Worum geht es bei der Energiewende?
Der Begriff „Energiewende” beschreibt den Weg hin zu anderen Quellen, aus denen wir unsere Energie beziehen. Gemeint ist damit konkret die Reduktion von fossilen und atomaren Energieträgern hin zu umweltverträglichen Lösungen wie Sonnen-, Wind- und Wasserenergie. Diese Veränderung kann nicht abrupt geschehen, sondern ist ein kontinuierlicher Prozess.
Die Energiewende umfasst daher in erster Linie die Umstellung auf eine Strom- und Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien und die damit einhergehende Reduktion von Treibhausgasemissionen. Ziel ist es, eine nachhaltige, sichere und wirtschaftlich tragfähige Energieversorgung zu gewährleisten, die langfristig das Erreichen der Klimaziele unterstützt und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verringert.
Was zählt zu den erneuerbaren Energiequellen?
Mit erneuerbaren Energien sind jene Energieformen gemeint, die sich entweder nicht erschöpfen oder sich zumindest in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder regenerieren können. Erneuerbare Energie kann aus folgenden Quellen gewonnen werden:
- Sonne
- Wind
- Wasser
- Biomasse
- Erdwärme
Von besonderer Bedeutung für die Energieversorgung in Deutschland ist jene Energie, die aus Sonne und Wind gewonnen wird. Deren Ausbau wird daher im Rahmen der Energiewende besonders vorangetrieben.
Energie aus Sonnenlicht
Die Nutzung der Sonnenenergie erfolgt hauptsächlich durch Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen), die Sonnenlicht in elektrische Energie umwandeln. Die durch Photovoltaikanlagen erzeugte Energie kann überall genutzt werden, wo Strom gebraucht wird. Es gibt aber auch andere Technologien, wie Solarthermieanlagen. Diese nutzen die Sonnenenergie zur Warmwasserbereitung oder Heizungsunterstützung.
Unternehmen können durch die Installation von PV-Anlagen auf ihren Gebäuden nicht nur ihre eigenen Energiekosten senken, sondern auch überschüssigen Strom ins Netz einspeisen und damit zusätzliche Einnahmen generieren. Die Integration von Batteriespeichern ermöglicht es zudem, den erzeugten Strom effizient zu speichern und bei Bedarf zu nutzen, wodurch die Versorgungssicherheit weiter erhöht wird.
Energie aus Wind
Vor allem in Norddeutschland sind die Bedingungen für die Nutzung der Windkraft ideal, weshalb dort zahlreiche Onshore-Windparks, also Windkraftanlagen auf dem Land, errichtet wurden. Zusätzlich wird die Offshore-Windenergie (Windkraftanlagen im Meer, vor den Küsten) ausgebaut. Windkraftanlagen wandeln die kinetische Energie des Windes in elektrische Energie um und liefern so einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgung des Landes.
Für Unternehmen bietet die Beteiligung an Windkraftprojekten oder die Errichtung eigener Windkraftanlagen die Möglichkeit, ihren Energiebedarf nachhaltig zu decken und langfristig von stabilen Energiekosten zu profitieren. Windkraftprojekte bieten zudem eine Chance zur regionalen Wertschöpfung und stärken die lokale Wirtschaft, insbesondere in ländlichen Gebieten.
Energie aus Biomasse
Ebenso an Relevanz gewinnt die Biomasse als Energieträger. Unter Biomasse fallen alle nachwachsenden Rohstoffe, darunter in erster Linie Pflanzen und Pflanzenreste. Genutzt wird Biomasse vorwiegend als:
- Biogas (Methan) zur Strom- und Wärmeerzeugung
- Treibstoff aus Pflanzenöl (Biodiesel)
- Pellets oder Holzscheite zur Wärme- und Stromerzeugung
Ein wesentlicher Vorteil der Biomasse liegt in der Unabhängigkeit von aktuellen Wettergegebenheiten, wie dies bei Sonnen- und Windenergie der Fall ist. Da die pflanzlichen Ressourcen im Gegensatz zu Sonne und Wind allerdings nur begrenzt zur Verfügung stehen, verlangt die Nutzung dieser Ressource einen verantwortungsvollen Umgang.
