Vertrauen… die soziale Komponente, die alles zusammenhält

… aus der wöchentlichen Business-Kolumne von Ulrich B Wagner mit dem Titel „Me, myself and I – eine Reise in sich hinein und über sich hinaus„.

Heute: Vertrauen…
die soziale Komponente, die alles zusammenhält

Vertrauen ist eine Oase im Herzen, die von der Karawane des Denkens nie erreicht wird.
Kalil Gibran

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!
Lenin

Vertrauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, dass man an seiner Stelle lügen würde.
Henry Louis Mencken

Es ist wirklich so ein Ding mit dem Vertrauen. Irgendwie wissen wir, zumindest unbewusst, alle, dass sich unsere Welt ohne Vertrauen über kurz oder lang in Wohlgefallen auflösen würde. Es entstünden keine Freundschaften, keine Geschäftsbeziehungen, keine Verträge und keine persönlichen Erfolge. Vertrauen stärkt uns den Rücken, es entlastet uns. Es ermöglicht uns auch Dinge zu tun, von denen wir anfangs vielleicht glauben, weder die Ressourcen, geschweige denn die Fähigkeiten dazu zu haben. Ohne ein gewisses Selbstvertrauen, dem gesunden Gefühl für die eigene Person und Persönlichkeit, verlören wir nicht nur den Glauben an uns selbst, sondern in den meisten Fällen auch unsere Handlungsfähigkeit. Schlimmstenfalls sind wir sprichwörtlich gelähmt von unserem Misstrauen und unseren Ängsten.

Spätestens seit den kontinuierlichen Krisenmeldungen und der scheinbaren politischen Willkür der vergangenen Zeit, ist Vertrauen und Vertrauensverlust jedoch in aller Munde. Doch wie entsteht Vertrauen am Anfang einer Beziehung, und wie bzw. wann endet sie? Wobei wir den zweiten Teil der Frage in der Regel einfacher und schneller beantworten können.

Auf meinem wöchentlichen Ausflug in die Frankfurter Buchläden bin ich dabei auf ein sehr interessiertes Buch des Luzerner Philosophen Martin Hartmann gestoßen, der diesen Fragen unter dem Titel Die Praxis des Vertrauens sehr lesenswert auf den Grund geht, und das ich jedem interessierten Leser nur empfehlen kann.

Wie der Titel des Buches schon verrät, ist Vertrauen nicht etwas, das allem anderen vorausgeht, sondern eine Praxis, die sich aus Handlungen, gemeinsamen Werten, Glauben und Verhaltensweisen ableitet und im Alltag eine instrumentelle Funktion besitzt.

Vertrauen ist, wie die einführenden Zitate schon gezeigt haben, sehr vielfältig. Vertrauen kann nicht nur eine Oase des Gefühls sein, sie ist es auch, denn pures Misstrauen macht nicht nur krank, sondern einsam und kalt. Vertrauen entlastet uns auch von Dingen des täglichen Lebens: Wir vertrauen beispielsweise einer Fluggesellschaft, dass ihre Piloten wirklich Piloten sind, und keine Automechaniker oder Büroangestellte. Man vertraut also überall dort, wo Kontrollen zu aufwendig oder Fähigkeiten und Kenntnisse unsererseits fehlen, wie Hartmann betont.

Doch nicht jede Vertrauensgemeinschaft ist wiederum gut, was sich im Fall von Kindesmissbrauch oder ähnlichen schlimmen Fällen zeigt. Vertrauen kann auch dumm sein, wenn man es sich einredet bzw. meint, es sich einreden zu müssen, denn echtes Vertrauen kann man fühlen. Es ist daher auch sinnlos, das Vertrauen einzufordern oder einzuklagen. Dies gilt nicht nur in privaten Beziehungen, sondern insbesondere auch in Unternehmen und in der Politik. Denn Vertrauen ohne Glaubwürdigkeit ist wie Schwimmen ohne Wasser. Oder anders gesagt, basiert Vertrauen auf drei Säulen: Wertschätzung, Respekt und Glaubwürdigkeit. Gerät auch nur ein Träger des Fundaments ins Wanken, wird das gesamte Konstrukt Vertrauen brüchig und fragwürdig.

Vertrauen beruht aber auch auf dem Glauben an soziale Wechsel- und Gegenseitigkeit. Wir können zwar in der Regel keine Garantien aussprechen, doch das Gefühl, dass Andere eine gleichartige Vertrauenspraxis ausüben, die schädliche Effekte von Dritten abhält, und darüber hinaus auch ähnliche Werte, Codizes und Verhaltensweisen pflegen, lässt Vertrauen per se erst einmal zu.

Ohne Vertrauen ist ein geordnetes soziales Miteinander nicht möglich. Wie jedoch soll eine Gesellschaft Vertrauen haben in ein Wirtschaftssystem und eine Gesetzgebung, das, wie Jakob Augstein es jüngst in seiner Kolumne auf Spiegel-Online nannte, einem Milliardenunternehmer wie Anton Schlecker erlaubt hat, einen Konzern mit 30.000 Mitarbeitern und 6,5 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2010 nach den gleichen Regeln zu führen, nach denen üblicherweise ein Zeitungskiosk geführt wird. Und warum sollten einigermaßen „gesunde“ Menschen einer Partei vertrauen, dessen Vorsitzender Philip Rösler die meist zu Hungerlöhnen beschäftigten Frauen zynisch aufruft, sich schleunigst um eine „Anschlussverwendung“ zu kümmern.

Es gilt daher mit Sicherheit für das Vertrauen dasselbe, was Jakob Augstein in seiner lesenswerten Kolumne zum Thema Gerechtigkeit anführte: Was ist Gerechtigkeit? Da gilt, was Augustinus über die Zeit sagte: Wenn niemand danach fragt, weiß man es. Will man es aber einem Fragenden erklären, weiß man es nicht.

In diesem Sinne wünsche ich uns Allen wieder mehr Miteinander, das Vertrauen endlich wieder zulässt, und somit auch mehr Gerechtigkeit für alle bedeuten kann.

Ihr Ulrich B Wagner

Zum Autor:

Ulrich B. Wagner, Jahrgang 1967, studierte Psychologie, Soziologie und Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang von Goethe Universität in Frankfurt am Main.

Er ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Kommunikation, Coaching und Managementberatung (ikcm) mit Sitz in Bad Homburg und Frankfurt am Main und gleichzeitig Dozent an der european school of design für Kommunikationstheorie sowie Werbe- und Konsumentenpsychologie.

Ulrich Wagner arbeitet als Managementberater und systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikations- und Rhetoriktrainings, Personalentwicklung, Begleitung von Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

Zu erreichen: via Website www.ikcm.de, via Mail uwagner@ikcm.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).

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