Streit über die Höhe der Aufsichtsratsvergütungen – im Schnitt 300.000 im Jahr

Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiert wie die Bezüge der Unternehmenslenker großer Konzerne. Der kräftige Wirtschaftsboom in Deutschland hat zu einem Umsatzplus bei den deutschen Top-500-Konzernen von im Schnitt 11,8% in 2010 geführt. Der krisenbedingte Einbruch 2009 hatte rund 8% betragen, so dass in diesem Bereich unterm Strich das Vorkrisenniveau bereits wieder überschritten wurde. Parallel kam es auch zu deutlichen Lohn- und Gehaltszuwächsen, die jedoch ziemlich ungleich verteilt sind: Die Vergütungen der Vorstandsmitglieder der DAX-Konzerne legte im Schnitt um 22% auf durchschnittlich 2,9 Millionen Euro zu, während die Löhne der Arbeitnehmer lediglich um 2,7% zulegten, also nur knapp über der Inflationsrate. Die Vergütung der MDAX-Vorstände stieg ebenfalls deutlich um 18% auf durchschnittlich 1,55 Millionen Euro.

Nun argumentiert die Beratungsgesellschaft Towers Watson, dass die Vergütungen der Aufsichtsräte „auf Augenhöhe“ mit denen der Vorstandsvorsitzenden sein müssten. Die Aufsichtsräte der DAX-Unternehmen erhalten aber im Schnitt nur 297.800 Euro in diesem Jahr (+9%). Spitzenverdiener unter den Aufsichtsratsvorsitzenden ist Ferdinand Piëch von VW mit 785.500 Euro. Dabei ist der Arbeitsaufwand für einen einfachen Aufseher relativ überschaubar: Der Aufsichtsratsvorsitzende eines großen Dax-30-Unternehmens sollte auf ungefähr 80 bis 100 Arbeitstage kommen, ohne die Verantwortung des Vorsitzes ist der Aufwand deutlich geringer. Laut Schätzungen von Towers Watson muss ein Aufsichtsratschef deutlich weniger für sein Geld arbeiten: ein halber bis voller Tag pro Woche genüge. Angenommen, Piëch würde doch einen ganzen Tag pro Woche für seine Aufsichtsratsarbeit aufwenden, dann würde er hierfür 15.106 Euro pro Tag verdienen.

Allerdings ist die Bandbreite der Vergütung sehr groß: Der Aufsichtsratschef von Merck, Rolf Krebs, wird dieses Jahr mit 68.000 Euro noch nicht einmal 10% von Piëch verdienen. Allerdings ist der Aufwand der Tätigkeit ebenfalls sehr unterschiedlich: Während Merck 2010 mit nur vier Sitzungen auskam, tagte der Aufsichtsrat der Deutschen Bank 33-mal.

Die Urteile über die Vergütung gehen ebenfalls stark auseinander. Ralph Lange von Towers Watson verteidigt die Höhe der Vergütungen. Dies sei eine Reaktion auf die „gestiegenen Anforderungen an die Aufsichtsratstätigkeit“. Anschließend fallen die üblichen Begriffe: „gewachsene Komplexität der Aufgaben“, „verschärfte Haftung“, „steigende Internationalisierung der Unternehmen“, „größere Dynamik der Märkte“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hingegen kritisiert die bestehende Entwicklung scharf und setzt das Einkommen ins Verhältnis mit vergleichbaren Tätigkeiten innerhalb der deutschen Wirtschaft: „Die durchschnittliche Vergütung der Aufsichtsräte ist deutlich zu hoch.“ Ein einfaches Aufsichtsratsmitglied sollte 3.000 bis 5.000 Euro am Tag bekommen, was in etwa dem Tagessatz eines Seniorberaters in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entspräche. Das wären aufs Jahr gerechnet etwa 80.000 bis 120.000 Euro. Die Aufsichtsratschefs sollten das 1,5-fache dieser Vergütung erhalten, also maximal 180.000 Euro pro Jahr. Denn, so eine weitere Argumentation, wer viel Geld verlange, würde nicht unbedingt automatisch auch besonders gute Arbeit leisten.

Zudem fordern auch Aktionärsvertreter einen Wandel weg von variablen Gehältern der Aufsichtsräte hin zu Fixgehältern. Dadurch würden sie weniger abhängig von dem Erfolg des Vorstandes und könnten diesen dann erst objektiv kontrollieren. Zudem sei der Aufsichtsrat gerade dann besonders gefordert, wenn es dem Unternehmen schlecht geht, also die erfolgsabhängigen variablen Anteile der Vergütung sinken.

Einen Überblick über die Gehälter der Aufsichtsratsvorsitzenden der 30 DAX-Konzerne bietet Spiegel Online.

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