Stiftung Warentest: Apple iPhone 5 – tolle Kamera, mäßiger Akku

Stiftung Warentest hat das neue iPhone 5 von Apple auf Herz und Nieren getestet. Im Folgenden das Testergebnis:

Seit Jahren werden Luxus-Smartphones immer größer und flacher. Beim neuen iPhone 5 folgt auch Apple diesem Trend – mit einer eher behutsamen Größenanpassung. Im Schnelltest begeistert das neue Apple-Handy mit einer hervorragenden Kamera, zeigt ein paar Apple-typische Verschrobenheiten und schwächelt einmal mehr beim Akku.

Anstehen fürs iPhone

Wer ein neues Apple-Produkt gleich zum Verkaufsstart ergattern will, muss früh aufstehen. In Apples Online-Store hatten die Tester der Stiftung das iPhone 5 bestellt, sobald das möglich war. Doch der Liefertermin, den Apple in der Bestätigungsmail in Aussicht stellte, lag weit hinter dem ersten Verkaufstag. Also reiste unser Einkäufer in eine Stadt mit Apple Store – denn in Berlin gibt es keinen. Am ersten Verkaufstag, dem 21. September, reihte er sich morgens um halb Sieben in die Schlange der Apple-Jünger ein. Die bewegte sich nur langsam, denn die muskelbepackten Türsteher ließen aus Sicherheitsgründen immer nur eine Handvoll Kaufwillige in den Laden. Nach fünfeinhalb Stunden Warten hielt der Testkäufer dann zwei der begehrten Geräte in Händen und schickte sie sofort ins Prüflabor. Hier sind die ersten Ergebnisse.

Größer, flacher, leichter

Zumindest äußerlich folgt das iPhone 5 einer Entwicklung, die die Konkurrenz in der Handy-Oberklasse schon seit Jahren betreibt: Es ist größer und etwas flacher als sein Vorgänger, das iPhone 4S. Doch statt ein Riesenhandy wie das Galaxy SIII von Samsung zu präsentieren, setzen die Kalifornier auf behutsame Vergrößerung: Das Neue ist genauso breit und knapp einen Zentimeter länger als sein Vorgänger. Das ergibt einen guten Kompromiss aus Displaygröße und Handlichkeit. Anders als manche Konkurrenten passt das iPhone 5 problemlos in die Hosentasche und lässt sich ohne Verrenkungen einhändig bedienen. Außerdem ist es mit nur 115 Gramm deutlich leichter als das 140 Gramm schwere iPhone 4S.

Sehr gutes Display mit ungewohntem Seitenverhältnis

Der neue, größere Bildschirm mit seinem 16:9-Format ist nicht nur für iPhone-Veteranen ungewohnt, sondern auch für die Software-Entwickler. Viele müssen ihre Apps noch an das neue Display anpassen. Bis dahin erscheinen viele Programme auf dem iPhone 5 mit zwei schwarzen Balken an den schmalen Seiten. Qualitativ weiß das neue Display zu überzeugen: Es ist sehr scharf, zeigt gute Farben und ist trotz spiegelnder Oberfläche auch bei heller Umgebung gut abzulesen. So macht das neue iPhone beim Surfen großen Spaß. Zu den sehr guten Interneteigenschaften tragen auch der komfortable Safari-Browser, der sehr schnelle Prozessor und die flotte Mobilfunkanbindung bei.

LTE – aber nicht für alle

Die neue iPhone-Generation beherrscht erstmals auch die neue Turbofunktechnik LTE. Im Test erreichte das iPhone 5 im LTE-Netz beeindruckende Download-Datenraten von bis zu 66 Megabit pro Sekunde. Das ist ein Vielfaches dessen, was typische DSL-Anschlüsse schaffen. In der Praxis hängen die Datenraten allerdings sehr stark davon ab, wie viele andere Nutzer gerade online sind und wie gut das Netz vor Ort ausgebaut ist. Und hier gibt es beim iPhone einen gravierenden Haken: Von den drei in Deutschland genutzten LTE-Frequenzbändern unterstützt es nur das Exotischste: 1 800 Megahertz. Passende LTE-Netze bietet derzeit nur die Telekom – und das nur in einigen Großstädten. Damit bleibt der LTE-Spaß mit dem iPhone 5 zunächst einem begrenzten Kreis urbaner Telekomkunden vorbehalten. Das von O2, Telekom und Vodafone vor allem für die Flächenversorgung eingesetzte LTE-800 beherrscht das Apple-Smartphone im Gegensatz etwa zum HTC Velocity 4G nicht.

Gut zum Telefonieren und Musikhören, spitze als Kamera

Die Sprachqualität beim Telefonieren ist gut. Nicht ganz so gut ist die Netzempfindlichkeit. Wie viele andere Smartphones hat auch das iPhone 5 ein Antennenproblem: Fasst der Nutzer es hinten unten an, geht die Funkleistung deutlich zurück. Dieser Rückgang ist aber bei anderen noch drastischer. Der Musikspieler macht wie bei Apple gewohnt eine gute Figur – auch die mitgelieferten neuen Kopfhörer klingen knackig. Das größte Highlight ist aber die Kamera. Die bietet zwar getreu Apples minimalistischer Bedienphilosophie viel weniger Einstellmöglichkeiten als die anderer Handys. Doch im Test reagiert sie erfreulich schnell und liefert für eine Handykamera außergewöhnlich gute Fotos. Und die HD-Videos vom iPhone 5 sind besser als alles, was die Tester bisher von Handykameras gesehen haben: Sie sind scharf, bieten eine gute Farbwiedergabe und zeigen selbst bei anspruchsvollen Schwenks kaum störende Artefakte.

