„Sauhaufen“ oder Hochleistungsteam – wie ich mein Team erfolgreich führe

… aus der zweiwöchentlichen Themenserie „Die ersten 100 Tage zählen! So machen Sie ihre ersten 3 Monate als Führungskraft zum Erfolg“ von Volker Schneider.

Der Traum der neuen Führungskraft: „Ich werde das ideale Team haben!“

Ich habe „das ideale Team“ gegoogelt und 1 Milliarde Ergebnisse bekommen. Nun habe ich mir nicht die Zeit genommen alles zu lesen, sondern nur ein paar Seiten. Sonst wäre dieser Artikel erst im März 2016 erschienen. Zwei Aspekte scheinen mir dominant zu sein. Ein ideales Team erfüllt seine Aufgaben, ist also erfolgreich. Und ein ideales Team setzt sich aus einer Mischung unterschiedlicher Menschentypen zusammen, die diesen Erfolg erst möglich macht. Damit sind die beiden wichtigsten Elemente in Bezug auf Teamentwicklung für die neue Führungskraft auch schon genannt. Suche die richtigen Leute aus und seid zusammen erfolgreich.

So weit, so gut. In einer idealen Welt könnten wir auch leicht ideale Teams bilden. In der realen Welt muss sich die neue Führungskraft mit den Realitäten in dem neuen Team beschäftigen. Und die sind nicht wirklich immer ideal. Die Frage, wann ein Team erfolgreich ist, wird aus unterschiedlicher Perspektive auch unterschiedlich betrachtet. Für das Unternehmen sind im Wesentlichen Produktivität und Zielerreichung der Maßstab. Für das Team selbst spielen Ziele eine Rolle, wenn diese als sinnvoll und erreichbar bewertet werden. Aber die Zusammenarbeit im Team hat für die Teammitglieder auf jeden Fall große Bedeutung. Für die Führungskraft in seiner Sandwich-Position ist es sowohl als auch. Was nun die Zusammensetzung des Teams betrifft, haben neue Führungskräfte meistens keinen oder nur einen sehr geringen Einfluss. Das Team ist in der Regel schon da, wenn die neue Führungskraft eintrifft.

Heute sind parallele Strukturen Alltag der meisten Führungskräfte. Ein Teil der Aufgaben werden in der Linienorganisation bearbeitet, ein anderer Teil in Projektorganisationen. Das bedeutet für einen Teil der Teammitglieder die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Teams und Führungskräften. Das macht es wieder nicht einfacher. Aber ungeachtet ob Linie, Projekt oder Mischzustand. Ich will hier einige Aspekte nennen, die in jeder Konstellation für eine erfolgreiche Teamführung notwendig sind.

Erfolgreiche Teamführung

Erfolgreiche Teamführung braucht zunächst und vor allem eine führungsintelligente Führungskraft. Und hier ist zuerst das Unternehmen gefordert. Die Verantwortlichen müssen ein Höchstmaß an Sorgfalt darauf verwenden, die „richtige“ Führungskraft zu bestimmen. Und das ist dann unsere neue Führungskraft, die wir erfolgreich machen wollen. Die Aspekte wie Selbststeuerung, Erwartungen usw. wurden in dieser Kolumne schon diskutiert und haben hier natürlich große Bedeutung.

Warum zunächst der Blick auf die Führungskraft? Zum einen bin ich davon überzeugt, die Qualität der Teamführung hat einen überragenden Einfluss auf den Erfolg des Teams und seiner Mitglieder. In meiner eigenen Führungspraxis habe ich es oft genug erlebt. Einzelne Mitarbeiter und ganze Teams standen sehr in der Kritik. Am liebsten hätte man sich von denen getrennt. Unter neuer Führung haben diese ansprechende, ja manchmal herausragende Leistungen erbracht.

Zum anderen erlebe ich neue Führungskräfte, die den Fokus ausschließlich auf das Team und die Teammitglieder richten. Führungskräfte können gut beschreiben, welchen Mehrwert die Teammitglieder bzw. das Team für das Unternehmen und die Führungskraft erbringen sollen. Auch den eigenen Wert für das Unternehmen beschreiben sie meist noch recht ausführlich. Dann stelle ich gerne die Frage nach dem Mehrwert, den die Führungskraft für das Team und die Teammitglieder erbringt. Im realen Gespräch entsteht an dieser Stelle meist eine Denkpause. Sofern die Führungskraft über Fachkompetenz verfügt, wird die Unterstützung in fachlichen Fragen genannt. Ist dies nicht der Fall (und der nimmt zu) höre ich Aussagen wie, ich sorge dafür, dass das Team insgesamt erfolgreich ist und andere wertvolle Allgemeinplätze. Meine Erwartungen an eine neue Führungskraft gehen deutlich darüber hinaus. Ein kleiner Auszug: sie setzt ihre Stärken gezielt ein, um Mitarbeiter so zu führen, dass diese ihren Anteil an der Erreichung der Teamziele beitragen können. Sie weiß, dass auch sie sich selbst ständig verbessern muss, um Höchstleistungen erbringen zu können. Ihr Engagement hat zum Ziel, die bestmöglichen Umfeld- und Arbeitsbedingungen für die Teamarbeit zu schaffen. Sie übernimmt die Verantwortung für die eigenen Fehler. Sie kommuniziert Erfolge nach außen als Erfolge des Teams. Sie vermittelt den Teammitgliedern den Sinn der Teamarbeit. Ich weiß, manche Entscheidung im Unternehmen führt dazu, dass negative Stimmung entsteht und der Sinn in Frage gestellt wird. Das macht die Aufgabe schwerer. Heißt aber nicht, dass Sinnvermittlung für Teamarbeit deshalb nicht möglich ist. Sondern nur, dass die Führungskraft hier besonders intelligent vorgehen muss.

