Erfolgreich Position beziehen: Eine Reise in sich hinein – Und über sich hinaus

Die wöchentliche Business-Kolumne von Ulrich B Wagner

 

Heute: Erfolgreich Position beziehen:

oder wie man lernt sich durchzusetzen

 

„Wer seinen Willen durchsetzen will, muss leise sprechen.“

Jean Giraudoux, frz. Schriftsteller und Diplomat, 1882 – 1944

 

Wie verlaufen in der Regel unsere beruflichen Auseinandersetzungen in Meetings oder persönlichen Gesprächen? Enden sie in kommunikativen Massenschlägereien oder aber eventuell in weichgespülten, faulen Kompromissen? Viele Menschen verhalten sich in solchen Situationen meist zu aggressiv bzw. zu dominant oder zu passiv und geben ihre Position bzw. Meinung bei der ersten aggressiven Attacke auf.

 

Hilfreich kann es hier schon sein, für sich klar zu unterscheiden, an welcher Stelle die Demarkationslinie zwischen Dominanz und Durchsetzungsfähigkeit verläuft. Ziel- und lösungsorientierte Führung zeichnet sich durch ein proaktives Verhalten aus, das zwar die grobe Richtung vorgibt, den anderen Beteiligten aber noch genug Luft und Raum zum Atmen gibt und zum Handeln motiviert, um sich aktiv bei der Entscheidungsfindung einzubringen und diese in der Folge dann auch mitzutragen. Andere Menschen zu beherrschen, ihnen eine Meinung aufzudrücken, sie mundtot zu machen und zu reinen Befehlsempfängern zu degradieren, hat dagegen mit Führung rein gar nichts zu tun.

 

Tyrannisches bzw. dominantes Führungsverhalten sorgt zwar in der ersten Zeit für schnelle, kurzfristige Ergebnisse, diese kehren sich jedoch ohne Fundament und Verständnis in den Köpfen der Überrumpelten sehr schnell in ihr Gegenteil um und führen zu dem berühmten und vormals bereits erwähnten Drehtüreffekt in Veränderungsprozessen. Darüber hinaus geht bei einem solchen Führungsverhalten sehr viel Wissen und viele Fähigkeiten der anderen Mitarbeiter verloren.

 

Gerade Menschen, die kein Bedürfnis verspüren, andere zu dominieren, erkaufen sich Ihre „Ruhe“ durch innere Emigration und verzichten meist darauf, sich durchzusetzen. Diesen Menschen sei an dieser Stelle jedoch gesagt, dass Durchsetzungsfähigkeit und Dominanz oder auch Nachgiebigkeit rein gar nichts miteinander zu tun haben. Nachgeben beispielsweise ist in vielen Situationen ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche, und bedeutet ein Annähern von Realitäten. Dominante, tyrannische Persönlichkeiten dagegen sind in ihrem Innersten meist zutiefst unsicher, und ihr dominantes Verhalten wird von dieser Selbstunsicherheit angetrieben bzw. zu deren Verschleierung benutzt. Sehr oft haben diese Menschen auch Schwierigkeiten damit, anderen Kontrolle und Einfluss zuzusprechen. Die Angst vor Kontrollverlust führt so zu einer Spirale dominanten Verhaltens, die sich auf Grund der positiven Verstärkung durch Erfolg noch kontinuierlich selbst verstärkt.

 

Menschen, die sich erfolgreich durchsetzen und lösungs- und zielorientiert kommunizieren, leben weder das eine oder andere oben beschriebene Extrem. Sie bewegen sich zumeist im Umfeld des goldenen Mittelwegs und verzichten auf extreme Verhaltensweisen.

 

Was also tun?

 

Sich durchsetzen, authentisch sein, Mut haben zu Ecken und Kanten, Überzeugen ohne zu Überreden, souverän sein, Selbstbewusstsein ausstrahlen, und das alles ohne sich und die Anderen unter Druck zu setzen, wie soll das funktionieren?

 

Erfolgreiche Kommunikation und eine lösungsorientierte Streitkultur gibt es bekanntermaßen nicht zu kaufen. Wer sein Gegenüber überzeugen und für sich gewinnen möchte, muss nicht nur seinen Gesprächspartner in seiner Besonderheit verstehen, sondern auch um seine eigenen Stärken und Schwächen wissen und diese bewusst einsetzen können.

 

Sunzi, chin. Militärstratege und Philosoph, um 544 v.Chr. bis 496 v.Chr. schreibt in der „Kunst des Krieges“ diesbezüglich: Wenn du den Feind und dich selbst kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.

 

Durchsetzungsfähigkeit beginnt mit Selbstreflexion und der Einsicht, dass sich im eigenen Leben erst dann etwas ändert, wenn man selbst aktiv wird. Durchsetzungsfähigkeit besteht nämlich darin, die eigene Position und Meinung so zum Ausdruck zu bringen, dass der Gegenüber nicht ablehnend, sondern möglichst positiv darauf reagiert. Dies gelingt jedoch nur durch effektive Kommunikation und ein ebensolches Handeln. In beiden Fällen jedoch müssen Sie aktiv werden. Passivität führt zwangsläufig nur dazu, dass Sie „be“-handelt werden. Wer sich jedoch behandeln lässt, verliert gleichzeitig einen Teil seiner Willensfreiheit.