Unternehmen können bei der Wahl des Gasanbieters darauf achten, ob und in welcher Höhe ein Anteil an Biogas enthalten ist. So kann nicht nur der Anteil fossiler Energieträger vermindert, sondern auch ein Signal an die Energieanbieter gesetzt werden.
Welche Energieträger sollen vermieden werden?
Fossile Brennstoffe sind die Hauptquelle für Kohlendioxid (CO₂)-Emissionen. Dieses Treibhausgas trägt wesentlich zum globalen Klimawandel bei. Zu den fossilen Energieträgern zählen Erdöl, Erdgas sowie Kohle, die künftig auf das absolute Minimum reduziert werden sollen. Im Fall von Kohle wird in Deutschland der komplette Ausstieg angestrebt, wie im Kohleausstiegsgesetz festgehalten ist.
Zusätzlich von der Energiewende betroffen ist Atomenergie. Die Kernenergie, die aus Atomkraftwerken gewonnen wird, erzeugt zwar an sich keine Emissionen. Aufgrund der mit Atomkraftwerken verbundenen Sicherheitsrisiken und des problematischen atomaren Abfalls gehört jedoch auch Atomkraft zu den Energiequellen, die künftig vermieden werden sollen.
Inwiefern ist die Energiewende für Unternehmen relevant?
Die Energiewende ist für Unternehmen von zentraler Bedeutung, denn der Klimawandel stellt eine existenzielle Bedrohung für die globale Wirtschaft dar. Der rasante Anstieg der Temperatur, extreme Wetterereignisse und ansteigende Meeresspiegel stören unmittelbar Lieferketten, verknappen die Rohstoffe und beeinträchtigen die gesamte Infrastruktur.
Unternehmen, die frühzeitig auf erneuerbare Energien umstellen, leisten somit einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels, der Menschen ihre Lebensgrundlage entreißen und zudem erhebliche wirtschaftliche Schäden verursachen kann.
Wie wirkt sich die Energiewende nun auf Unternehmen aus?
Ob KMU oder Großkonzern: Die Energiewende wirkt sich auf Unternehmen aller Größen und Branchen aus. Sie bedeutet nicht nur eine Anpassung an neue gesetzliche Vorgaben, sondern auch die Chance, sich zukunftssicher aufzustellen, Kosten zu senken und Wettbewerbsvorteile zu erlangen.
Die Umstellung auf erneuerbare Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz können helfen, langfristig Ressourcen zu schonen und Risiken zu minimieren. Gleichzeitig entstehen Möglichkeiten, neue Märkte zu erschließen und die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern.
Unternehmen müssen in der Energiewende …
- gesetzliche Anforderungen erfüllen,
- rechtzeitig auf neue Vorgaben reagieren und
- gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten.
Von welchen gesetzlichen Vorgaben sind Unternehmen bei der Energiewende betroffen?
In Deutschland wurden in den letzten Jahren mehrere Gesetze verabschiedet, um die Energiewende voranzutreiben. Einige davon richten sich konkret an die Unternehmen. Hier finden Sie eine Übersicht der aktuell in Deutschland geltenden Verordnungen.
- Energieeffizienzgesetz (ENEfG): Dieses Gesetz sieht beispielsweise vor, dass Unternehmen ab einer bestimmten Größe verstärkt Energie- und Umweltmanagementsysteme (EMAS) einsetzen. Weiterhin im Fokus steht außerdem die Abwärme, die in produzierenden Betrieben und Rechenzentren anfällt. Diese soll so weit als möglich vermieden und ansonsten in das Fernwärmenetz eingespeist werden.
