Total will als erster Öl-Multi auf Ölforderung in der Arktis komplett verzichten

Die umstrittene Förderung der reichen Ölvorkommen in der Arktis verzögert sich weiter.  Vor wenigen Tagen hat der russische Energie-Gigant Gazprom den Start der ersten russischen Ölförderung in der Arktis aus Sicherheitsgründen und wegen extremer Kosten verschoben. Auch der britisch-niederländische Öl-Multi Shell hat nach einer Pannenserie mit der Technik die geplanten Bohrungen auf nächstes Jahr verschoben – Shell und Gazprom gehören zu den ersten Konzernen, die mit der Förderung beginnen wollen. Nun hat der Chef des französischen Energie-Multis Total, Christophe de Margerie, nachgelegt: In der Arktis sollte überhaupt kein Öl gefördert werden, weil die Umweltrisiken dort einfach viel zu hoch seien. Ein Öl-Unfall in dem sensiblen Ökosystem der Arktis „wäre ein Desaster“ und würde auch dem Image des betreffenden Konzerns zu sehr schaden.

Total hat sich damit als erstes globales Ölunternehmen öffentlich komplett gegen eine Förderung in der Arktis ausgesprochen. Dies betrifft allerdings nicht die geplanten Gas-Bohrungen in der Arktis, denn Gasunfälle seien besser beherrschbar als Öl-Lecks.

„Kalter Krieg“ um die Rohstoffe der Arktis:

Insgesamt lagern in der Arktis schätzungsweise 13% der weltweiten Ölvorkommen und 30% der weltweiten Erdgasreserven. Russland beansprucht dabei rund zwei Drittel der Arktis für sich. Noch im laufenden Jahr will Moskau eine Erweiterung der Grenzen seines arktischen Festlandsockels bei der zuständigen UN-Kommission erreichen.

Der schwedische Arktis-Botschafter Gustaf Lind betonte allerdings am Rande der internationalen Konferenz „Auf dem Nördlichen Seeweg zur strategischen Stabilität und gleichberechtigten Partnerschaft in der Arktis“ im August 2011, dass es zwischen den Arktis-Anrainern keine Konflikte um die Rohstoffe der Arktis gebe, lediglich einen Kampf. „Es wäre falsch, die Situation in der Arktis wie einen neuen Kalten Krieg oder eine Goldfieber-Stimmung zu beschreiben. Es gibt eine Konkurrenz, und das ist normal. Dies ist ein Kampf um Ressourcen, und das ist Realität.“

Die geplanten Förderungen in der Arktis:

Im September 2011 hatten der US-Ölmulti ExxonMobil und das zu 75% staatlich kontrollierte Ölunternehmen Rosneft eine Vereinbarung zur gemeinsamen Erschließung der Arktis geschlossen. Zunächst sollen 3,2 Milliarden Dollar in die Ölförderung in der arktischen Karasee investiert werden. Die gemeinsamen Investitionen in die gesamten Projekte werden auf insgesamt rund 200 bis 300 Milliarden Dollar geschätzt, der Nutzeffekt auf rund 500 Milliarden Dollar. Das Ölvorkommen allein in der russischen Karasee wird auf rund 36 Milliarden Barrel Öl und 110 Milliarden Barrel  Öläquivalente geschätzt – das Vierfache der derzeit nachgewiesenen Reserven von Exxon weltweit. Für die geplanten Förderarbeiten in der Karasee seien mindestens zehn Bohrinseln notwendig, von denen jede bis zu 15 Milliarden Dollar kostet.

Im Mai 2012 haben der größte russische Ölförderer Rosneft (Staatskonzern) und sein norwegisches Pendant Statoil vereinbart, zwischen 65 und 100 Milliarden Dollar in den gemeinsamen Abbau der arktischen Ölvorkommen in der Barentssee und im Ochotskischen Meer zu investieren. Für die Erkundungsarbeiten wurden allein rund 2,5 Milliarden Dollar veranschlagt. Norwegen ist der achtgrößte Ölexporteur und der zweitgrößte Gasexporteur weltweit. Statoil kommt in Deutschland auf einen Marktanteil von 22%, sein russischer Konkurrent Gazprom auf 27% (der Nettogewinn von Gazprom betrug 2011 rund 40 Milliarden Dollar).

Der niederländisch-britische Öl-Multi Shell wollte bereits im September 2012 mit den Bohrarbeiten vor der arktischen US-Küste Alaskas beginnen, eine Lizenz seitens der US-Regierung wurde kurz zuvor erteilt. Anfang September 2012 war es dann das erste Mal seit mehr als zwei Jahrzehnten, dass ein Bohrkopf den Meeresgrund der Tschuktschensee vor Alaska berührte. Kurze Zeit darauf traten dann die ersten, für das Unternehmen nach eigenem Bekunden unerwarteten Probleme, mit vorbeitreibendem Packeis und der technischen Ausrüstung auf. Die weiteren Bohrungen wurden nun vorerst auf nächstes Jahr verschoben.

Nach Berechnungen vom April 2012 benötigt Russland rund 33,5 Milliarden Euro um sein Programm zur Entwicklung der Arktis bis 2020 zu verwirklichen. Für die längerfristige Erschließung des russischen Festlandsockels in der Arktis bis 2050 werden rund 500 Milliarden Dollar direkter Investitionen in die Öl- und Gasbranche benötigt sowie weitere rund 300 Milliarden Dollar, die in Nebenzweige wie die Hochveredelung von Kohlenwasserstoffen fließen. Laut dem damaligen Regierungschef Putin sei eine der Hauptforderung an die in der Arktis fördernden Konzerne der Einsatz umweltfreundlicher Technologien: „Diese Technologien sollen die Umweltbelastung auf ein Minimum reduzieren. Wichtig ist, danach zu streben, dass lieber überhaupt nichts ins Weltmeer gekippt wird.“

(mb)

 

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