 

Es gilt im Vorfeld grundsätzliche Dinge und Regeln im Umgang miteinander zu klären, Grenzen zu setzen und auf Fairness und Respekt zu pochen. Hierzu gehört auch, abweichendes Verhalten benennen und sanktionieren zu können. Fordern Sie ein professionelles Verhalten im beruflichen Kontext, das Persönliches zu Gunsten der Sache, dem gemeinsamen Interesse verschiebt.

 

In vielen Unternehmen wäre schon die Einsicht hilfreich, dass sowohl aggressives als auch das passive Verhalten im Grunde kindliches Verhalten darstellt: Beleidigtsein, Schmollen, Wut, persönliche Angriffe unter die Gürtellinie, trotziger Rückzug oder ähnliches gehören in den Kindergarten und nicht in ein Unternehmen mit Zukunft.

 

Wie bei allen Veränderungsprozessen sollten Sie, falls Sie beschlossen haben, Ihr Verhalten nachhaltig zu verändern, mit einer persönlichen Verortung und Inventur  beginnen. Werden Sie zu Ihrem eigenen „teilnehmenden Beobachter“, notieren Sie sich die Situationen in denen die Gespräche in welches Extrem auch immer auspendeln. Werden Sie sich jedoch auch bewusst, dass eine nachhaltige Veränderung Ihrer Verhaltensweisen, Geduld, Disziplin und Barmherzigkeit gegenüber der eigenen Eingefahrenheit bedarf.

 

Beschreiben Sie sich Ihren derzeitigen Zustand, ihre Blockaden und Hemmschuhe, aber auch Ihre ungenutzten Potentiale. Überlegen Sie hierbei für sich, was in der Vergangenheit in solchen strittigen Situationen passierte, was in der derzeitigen Situation passiert und was Sie sich für die Zukunft wünschen.

 

Versuchen Sie sich die nächsten Streitfälle mittels der vier Grundprinzipien der Verhandlungstechnik nach dem Harvard Konzept zu ordnen. Denn  Durchsetzungsfähigkeit basiert grundlegend auf einer effektiven Verhandlungstechnik.

 

Berücksichtigen Sie in den nächsten strittigen Gesprächen die unten stehenden 4 Grundprinzipien und notieren Sie sich, die damit verbundenen Erfolge und Rückschläge:

 

1. Menschen: Behandeln Sie Menschen und Probleme getrennt voneinander!

Dieser Punkt bezieht sich auf die Tatsache, dass Menschen emotionale und subjektiv denkende Wesen sind. Bevor ein Problem also gemeinsam gelöst werden kann, müssen beide Sichtweisen erläutert und verstanden werden.

 

2. Interessen: Stellen Sie nicht Positionen, sondern Interessen in den Mittelpunkt!

Der zweite Punkt soll die Beeinträchtigungen beseitigen, die durch Konzentration auf Positionen entstehen, damit bei der Verhandlung die jeweils dahinter stehenden Interessen befriedigt werden können.

 

3. Möglichkeiten: Entwickeln Sie vor der Entscheidung verschiedene Wahlmöglichkeiten!

Dies bedeutet, dass man nicht krampfhaft nach der einen richtigen Lösung suchen soll. Besser ist es, wenn man sich Zeit nimmt und verschiedene Lösungsansätze erarbeitet, die die Bedürfnisse beider Parteien befriedigen.

 

4. Kriterien: Bauen Sie das Ergebnis auf objektiven Entscheidungsprinzipien auf!

Lässt der Verhandlungspartner nicht mit sich reden und ist nur von der eigenen Meinung überzeugt, so ist es sinnvoll auf die Verwendung von neutralen Beurteilungskriterien zu bestehen (z.B.: Marktwert, Expertenmeinung, Rechtsnormen, etc.) So ist eine Lösung nach fairen Maßstäben gewährleistet.

 

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und freue mich, wenn ich Sie auch nächste Woche wieder als Leser meiner Kolumne zum Thema Durchsetzungsfähigkeiten in Konflikten und Überzeugungsstrategien entwickeln, begrüßen kann.

 

Beste Grüße und eine erfolgreiche Woche wünscht Ihr

Ulrich B Wagner

 

 

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Profil des Autors:

 

 

Ulrich B. Wagner, Jahrgang 1967, studierte Psychologie, Soziologie und Rechtswissenschaften an der Johann Wolfgang von Goethe Universität in Frankfurt am Main. Er ist geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Kommunikation, Coaching und Managementberatung (ikcm) mit Sitz in Bad Homburg und Frankfurt am Main und gleichzeitig Dozent an der european school of design für Kommunikationstheorie sowie Werbe- und Konsumentenpsychologie. Ulrich Wagner arbeitet als Managementberater und systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikations- und Rhetoriktrainings, Personalentwicklung, Begleitung von Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

 

Zu erreichen: via Website www.ikcm.de, via Mail uwagner@ikcm.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).

 

 

 

 

 

 

 

 

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