Ein großer Anteil der von uns produzierten Energie verpufft ungenutzt über Abwärme in der Umgebung. Winzige thermoelektrische Generatoren können dieses Potential heben. Der Strom wird dabei über Temperaturunterschiede gewonnen. Doch bisher ist deren Produktion umständlich und teuer. Gleichzeitig fehlen geeignete Materialien. Auf der Hannover Messe zeigen Forscher jetzt ein neues Herstellungsverfahren, mit dem diese Generatoren als großflächige, flexible Bauteile günstig aus nichttoxischen Kunststoffen hergestellt werden können (Halle 3, Stand D25).
Jeder kennt sie: Die gigantischen weißen Wasserdampfwolken von Kraftwerkskühltürmen. So beeindruckend das Schauspiel sein mag, steht es doch für Energieverschwendung. Denn Großkraftwerke schaffen es nur selten, mehr als 40 Prozent der erzeugten Energie in elektrischen Strom umzuwandeln. Der Rest wird ungenutzt – vor allem über die Kühltürme – an die Umgebung abgegeben. Forscher arbeiten jetzt an Wegen, um das in den teilweise über 150 Meter hohen Betonkolossen schlummernde Potential zu nutzen. Die Zauberformel heißt dabei Thermoelektrik. Das Teilgebiet der Physik beschäftigt sich mit der Stromgewinnung aus Temperaturunterschieden. Und diese kann gerade in Kühltürmen zwischen heißen Wasserdämpfen und kühler Betonhaut groß sein.
Die Vision der Wissenschaftler beschreibt Dr. Aljoscha Roch vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden: »Thermoelektrische Generatoren (TEG) haben momentan einen Wirkungsgrad von etwa acht Prozent. Das hört sich wenig an. Doch wenn wir es schaffen, die TEG kostengünstig, großflächig und aus flexiblen Materialien herzustellen, könnten wir die Innenseiten der konkav geformten Kühlturmwände in großem Stil damit ausstatten. Aufgrund der enormen Energiemenge, die in den riesigen Anlagen entstehen – pro Sekunde verdampfen etwa 1500 Liter Wasser – könnten wir so große Mengen an Strom erzeugen.«
Zusammen mit seinen Kollegen vom IWS ist Roch diesem Ziel nun einen großen Schritt näher gekommen: Den Wissenschaftlern ist es gelungen, TEG per Druckverfahren zu produzieren. Die miniaturisierten Generatoren lassen sich dabei nicht nur günstig, auf großen Flächen und flexibel handhabbar herstellen. Ein weiterer großer Vorteil: Die verwendeten Materialien sind umweltverträglich. »TEG werden heute größtenteils per Hand und aus toxischen Bausteinen, die beispielsweise Blei enthalten, gefertigt. Wir nutzen nun moderne 3D-Drucktechnologie und unbedenkliche Polymere (Kunststoffe), die elektrisch leitend sind«, erklärt Roch.
Die neue Drucktechnologie funktioniert ähnlich wie ein Tintenstrahldrucker. Der Unterschied: Statt eines dünnen Tintenstrahls kommt eine thermoelektrisch aktive Polymer-Paste aus der Kartusche und lässt die etwa 20 bis 30 Mikrometer dicken thermoelektrischen Schichten entstehen. »Die Generatoren benötigen eine gewisse Dicke, um aus Temperaturunterschieden elektrische Spannung aufzubauen. Um die nötige Tiefe zu erzielen, könnten sich aktuell verfügbare 3D-Druckverfahren sehr gut eignen«, erläutert Roch. Die gedruckten TEG zeigen die IWS-Forscher erstmals während der Hannover Messe in einem Kühlturmmodell.
Minimale Temperaturunterschiede reichen zur Stromgewinnung aus
Doch wie »erntet« man nun den Strom aus diesen wenige Mikrometer großen Polymer-Generatoren? Der heiße Wasserdampf aktiviert die Elektronen im Generator, die negativ aufgeladenen Teilchen wandern zur kühleren Seite und es entsteht eine elektrische Spannung. Für diesen Effekt reichen schon kleine Temperaturunterschiede wie ein Grad aus. Bereits seit 200 Jahren kennt die Physik diesen Effekt. Eine flächendeckende Verbreitung blieb bisher jedoch aufgrund fehlender effizienter Herstellungsverfahren und geeigneter Materialien aus. In der Raumfahrt und testweise der Automobilindustrie kommen die in Handarbeit hergestellten klötzchenartigen TEG zum Einsatz. Am Abgasstrang montiert liefern sie hier beispielsweise Strom für die Bordelektronik des Fahrzeugs. 600 Watt, also die Stromleistung von etwa 6 Glühbirnen, konnten hier bereits nachgewiesen werden. Potenziert auf die vielen Millionen Fahrzeuge, die alleine auf Deutschlands Straßen unterwegs sind, ließen sich durch TEG mehrere Milliarden Kilowattstunden einsparen.
Autos und Kühltürme sind jedoch nur zwei Beispiele von vielen. »Abwärme entsteht im Prinzip beim Betrieb jeder technischen Anlage: Mit TEG, montiert an industriellen Produktionsstraßen, in der Kanalisation, an großen Rechenzentren oder an jeglicher Art von Abluftsystemen, ließen sich sehr große, bislang noch ungenutzte Energiequellen erschließen«, schließt Roch.
(Fraunhofer Gesellschaft)