- Gebäudeenergiegesetz (GEG): Das Gebäudeenergiegesetz sieht vor, dass neu errichtete Gebäude zur Wärmegewinnung in erster Linie erneuerbare Energien heranziehen müssen. Des Weiteren enthält das Gesetz Vorgaben zur Dichtheit der Außenwände, Vermeidung von Wärmebrücken sowie der Nutzung von Wärmeschutz im Sommer.
- Smart-Meter-Gesetz: Gemäß dem Smart-Meter-Gesetz sollen Unternehmen und Haushalte bis zum Jahr 2032 flächendeckend digitale Stromzähler, sogenannte Smart Meter, einsetzen. Das bedeutet, dass bis dahin alle analogen Stromzähler ausgetauscht sein sollen.
- Regionale Gesetzgebungen: Auch bundeslandspezifische Regelungen müssen von Unternehmen beachtet werden. So sind beispielsweise in Bayern laut Bayerischer Bauordnung (BayBO) seit 2023 Photovoltaik-Anlagen für neue Gewerbe- und Industriegebäude verpflichtend. Diese sollten nicht nur angebracht werden, sondern auch aktiv zur Stromversorgung eingesetzt werden.
Welche Herausforderungen kommen auf Unternehmen durch die Energiewende zu?
Um als Unternehmen für die gesetzlichen Bestimmungen zur Energiewende gut gerüstet zu sein, sind ausreichend finanzielle Mittel, eine strukturierte Planung und ständige Anpassungsfähigkeit notwendig. Die folgenden Punkte kommen dabei besonders zum Tragen.
Hohe Investitionskosten
Wurde bisher vor allem auf fossile Energieträger gesetzt, kommen mit dem Umstieg auf erneuerbare Energien beträchtliche Investitionen auf das Unternehmen zu. In einer repräsentativen Befragung zur Energiewende 2024 nannten 53 % der Führungskräfte die finanziellen Ressourcen als größte Herausforderung bei der Umsetzung der Energiewende im Unternehmen.

Um der Energiewende vorbereitet begegnen zu können, steht bei Führungskräften und Entscheidern der Wunsch nach finanzieller Unterstützung an erster Stelle. Als besonders wichtig wird auch eine Vereinfachung der Bürokratie sowie ausreichende Informations- und Beratungsmöglichkeiten genannt.

Nicht wechseln wird noch teurer
Wer den Wechsel zu erneuerbaren Energien aus Angst vor hohen Investitionskosten hinauszögern möchte, zahlt früher oder später drauf. Unternehmen, die für ihre Wärmegewinnung oder Produktionsverfahren weiterhin fossile Brennstoffe nutzen, zahlen mit dem CO₂-Preis einen Aufschlag auf die Energiesteuer. Im Jahr 2024 beträgt der CO₂-Preis 45 Euro pro Tonne ausgestoßenem Kohlendioxid.
Abhängigkeit von der allgemeinen Infrastruktur
Viele Schritte in der Energiewende können Unternehmen in die eigene Hand nehmen. In manchen Punkten sind sie allerdings von der allgemeinen Infrastruktur abhängig. Dies kann besonders dann herausfordernd sein, wenn die eigenen Ambitionen zwar vorhanden sind, aber die Infrastruktur der Umgebung die weiteren Schritte noch nicht ermöglicht.
Gerade in Bezug auf die verlässliche Stromversorgung muss das Stromversorgungsnetz in Deutschland weiter ausgebaut werden. Das betrifft zum Beispiel die Windkraft, die vorwiegend im Norden Deutschlands erzeugt wird und ihren Weg bis in den Süden Deutschlands finden muss. Unternehmen sind davon abhängig, dass das Versorgungsnetz den immer weiter steigenden Energiebedarf auch in Zukunft abfangen kann.
Interne Umstellungen und Know-how
Ob die Umstellung auf digitale Stromzähler (Smart Meter) oder die Etablierung von Energiemanagementsystemen (EMAS): Diese Veränderungen müssen von Unternehmen rechtzeitig geplant und regelkonform umgesetzt werden. Es bedarf daher einer Anpassung der internen Strukturen sowie Maßnahmen, um die Mitarbeiter rechtzeitig ins Boot zu holen.
