Sauber durch die Sonne – Fortschritt bei selbstreinigenden Oberflächen

Ein bisschen Sonnenlicht – und Oberflächen reinigen sich von selbst. Was sich anhört wie Zauberei, erledigen Titandioxidmoleküle, die in die Flächen eingebaut sind: Aktiviert von UV-Licht setzen sie eine Reaktion in Gang, die Bakterien, Algen und Pilze zersetzt und beispielsweise die Armlehnen von Gartenstühlen sauber hält.

Der Sommer steht vor der Tür, also heißt es, Gartenstühle und -tische wieder auf Vordermann zu bringen. Standen diese jedoch eine längere Zeit im Schatten, sind sie oft von einem schmierigen Film aus Algen, Moosen, Bakterien und Pilzen überzogen, den man nur schwer oder gar nicht entfernen kann. Titandioxidmoleküle, die in den Kunststoff des Stuhls eingeschleust werden, sollen nun gemeinsam mit ein wenig Sonnenlicht Abhilfe schaffen: »Aktiviert« durch das UV-Licht in der Sonnenstrahlung setzen die Titandioxidmoleküle quasi als Katalysator einen elektrochemischen Prozess in Gang, der freie Radikale erzeugt. Diese und weitere aktive Moleküle wiederum machen Bakterien, Pilzen und Co den Garaus. Sie zerstören zunächst die Zellwand und dringen anschließend ins Zytoplasma – die Grundsubstanz der Zelle – ein, wo sie die DNA der Bakterien schädigen. Der Effekt: Schmutz aus organischen Substanzen bleibt nicht an der Oberfläche haften, sondern wird zersetzt.

Doch wie gut funktionieren diese photokatalytischen Schichten? Welche organischen Bestandteile zersetzen sie, bei welchen bleiben sie machtlos? Dies haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart untersucht. »Wir haben beispielsweise photokatalytisch ausgerüstete Armlehnen von Gartenstühlen im Freien getestet und sie mit solchen aus herkömmlichem Kunststoff verglichen«, sagt Dr. Iris Trick, Gruppenleiterin am IGB. Dazu haben die Wissenschaftlerin und ihr Team die beschichteten und unbeschichteten Armlehnen mit einer Mixtur aus verschiedenen Bakterien, Moosen, Algen und Pilzen besprüht und sie zwei Jahre lang dem Wetter ausgesetzt. Das Ergebnis: Während sich die schmutzige Schicht auf den normalen Armlehnen kaum entfernen ließ, waren die Exemplare aus photokatalytischen Kunststoffen auch nach zwei Jahren noch weitestgehend weiß und sauber. Zusätzlich untersuchten die Forscher ihre Spezial-Schichten – sei es von Armlehnen oder anderen Oberflächen – auch im Labor auf ihre Funktion: Dazu brachten die Experten bis zu 30 verschiedene Pilz-, Bakterien- und Algenkulturen auf beschichtete und unbeschichtete Flächen auf und verglichen, wie sich diese Kulturen entwickeln. Zudem analysierten sie die Abbauprodukte, die bei der elektrochemischen Reaktion auf den selbstreinigenden Oberflächen entstehen.

Selbstreinigende Häuserwände und Displays

Die Möglichkeiten der Titandioxidmoleküle sind mit den Armlehnen jedoch keinesfalls ausgeschöpft: Beispielsweise arbeiten Forscher des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart an Fassadenfarben für Häuser, die Titandioxid-Partikel enthalten. Kommt Schmutz an die Wand, wird er durch die Photokatalyse abgebaut – der Anstrich bleibt weitgehend sauber. Auch für Glasoberflächen haben Wissenschaftler eine solche selbstreinigende Schicht entwickelt: »Bringt man auf eine Glasoberfläche wie die eines Smartphones eine dünne Schicht aus Titandioxid auf und beleuchtet sie, verschwinden die Hautfette und Fingerabdrücke auf dem Display nach einiger Zeit von selber«, sagt Dr. Michael Vergöhl, Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST in Braunschweig und Leiter der Fraunhofer-Allianz Photokatalyse. Nötig ist lediglich eine Stunde Sonnenlicht. Bei bisherigen photokatalytischen Oberflächen hätte man das Smartphone drei Tage lang in die Sonne legen müssen. In einem nächsten Schritt müssen neue Materialien entwickelt werden, die auch unter künstlicher Beleuchtung aktiv werden. Um ihr Know-how zu bündeln, haben sich zehn Fraunhofer-Institute zur Allianz Photokatalyse zusammengeschlossen. Sie deckt den gesamten Bereich der photokatalytischen Oberflächenentwicklung ab und vereint damit eine große Kompetenz.

(Quelle: Fraunhofer)

 

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