Souverän Durchsetzen – Teil 6: Statusspiele

… die zweiwöchentliche Kolumne von und mit Katharina Maehrlein, SURFconsult und 5-Sterne-Trainer.

Wenige Tage nach seinem Wahlsieg im November 2009 besuchte Barack Obama mit seiner Gattin das Weiße Haus. Als Hausherr empfing ihn der Präsident der Vereinigten Staaten, George W. Bush. Die Begrüßungsszene machte Geschichte. Der junge Senator aus Illinois deklassierte den mächtigsten Mann der Welt innerhalb weniger Sekunden: Obama ging mit aufrechter Haltung und stetem Augenkontakt auf Bush zu, ergriff seine Hand und fasste den deutlich älteren Mann mit der Linken am Oberarm. Dies wirkte souverän und gönnerisch. Wenige Augenblicke später bewegten sich der Präsident und sein designierter Nachfolger in Richtung Haupteingang. Obama wies Bush den Weg und überließ ihm den Eintritt- als sei er bereits Herr des Hauses. Was Obama mit seiner Körpersprache zum Ausdruck brachte, ist nichts anderes als Statusverhalten. Die Signale, die er ausstrahlte, sind Statussignale. Formal bekleidete Obama nicht den hohen Rang, den Bush zu diesem Zeitpunkt noch inne hatte. Doch aufgrund seines Wahlsieges fühlte er sich innerlich überlegen, und das zeigte er – freilich ohne George W. Bush auf offensichtlich arrogante Weise zu behandeln.

Dass es in der Politik um Statusfragen geht, ist keine Frage. Bei Bundestagsdebatten oder wenn Staatschefs sich begrüßen, untersuchen wir die eingefangenen Fernsehbilder automatisch danach: Wer zeigt durch seinen Auftritt, dass er höher steht als sein Gegenüber? Wessen Aussagen haben mehr Gewicht? Wie verteilt sich die Macht?

In unserem Alltag aber blenden wir das Thema meist aus. Wie wir uns im privaten Miteinander, vor allem aber auch am Arbeitsplatz, unentwegt über- oder unterordnen darüber wird kaum gesprochen. Meist machen wir es uns noch nicht einmal klar. Dabei sind Dominanz und Unterordnung notwendige Elemente der Kommunikation. Über Statussignale schränken uns andere ein und kontrollieren uns. Von unserem Gegenüber gesendete starke Hochstatus-Signale hemmen uns in unserer Kreativität und unserem Ausdruck. Das Gleiche tun wir umgekehrt mit anderen. So kann es zu schweren Konflikten kommen, in denen es herausplatzt: „ Sie akzeptieren mich nicht“ oder „Dauernd stellst Du Dich über mich!“ oder „Sie halten sich wohl für etwas Besseres“.

Nicht nur im Hinblick auf Streitsituationen ist es lohnend, sich gezielt mit dem eigenen Status auseinander zu setzen. Eine permanente Statusreflexion kann verhindern, dass es überhaupt zu manchen Konflikten kommt. Darüber hinaus bewirkt die Beschäftigung mit Statusfragen noch viel mehr, insbesondere auch für Führungskräfte, die in Sandwich-Positionen stecken. Sie können sich durch bewusstes Statusverhalten in Ihrer Rolle als Führungskraft besser positionieren und in jeder Situation Akzeptanz finden, bei ihren Mitarbeitern ebenso wie bei den höhergestellten Verantwortungsträgern.

 

Unmerklich, in jeder Interaktion, in jeder Geste, jeder Mimik, jedem Satz handeln wir aus, wer in der aktuellen Situation das Sagen hat. Es gibt im beruflichen Kontext keine Gesprächssituation, in der Menschen denselben Rang teilen. Auch wenn der Rangunterschied oftmals nur minimal ist, ein gewisses Gefälle ist immer vorhanden. Da wir unseren Status bei jeder Begegnung neu aushandeln, haben wir in jedem Gespräch die Wahl: wir können uns als überlegen und dominant präsentieren und klare Grenzen setzen. Dann senden wir Hochstatussignale an unser Gegenüber. Wir zeigen wenig Mimik, sprechen in klaren, kurzen Sätzen, bewegen uns ruhig, machen ausladende Gesten und nehmen uns in unseren Ausführungen viel Zeit.

 

Oder wir präsentieren uns als jemand, der sich unterordnet. Im Tiefstatus lassen wir dem anderen Raum und stellen Nähe her, indem wir lächeln, sprachliche Weichmacher wie „vielleicht“ und „ein bisschen“ verwenden, den Kopf zur Seite legen und körpernahe Gesten zeigen. Je nach Ausprägung – die Dosis macht das Gift – wirken wir im Hochstatus souverän bis hin zu arrogant oder aggressiv. Im Tiefstatus bekommen wir eher Sympathie und bauen Brücken. Wenn die Tiefstatussignale allerdings übertrieben werden, erscheinen wir unsicher und unterlegen.

Sie sollten vor jeder Aktion eine Wahl treffen: was ist Ihrem jeweiligen Ziel dienlich? Dabei geht es keinesfalls darum, immer ein Hochstatusverhalten an den Tag zu legen. Im Gegenteil: wer etwa als Manager eine Unternehmensstrategie vorantreiben will, muss im Statusspiel mitunter tiefstapeln, sich auf die Ebene der Mitarbeiter begeben und die Mitarbeiter gleichzeitig erhöhen, um sie für die neue Strategie zu gewinnen. Wichtig ist nur, das Ziel im Auge zu behalten, dann kann das Tiefspielen den Weg zum Ziel und zu wirklich souveräner Durchsetzungskraft ebnen.

Mehr zum Thema "Statussignale und was Sie dabei beachten sollten" im nächsten Teil. Ich stelle Ihnen dann auch das von mir entwickelte Modell zum "Status-Signal-System®" vor.

Bis dahin wünsche ich Ihnen eine selbst-bewusste und gute Zeit!

Herzlichst

Ihre  Katharina Maehrlein

 

Zur Person:

Katharina Maehrlein ist NLP Lehrtrainerin DVNLP, zertifizierter Coach und Lehrcoach, (Master of Science systemisch-analytisches Coaching), schreibt als freie Journalistin Artikel für Fachzeitschriften wie ManagerSeminare und Kommunikation & Seminar und ist Inhaberin von SURFconsult in Wiesbaden und 5 Sterne Trainerin.

 

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?