zeitnah stellen.
Wir sind uns alle einig: Ohne einen beschleunigten Netzausbau kann die Energiewende nicht gelingen. Der aktuelle Stand der Verfahren zeigt aber, dass es noch keinen Verzug gibt, wenn wir die tatsächliche Entwicklung bewerten. Die vorliegenden Länderberichte machen deutlich, dass der notwendige Ausbau bis 2017 realisierbar ist. Nun ist ein abgestimmter Fortschrittsbericht zur aktuellen Entwicklung des Netzausbaus unter Einbezug der Ländererfahrungen geboten. Dabei muss der Schwerpunkt auf die für die Energiewende relevanten Trassen gelegt werden. Der für Mitte 2012 angekündigte Bundesbedarfsplan sollte unbedingt mit den Ländern vorbesprochen werden, um die Rahmenbedingungen für eine Umsetzung abstimmen zu können. Dazu gehört auch eine wesentlich bessere Beteiligung der Öffentlichkeit.
Die Offshore-Windenergie hat ein großes Potenzial und ist eine wesentliche Säule der Energiewende. Die nicht ausreichende Kapitalausstattung der Netzbetreiber ist aktuell das größte Problem. Es muss gelöst werden, um die Netzanbindung zu gewährleisten. Zum Anschluss von Offshore-Windkraftanlagen an das deutsche Stromnetz und beim Ausbau dieser Netze sind ergebnisorientierte Lösungen nötig. Denkverbote darf es dabei nicht geben. Die möglichen Lösungen reichen dabei von der Bildung einer einheitlichen deutschen Übertragungsnetzgesellschaft bis hin zu einer Beteiligung des deutschen Staates. Wichtig ist zudem, dass nach Abstimmung des Bundesnetzplans zügig mit dem Netzausbau begonnen wird. Bisher sind insgesamt 30 Offshore-Projekte in der Nord- und Ostsee durch den Bund bzw. die Länder genehmigt worden. 19 dieser Projekte werden über Niedersachsen angebunden (rund 7.000 MW Leistung). Die Unternehmen könnten heute bereits in über 10.000 MW genehmigte Offshore-Windparks investieren, wenn die Randbedingungen geklärt werden. Der Bund hat jetzt die noch offene Haftungsfrage bei den Netzanschlusszusagen zu klären, damit zügig investiert werden kann. Neben den gestoppten Ausschreibungsverfahren sind darüber hinaus mindestens zwei bereits vergebene Netzanbindungen von verzögerter Abwicklung betroffen. Niedersachsen bittet die Bundesregierung, einen Masterplan Offshore vorzulegen – wie von den norddeutschen Ministerpräsidenten beschlossen.
Die Blockade der steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung im Vermittlungsausschuss muss beendet werden. SPD und Grüne sind in der Pflicht. Es muss jetzt ein rasches Ergebnis im Vermittlungsausschuss erreicht werden, da dieses Thema klima- und energiepolitisch sinnvoll ist. Dieses Thema muss gemeinsam mit vergleichbaren Instrumenten wie dem KfW-Programm und dem Energie- und Klimafonds besprochen werden. Im Interesse des Klimaschutzes gilt es, Anreize für freiwillige energetische Sanierungen und auch Teilsanierungen zu geben. Einerseits die Energiewende fordern und andererseits eine Lösung zu blockieren ist wenig glaubwürdig."