Kommentar von Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Der Beitrag gibt die Meinung der Autorin wieder.
Energieintensive Industrien sind – zu Recht – von der Zahlung der Ökosteuer durch den sogenannten Spitzenausgleich ausgenommen. Im Jahre 2013 wollte die Bundesregierung die Ausnahmen an Auflagen knüpfen, so wie Brüsseles vorsieht. Ausnahmen sollte es nur geben, wenn die Energieeffizienz der Unternehmen deutlich verbessert wird. Nun hat man leider den sehr guten Vorschlag des Bundesfinanzministeriums, welcher genau dies vorgeschlagen hatte, nicht umgesetzt, sondern den Befürchtungen der Industrie vor Zusatzkosten nachgegeben und ein Effizienzziel von 1,3 Prozent pro Jahr für die gesamte Branche festgelegt. Dabei können die Unternehmen durch die Einführung von Energiemanagementsystemen sowie durch die Erfüllung von Energieeinsparzielen auf Unternehmensebene doppelt profitieren: Die Energiekosten werden dauerhaft gesenkt und die Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Erfahrungen aus anderen Ländern wie zum Beispiel Dänemark zeigen, dass alleindurch die Einführung von Energiemanagementsystemen in Unternehmen durch die erhöhte Information,Transparenz und Aufmerksamkeit Energieeinsparungen von 5 bis 10 Prozent in den ersten Jahren nach der Implementierung erreicht werden können – und das ohne Zusatzkosten! Untersuchungen der Vergangenheit zeigen, dass die Branche problemlos pro Jahr Effizienzverbesserungen von durchschnittlich bis zu 1,5 Prozent erreichen kann. Das Branchenziel hätte somit sehr viel ambitionierter sein können.
Auch die befürchteten Zusatzkosten durch die Kontrolle auf Unternehmens- und Branchenebene sowie der administrative Aufwand durch die Überwachung müssen nicht auftreten, da die energieintensiven Unternehmen durch die Einführung des Energiemanagementsystems sowie bei der Teilnahme am Emissionsrechtehandel ohnehin Transparenz herstellen müssen. Der administrative Aufwand seitens der Behörden wäre auch überschaubar, da entweder das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) oder die deutsche Emissionshandelsstelle (DEHst) diese zusätzliche Aufgabe hätte übernehmen können. Der Vorteildurch das Energiesparen für die Unternehmen wäre enorm: Die Untersuchung des DIW Berlin für das Bundesfinanzministerium hat gezeigt, dass der Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten für die Industrie bei durchschnittlich 2 Prozent liegt. Die Summe der Steuervergünstigungen für die Industrie beträgt durchschnittlich 0,2 Prozent der Gesamtkosten. Der Anstieg der Energiesteuern kann somit relativ problemlos durch eine verbesserte Energieeffizienz kompensiert werden. Eine Energieeffizienzverbesserung um beispielsweise 20 Prozent kann bis zu 25 Prozent der Energiepreissteigerungen kompensieren, ohne dass die Energiekosten für das Unternehmen steigen. Es ist somit unverständlich, warum die Industrie Vorgaben zur Verbesserung der Energieeffizienz so stark ablehnt. Die Einführung von Branchenzielen erhöht zudem das Risiko von Trittbrettfahrern. Die Eigenverantwortung der Unternehmen wird so nicht unmittelbar gestärkt. Die deutsche Unternehmensinitiative für mehr Energieeffizienz (DENEFF) hat die großen Vorteile des Energiesparens erkannt und wirbt seit langem für die Verbesserung der Energieeffizienz auf Unternehmensebene. Leider scheint ein Großteil der Industrie diese Sichtweise nicht zu teilen. Es ist sehr schade, dass die Bundesregierung diese wichtige Chance ungenutzt verstreichen lässt, durch kluge Ausnahmeregelungen bei der Ökosteuer wichtige Anreize auf Unternehmensebene zu setzen. Die Verbesserung der Energieeffizienz senkt die Energiekosten der Unternehmen, und genau das ist ein sehr wichtiger Wettbewerbsfaktor, der die Industrie nachhaltig stärkt. Es wäre zu schön gewesen, wenn sich die Einsicht durchgesetzt hätte.
(Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung / DIW)