Wenn Sie popeln, vernichten Sie Arbeitsplätze

… aus der Kolumne von ElSchnuppero.

Bald ist Bundestagswahl und damit einhergehend scheint auch Wahlkampf zu sein. Auf Seiten der SPD wartet man zwar immer noch darauf, dass sich der hauseigene Kanzlerkandidat aus dem Steinbrückschen Cocont herauspellt und schmetterlingsgleich an die Spitze der Umfragewerte flattert. Die Zeichen dafür stehen jedoch schlecht, da sich der eigentliche Wirt, standhaft weigert der sozialdemokratischen Hoffnung den Weg zu ebnen. Doch das ist nur einer der vielen Nebenschauplätzen des Wahlkampfes. Denn die Hauptschlacht findet wie immer auf den Zungen der Politiker statt, die zur Bewahrung ihrer Macht, ihres Geldes und ihrer Privilegien um die Gunst des Wählers palavern.

Eines der Hauptthemen jedes Wahlkampfes sind Steuern. Jene ständig verteufelte Institution, die den Staatsapparat am Leben erhält und deren Höhe für ständige Diskussionen sorgt. So wird es auch in diesem Jahr sein. Partei A schreit Steuern runter und prompt wird aus dem Walde das automatisierte Echo erschallen: „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“

Nun gut, wird sich Partei B denken, wenn Steuern bei A nicht gezogen haben, rennen wir dem nächsten Thema hinterher: Dem Mindestlohn. Also propagiert man öffentlichkeitswirksam die Einführung eines flächendeckenden, branchenunabhängigen Mindestlohnes, von dem die deutsche Bevölkerung auch ohne Hartz IV-Zusatz-Leistung leben kann. Doch wieder ertönt das Echo: „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“

Partei C wird langsam hellhörig und beschließt in eine andere Richtung zu gehen. Man reimt sich zusammen, dass die Menschen ja irgendwo wohnen müssen und dabei bemerkt man, wie Gentrification (ein aus der Stadtsoziologie kommender Begriff, der spezifische sozioökonomische Umstrukturierungsprozesse in städtischen Wohngebieten als ein Phänomen der sozialen Ungleichheit beschreibt) die Mietpreise in den Städten in aberwitzige Höhen treibt. Also spricht man sich für die Deckelung von unverschämten Mietpreiserhöhungen aus. Und erneut kann man quasi postwendend vernehmen: „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze! … ähmmmm, ne, Wohnraum!“

Das Arbeitsplatz-Argument ist mittlerweile eine mehr als nervtötende Sofortreaktion der Unternehmerverbände, der Industriekammern und deren Dachverbandes, der FDP. Natürlich gibt es Maßnahmen, die sich eventuell nachteilig für die Arbeitsplatzentwicklung auswirken können, das bestreitet niemand. ABER: Mittlerweile ist es so, dass angekündigte Reformen gebetsmühlenartig mit diesem Totschlagargument abgekanzelt werden, ohne die Thematik näher zu beleuchten und dabei auch die langfristigen Folgen zu evaluieren. Vielmehr positioniert man sich auf dem eigenen Dorfplatz, schwingt Fackel und Forke und schreit „Hexe! Hexe!“

Schon allein bei dem oben angesprochenen Terminus Mindestlohn rollen sich den Lobbyverbänden, Kammern und Organisationen die Zehennägel auf. Schließlich will man gar nicht daran denken, wie viele Arbeitsplätze vernichtet werden, wenn eine Friseuse statt 3,50 Euro endlich 8,50 Euro verdienen würde. Man kann diese zuckungsartigen Reflexe bei fast allen Themen beobachten:

  • Atomkraftwerke weg? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Waffenexporte verbieten? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Ein Grundeinkommen? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • NPD verbieten? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Uli Hoeneß in den Knast? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Lobbyismus unter Strafe stellen? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Das Nachtflugverbot? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Lügen im Wahlkampf strafbar machen? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Mit Diktatoren keine Geschäfte mehr machen? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • DSL-Geschwindigkeit nicht drosseln? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Home-Ehe? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“
  • Popeln Sie? „Damit vernichten Sie Arbeitsplätze!“

Haben Sie diesen Artikel gelesen? Dann haben Sie gerade Arbeitsplätze vernichtet. Glücklich?

In diesem Sinne

Gez.:ElSchnuppero

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