Wachstumsprognosen für 2012 auf 0,8 bis 1,2% gesenkt

Das exorbitante Wachstum aufgrund des Nachholeffekts der Finanzkrise dürfte 2012 einem deutlich langsameren Wachstum weichen. Die beiden Wirtschaftsinstitute Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) und das Institut für Weltwirtschaft IfW haben gestern ihre Prognosen für das deutsche Wirtschaftswachstum für das kommende Jahr 2012 gesenkt. Das HWWI erwartet nun ein Wachstum von 1,2% statt zuvor 2,2%, das Kieler IfW rechnet nun mit einem Zuwachs von 0,8% statt wie bislang mit 1,6%. Für das laufende Jahr werde es jedoch noch ein robustes Wachstum von 2,8% geben, bislang war das IfW noch von 3,6% ausgegangen.

Beide Institute betonten jedoch auch, dass es je nach der weltwirtschaftlichen Entwicklung durchaus noch schlechter ausfallen könnte. Größte Probleme seien die US-PIGS, also die Schuldenstaaten USA, Portugal, Irland, Griechenland und Spanien sowie auch Japan. Die Wissenschaftler riefen die Politik auf, hier endlich nachhaltige Lösungen zu finden. „Die Probleme sind keineswegs gelöst und die Risiken für eine noch deutlich ungünstigere Entwicklung sind nach wie vor groß. Die weltweiten Turbulenzen an den Börsen sind Ausdruck dessen und drohen über Vertrauens- und Vermögenseffekte auf die Realwirtschaft überzugreifen.“

Deutschland stehe jedoch noch vergleichsweise gut da: Der Arbeitsmarkt bleibe robust und die Erwerbstätigenquote hoch. Rückenwind komme daher vom privaten Konsum und einem – je nach der Richtung der Politik – sich möglicherweise weiter festigenden Binnenmarkt sowie von den Investitionen der Unternehmen, die weiterhin zulegen sollen, wenn auch etwas langsamer als zuletzt.

Probleme könnte erneut der von der Weltkonjunktur extrem abhängige Export bekommen, da wichtige Handelspartner und Exportmärkte Konsolidierungsprogramme auflegen müssen und auch die Schwellenländern nächstes Jahr langsamer wachsen dürften.

Dies hatte auch jüngst die neue IWF-Chefin Langarde Deutschland Anfang des Monats empfohlen: Sie hat Deutschland aufgefordert, im Falle einer deutlichen Abkühlung der Weltkonjunktur mit einem Konjunkturprogramm gegenzusteuern. „Wenn der Export, auf dem das deutsche Wirtschaftsmodell beruht, einbricht, dann könnte die Bundesregierung gegensteuern.“ Dies müsste dann über eine Belebung der Binnennachfrage erfolgen, was nicht nur gut für die deutsche Wirtschaft sei, sondern auch für die Nachbarländer – und natürlich die breite Masse der Bürger, deren steigende frei verfügbare Einkommen der Schlüssel zur Lösung des Problems sein könnten. Bei einem möglichen Rückfall in eine Rezession wären dies, so Langarde, die notwendigen Maßnahmen, „um eine drohende Abwärtsspirale abzuwenden“. Weiter heißt es: „Mit Blick auf Europa empfehlen wir, dass die Länder ihren Sparkurs an die veränderte Lage anpassen und wachstumsfördernde Maßnahmen ins Auge fassen.“

Am 9. September hatte das Bundeswirtschaftsministerium seine Prognose für die wirtschaftliche Lage Deutschlands im September 2011 sowie für den weiteren Jahresverlauf vorgestellt. Demnach schwenkt zwar die heimische Wirtschaft auf einen flacheren Wachstumspfad ein, allerdings signalisieren die Konjunkturindikatoren eine Fortsetzung des Aufschwungs auch im zweiten Halbjahr. Im zweiten Quartal hatte sich das BIP gegenüber dem sehr starken ersten Quartal nur leicht um 0,1% erhöht. Die konjunkturelle Grundtendenz sei jedoch stärker einzuschätzen, als in diesem geringen Anstieg zum Ausdruck komme. Dies liege nicht zuletzt daran, dass der Aufschwung in Deutschland mittlerweile auch gut binnenwirtschaftlich verankert sei. Auch sei es nach den Nachholeffekten im ersten Quartal mit starken Wachstumsraten vielfach wieder zu der erwarteten Normalisierung gekommen. Aufgrund der sich abschwächenden Weltkonjunktur könne der Außenhandel jedoch kaum Konjunkturimpulse für die deutsche Wirtschaft ausstrahlen, die Impulse vom Außenhandel dürften daher im weiteren Jahresverlauf überschaubar bleiben. Wegen den anhaltend guten, wenn auch leicht gedämpften Tendenzen am Arbeitsmarkt dürften die privaten Konsumausgaben daher auch im zweiten Halbjahr wieder zum Wachstum beitragen und damit die Wirtschaft stützen.

IWF und BMWi fordern somit beide indirekt, die vor allem von der Exportwirtschaft geforderte Zurückhaltung bei den Löhnen aufzugeben, um Deutschland unabhängiger, stabiler und nachhaltiger zu machen, um dann die (nach zyklischem Muster) anstehenden Krisen besser bestehen zu können. Der Vize-Minister für Wirtschaftsentwicklung der Russischen Föderation Andrej Klepatsch hatte bereits Mitte Juli eine neue große Weltwirtschaftskrise für die Zeitspanne 2018/19 prognostiziert. Sie dürfte erneut von den nach wie vor und auch bis dahin noch nicht von der Politik unter Kontrolle gebrachten Finanzmärkten ausgehen. Zuvor dürfte seiner Meinung nach aber bereits die US-Volkswirtschaft in den Jahren 2013/14 drastisch unter Druck geraten, mit entsprechenden weltwirtschaftlichen Verwerfungen.

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