Die niedersächsischen Kandidaten für künftige UNESCO-Welterbeanträge der Bundesrepublik stehen fest: Das Land meldet jetzt die beiden einzigartigen Kulturlandschaften „Altes Land" und die „Rundlingdörfer im Hannoverschen Wendland" für die sogenannte Tentativliste an. Da die bestehende Liste voraussichtlich ab 2016 abgearbeitet sein wird, können die 16 Bundesländern jeweils bis zu zwei neue Kandidaten anmelden.
„Wir wollen mit unseren Vorschlägen für die Tentativliste den hohen Ansprüchen der UNESCO gerecht werden. Deshalb haben wir alle fünf Bewerbungen in einem zweistufigen Verfahren durch Experten prüfen lassen. Unsere beiden Kandidaten erfüllen das UNESCO-Kriterium des ,außergewöhnlichen universellen Wertes‘. Beide vertreten die bisher unterrepräsentierten Kategorie der „Kulturlandschaften, was die Chance auf Berücksichtigung erhöht", sagte Kulturministerin Prof. Dr. Johanna Wanka.
Niedersachsen kann wie alle Bundesländer zwei Vorschläge bei der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) einreichen. Im vergangenen Jahr hatte sich das Kulturministerium mit den Kommunalen Spitzenverbänden abgestimmt und alle Kommunen, die untere Denkmalschutzbehörden sind, um Vorschläge für mögliche Welterbestätten gebeten. Beworben haben sich neben den beiden ausgewählten Kandidaten die Kulturlandschaft „Lüneburger Heide", die Lüneburger Altstadt und die Sigwardskirche in Idensen (Stadt Wunstorf).
Die „Rundlingsdörfer des Hannoverschen Wendlandes" sind eine Auswahl von zwanzig prägnanten hochmittelalterlicher Kolonisationssiedlungen im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Sie gehören zu den unterrepräsentierten Kategorien der Kulturlandschaften und der bäuerlichen Architektur. Ihre Einzigartigkeit drückt sich durch das Zusammenspiel eines prägnanten Ortsgrundrisses, einer großen Dichte an giebelständig auf den zentralen Platz ausgerichteten Niederdeutschen Hallenhäusern sowie einer regional spezifischen Ausprägung dieses Haustyps aus.
Das „Alte Land" gehört ebenfalls zu den unterrepräsentierten Kategorien der Kulturlandschaften und der bäuerlichen Architektur. Die Landschaft ist ein herausragendes Beispiel einer hochmittelalterlichen Kolonisation durch Entwässerung des Sumpflandes durch holländische Siedler. Die damals angelegten linearen Strukturen der Landschaft sind gut erhalten, die zugehörigen Siedlungsstrukturen werden durch einen reichen und dichten bäuerlichen Gebäudebestand ergänzt. Auch der heute vorherrschende Obstanbau weist eine Kontinuität seit dem späten Mittelalter auf.
Niedersachsen wird seine beiden Kandidaten bis zum 31. Juli bei der KMK melden. Der Kulturausschuss der KMK wird dann im kommenden Jahr alle Ländervorschläge von einer eigenen Expertengruppe evaluieren lassen. Das Ergebnis legt er wiederum der KMK zur Beschlussfassung vor. Dabei wird eine Auswahlentscheidung getroffen, wer überhaupt zum Zuge kommen soll und zugleich eine zeitliche Reihenfolge für die erweiterte Tentativliste festgelegt.
Der Hansestadt Lüneburg wurde für ihren Antrag „Altstadt Lüneburg empfohlen, gemeinsam mit vergleichbaren „Salzorten" einen sogenannten transnationalen, seriellen Antrag anzustreben. Mit den Antragstellern für die Kulturlandschaft Lüneburger Heide wurde erörtert, ob ebenfalls ein solcher Antrag gemeinsam mit anderen „agro-pastoralen" Orten sinnvoll ist. Diese Art von Anträgen werden unabhängig von nationalen Tentativlisten bei der UNESCO bearbeitet. Damit haben sie ebenfalls zusammen mit Partnern die Chance, Weltkulturerbe zu werden.
Niedersachsen besitzt bereits vier UNESCO-Welterbestätten: das Wattenmeer als Weltnaturerbe sowie die UNESCO-Weltkulturerbestätten Hildesheimer Dom St. Mariae und der Kirche St. Michael, dem Erzbergwerk Rammelsberg, Altstadt Goslar und seit 2010 erweitert um die Oberharzer Wasserwirtschaft sowie seit vergangenem Jahr das Fagus-Werk in Alfeld (Leine).