Navi-App verbesserungsfähig, GPS gut

Das neue iPhone gehört zu den ersten Geräten, das mit dem neuen Betriebssystem iOS 6 ausgeliefert wird. Eine der umstritteneren Neuerungen ist dabei die neue Karten-App, die die bisherige Google-Maps-App ersetzt. Vorteil: Die neue App bietet nun auch Navigation mit Sprach­ansagen. Nachteil: So richtig ausgereift wirkt die App noch nicht. Im Internet häufen sich Beschwerden über Fehler im Kartenmaterial. Viele entnervte iOS-6-Nutzer werden wohl bei der täglichen Orientierung zu Fuß vorerst auf bewährte Alternativen wie Google Maps oder Nokia Maps ausweichen. Die gibt es zwar bislang nicht als eigene Apps, sie stehen aber über den Webbrowser Safari auch auf dem iPhone zur Verfügung. Und für die sprachgestützte Navigation mit dem Auto steht eine Vielzahl kostenpflichter Navi-Apps bereit. Der GPS-Empfänger im iPhone 5 ist dafür gut gerüstet: Er arbeitet schnell und genau.

Kratzempfindlich, aber stabil

Im Internet wurden schon erste Klagen über verkratzte neue iPhones laut. Auch in den Stabilitätstests der Stiftung Warentest trug Apples neues Spitzengerät einige Blessuren davon. Das eloxierte Aluminiumgehäuse erwies sich als sehr kratzempfindlich und zeigte nach den Kratz- und Fall­tests einige Macken. Doch die sind rein kosmetischer Natur. Das Display überlebte die Stürze in der Falltrommel ohne Probleme. Und auch den Regentest bestand das iPhone 5 mit Bravour.

Der Akku trübt den Glanz

In fast allen Disziplinen zeigt das neue iPhone gute bis glänzende Ergebnisse. Nicht so beim Akku: Hier schneidet Apples neues Luxushandy ziemlich mittelmäßig ab. Besonders mau ist das Ergebnis beim Dauersurfen per UMTS: Das iPhone 5 schafft nur 2,5 Stunden. Zum Vergleich: Das iPhone 4S hielt noch 3,5 Stunden durch, das Galaxy SIII sogar 5 Stunden. Auch der Wert fürs Dauertelefonieren per UMTS ist mit 6 Stunden alles andere als berauschend. Die 65,5 Stunden im Musikspieler-Dauer­betrieb sind dagegen ein guter Wert. Er verschlechtert sich auf 53,5 Stunden, wenn das Handy statt ins UMTS- in ein LTE-Netz eingebucht ist. Beim iPhone 4S war es Apple gelungen, die anfangs wirklich schwachen Akkulaufzeiten durch ein Software-Update deutlich zu verbessern. Man darf gespannt sein, ob es solche Abhilfe auch für das iPhone 5 geben wird.

Neuer Anschluss, neue Sim-Karte

Beim Anschluss an PC und Ladegerät geht Apple wie gewohnt ganz eigene Wege. Praktisch alle anderen Anbieter nutzen hierfür den Micro-USB-Stan­dard. Bisherige Apple-Geräte hatten einen speziellen, 30-poligen „Dock“-Anschluss. Beim iPhone 5 und den neuesten iPod-Modellen führt Apple nun einen neuen, ebenfalls anbieterspezifischen Anschluss namens „Lightning“ ein. Der hat durchaus Vorteile: Er wirkt robuster und weniger fummelig als Micro-USB oder Apples bisheriger „Dock“-Anschluss. Aber er ist eben wieder eine neue Speziallösung. Und all das Zubehör, das iPhone-Nutzer für ihre bisherigen Geräte angeschafft haben, passt nicht oder nur mit einem kostenpflichtigen Zusatzadapter. Und auch bei der Sim-Karte, mit deren Hilfe sich das Handy im Mobilfunknetz identifiziert, führt Apple ein neues Format ein: Als erstes Handy braucht das iPhone 5 eine Nano-Sim. Stolze iPhone-5-Besitzer können also nicht einfach die Sim-Karte aus ihrem bisherigen Handy ins neue iPhone stecken. Stattdessen müssen sie sich von ihrem Mobilfunk-Anbieter eine neue Nano-Sim schicken lassen. Noch haben längst nicht alle diese Karten im Angebot.

 

Testkommentar von Stiftung Warentest:

Das iPhone 5 ist eines der besten Smartphones, das die Tester der Stiftung Warentest bisher geprüft haben. Besonders seine hervorragende Kamera kann begeistern. Auch das sehr gute Display, das schnelle Surf- und Arbeitstempo und das trotz größerem Display noch angenehm handliche Format machen Apples neues Spitzengerät zu einem würdigen Nachfolger des iPhone 4S. Nur die ziemlich mittelmäßigen Akkulaufzeiten trüben das Bild und könnten manchen Intensivnutzer frustrieren.

-> Technische Daten und Ausstattung des iPhone 5 siehe Tabelle im Anhang.

 

 

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