Studie: Börsenzocker rangieren sogar noch hinter Psychopathen

Eine Studie der Universität St. Gallen legt objektiv und wissenschaftlich dar, was spätestens seit der Finanzkrise 2008 und dem sukzessiv zu Tage getretenen Details des enormen Zockergebahrens auf den internationalen Finanzmärkten bereits vielfach angenommen wurde: Der typische Börsenmakler rangiert von seiner Fähigkeit her, ein zuverlässiges Mitglied der Gemeinschaft zu sein, noch hinter waschechten Psychopathen.

Untersuchungsgegenstand war die Kooperationsbereitschaft und der Egoismus von Profi-Börsenhändlern. Thomas Noll, Vollzugsleiter des Schweizer Gefängnisses Pöschwies: Die Börsenmakler verhielten sich im Ergebnis „zum Beispiel noch egoistischer und risikobereiter als eine Gruppe von Psychopathen, die den gleichen Test absolvierte.“ Dies führe zu höchst seltsamen Verhaltensweisen, die die wirtschaftsliberalen Theorien über die freien Marktmechanismen ad absurdum führen: Statt sachlich und nüchtern auf den höchsten Profit hinzuarbeiten, „ging es den Händlern vor allem darum, mehr zu bekommen als ihr Gegenspieler. (…) Und sie brachten viel Energie auf, um diese zu schädigen.“ Noll weiter: Es sei in etwa so gewesen, als hätte der Nachbar das gleiche Auto, „und man geht mit dem Baseballschläger darauf los, um selbst besser dazustehen“.

Die Wissenschaftler können den festgestellten Hang zur Zerstörung nicht erklären, vor allem, da die Aktienhändler mit ihrem destruktiven Verhalten noch nicht einmal mehr Gewinn als die Vergleichsgruppen erzielten. Das Verhalten ist höchst irrational und widerspricht auch dem wirtschaftstheoretisch wichtigem Postulat des Homo oeconomicus – der von der Psychologie und der Soziologie in zahlreichen Untersuchungen zu Motivation, Gerechtigkeit, Egoismus und Sozialem bereits eindeutig widerlegt wurde. Bekanntestes Beispiel ist das so genannte Ultimatumspiel: Es besteht aus zwei Spielern. Einer erhält 100 Euro und kann sie nach seinem Belieben mit dem zweiten Spieler aufteilen. Der zweite kann der getroffenen Aufteilung nur zustimmen oder ablehnen, dann erhält keiner etwas. Nach der wirtschaftsliberalen Lehre müsste der zweite Spieler jegliches Angebot annehmen, da selbst nur ein Euro besser/rationaler als kein Euro wäre. Allerdings zeigt die Praxis, dass der Mensch auf Gerechtigkeit wert legt und daher in der Regel Angebote unter 30% (also 30 Euro) ablehnt und somit keiner etwas erhält. Begriffe wie Moral, Ethik und Altruismus sind in der wirtschaftsliberalen Lehre jedoch Fremdwörter und müssen daher als Leitplanken über Regeln von der Politik den Märkten vorgegeben werden. Ein weiteres Beispiel sind Affen, die für die gleiche Arbeit unterschiedlich belohnt werden. Der Affe, der keine Banane erhält, die Belohnung des anderen aber sieht, wird sehr ungemütlich. Also sogar Affen erkennen das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit. Wer hier das Todschlagargument der Neidkultur anführt sollte sich lieber zuvor mit dem Thema einmal eingehend auseinandersetzen, Gerechtigkeit ist ja nicht mit einer utopischen absoluten Gleichheit gleichzusetzen.

Die Zockermentalität vieler Börsenmakler wird häufig auch in dem Zusammenhang mit dem staatlichen Vorgehen gegen die Spielsucht gestellt: Der Europäische Gerichtshofs hatte im September 2010 den deutschen Glücksspielstaatsvertrag für unzulässig erklärt, weil darin nicht das Ziel verfolgt werde, die mit dem Glücksspiel einhergehende Spielsuchtgefahr effektiv zu bekämpfen. Ein staatliches Wettmonopol sei aber nur zulässig, wenn damit auch die Spielsucht konsequent bekämpft werden würde. Die Bevölkerung müsse vor der Spielsucht geschützt und besonders der Jugendschutz gewährleistet werden. Denn Glücksspiel kann zur Spielsucht entarten und wird dann psychologisch therapiert. Vielfach wurde im Zuge dessen gefragt, wann der äquivalenten Spielsucht und Wettleidenschaft an den Börsen konsequent begegnet wird. Spielsüchtige gibt es in „schmuddeligen“ Spielhallen wie auch im Anzug auf dem Börsenparkett – während Erstere therapiert werden, streichen Letztere Millionen bis hin zu Milliardenprofiten ein. Erstere werden als krank beurteilt, letztere haben aufgrund des Egoismus und der kaum vorhandenen Freizeit so gut wie keine festen sozialen Bindungen und sind erfolgsabhängige Workaholics – gelten aber nicht als krank, sondern sehen sich unter einander als erfolgreich an.

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