Vielfalt als Chance

Unterschiedliche Charaktere zu verschmelzen, ermöglicht der neuen Führungskraft, Unterschiede als Chance und nicht als hinderlich anzusehen. Dies erfordert Offenheit und die Bereitschaft, sich miteinander auseinanderzusetzen. Die Teammitglieder sollen Übereinkünfte und Spielregeln für die gemeinsame Arbeit und den Umgang untereinander finden. Aber bitte nicht nach dem Motto „Friede-Freude-Eierkuchen“, alle haben sich schrecklich lieb. Es muss auch diskutiert und gestritten werden können. Wichtig: in wirklich erfolgreichen Teams ist kein Platz zur Profilierung von Einzelinteressen. Beim Handeln als Teammitglieder stehen Teaminteressen im Vordergrund. Frei nach dem Motto: „Frage nicht, was das Team für dich tun kann, frage vielmehr, was du für das Team tun kannst.“

Fokussierung auf die Gegenwart

In gut funktionierenden Teams gibt es vergleichbare Muster, die die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen. Eines davon: die Teammitglieder fokussieren sich auf die Bearbeitung der gegenwärtigen Herausforderung. Vergangenheit dient lediglich für „Lessons Learned“. Das Team verschwendet keine Energie für Vergangenheitsbewältigung. Es hält sich nicht lange damit auf, zurückliegende Ereignisse zu analysieren und wieder und wieder und wieder aufzuarbeiten.

Die Zukunftsorientierung beschränkt sich im führungsintelligenten Team darauf, die langfristigen und strategisch wertvollen Ziele nicht aus dem Blickwinkel zu verlieren. Ansonsten aber gilt die Konzentration ganz der gegenwärtigen Aufgabe. Dieser Gedanke soll gerade für neue Führungskräfte hilfreich sein. Nicht verzetteln, nicht Zuviel auf einmal wollen, sondern Konzentration auf die Gegenwart.

Zum Schluss noch eine Anmerkung. In den letzten Wochen hatte ich gehäuft Gespräche, in denen sich Führungskräfte mehr Harmonie in ihrem Team gewünscht haben. Sie glauben, dass Harmonie Teams erfolgreicher machen. Ich bin überzeugt, dass es zwischen echter Harmonie und Erfolg keinen kausalen Zusammenhang gibt. Ganz im Gegenteil, ich bin überzeugt, dass Harmoniebedürfnisse sogar öfter hinderlich als hilfreich sind.
Als Mitglied der Wertekommission e.V. biete ich Führungskräften gerne einen unserer Kernwerte als Alternative an: Respekt.

Also gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung, Achtung von Verhaltensweisen und Leistungen der Kollegen, Mitarbeiter und Vorgesetzen und den Verzicht auf die Dominanz der eigenen Denkweisen. Gerade neue Führungskräfte, haben gute Chancen, so die Basis für Teamerfolg zu schaffen.

Ihr Volker Schneider

Zum Autor:

Volker Schneider ist Dipl. Betriebswirt, Speaker, Trainer und Coach. Er gilt als maßgebender Experte für Führungsintelligenz. Seine Karriere begann er im Polizeidienst als Streifenbeamter und Zivilfahnder. Danach wechselte er in die Wirtschaft, wo er lange Jahre erfolgreich in verschiedenen Geschäftsführerpositionen und als Vorstandsvorsitzender einer mittelständischen Aktiengesellschaft tätig war.

Heute ist er Inhaber eines Beratungsunternehmens und gibt sein Wissen zum Thema „Intelligenz führt“ in seinen souveränen und humorvollen Vorträgen weiter. In seinen fundierten Seminaren vermittelt der Experte, wie Führungsintelligenz als Antwort auf die Komplexität in Unternehmen aktiv zu implementieren ist. In seinen Coachings unterstützt er auf Augenhöhe Führungskräfte dabei, ihre Führungsrollen und ihr Führungsverständnis weiter zu entwickeln und ihre Mitarbeiter zu aktiven Mitgestaltern des Unternehmens zu machen. „Erfolgreiche Unternehmen brauchen intelligente Führungskräfte – keine Vorgesetzten“ ist seine Kernbotschaft.

Volker Schneider ist Professional Member der GSA – German Speakers Association. Weitere Informationen finden Sie auf seiner Website unter www.volkerschneider.net.

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