Tipp: Ansprechpartner definieren
Vor allem in größeren Unternehmen empfiehlt es sich, dass mindestens eine Ansprechperson für sämtliche Belange rund um die Energieversorgung ausgebildet wird und Mitarbeitern bei Fragen zur Verfügung steht.
Welche Chancen ergeben sich für Unternehmen in der Energiewende?
Neben den Herausforderungen bringt die Energiewende für Unternehmen vor allem eines mit sich: neue Chancen. Wo diese liegen und wie Unternehmen diese für sich nutzen können, verraten wir nun.
Unabhängige Energieversorgung
Die Energiewende nimmt in Deutschland Fahrt auf: Bereits 2024 werden fast 60 % des Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt. Der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland steigt weiter: Vor allem der Bereich der Wind- und Solarenergie wird weiter ausgebaut.
Neben der Vermeidung von schädlichen Emissionen bringt diese Entwicklung einen weiteren bedeutenden Vorteil mit sich: Deutschland und seine Unternehmen werden dadurch von geopolitischen Ereignissen und Versorgungsengpässen weniger hart getroffen.
Energieautarkie durch Eigenproduktion
Unternehmen können durch die Investition in eigene Energiequellen, wie Photovoltaikanlagen auf Firmendächern, zunehmend energieautark werden. Die Eigenproduktion von Energie bietet langfristige Planungssicherheit und Unabhängigkeit von Energiepreisschwankungen auf den internationalen Märkten. Unternehmen können dadurch ihre Energiekosten besser kalkulieren und sich gegen Unsicherheiten absichern.
Tipp: Förderungen nutzen
Der Umstieg auf erneuerbare Energien wird vom Bund massiv gefördert. Unternehmen sollten sich daher bei jedphotoer Investition über die Fördermittel informieren, die ihnen zustehen.
Wettbewerbsvorteil dank Nachhaltigkeit
Unternehmen, die sich aktiv an der Energiewende engagieren, genießen weitgehend einen guten Ruf. Nicht nur bei Anlegern und Investoren sind nachhaltige Unternehmen daher beliebt, auch bei den Verbrauchern sowie Geschäftspartnern kommen umweltbewusste Unternehmen gut an.
Wer sich früh genug auf die Energiewende vorbereitet, signalisiert eine zukunftsgerichtete Denkweise und strategisches Vorgehen. Das macht Unternehmen zudem für potenzielle neue Mitarbeiter attraktiv, denn das Umweltbewusstsein der Bevölkerung ist gerade in Deutschland sehr stark ausgeprägt.
Innovationsschwung der Energiewende nutzen
Die Energiewende fordert Unternehmen dazu auf, ihre Energieversorgung neu zu regeln und Prozesse neu zu denken. Die dadurch – im wahrsten Sinne – freigesetzte Energie kann auch für weitere Innovationen genutzt werden. Passt die bisherige Strategie noch zum Image? Wie soll dieses Image zukünftig aussehen? Da der Stein bereits ins Rollen gebracht ist, fallen weitere Veränderungen in der Regel leichter.
Die Energiewende als Chance für Unternehmen verstehen
An der Energiewende führt kein Weg vorbei. Unternehmen können diesen Änderungsprozess nutzen, um nicht nur gegen den Klimawandel und dessen Folgen gewappnet zu sein. Deutschlands Unternehmen können unabhängiger werden und gleichzeitig ihre Innovationen vorantreiben. Die Umstellung auf erneuerbare Energien ist eine Möglichkeit, sich neu zu erfinden, zukunftssicher zu werden und eine Vorreiterrolle in einer zunehmend nachhaltigen Wirtschaft einzunehmen.
Autor des Gastbeitrags: Philip Gutschke
Philip Gutschke leitet die Energiebeschaffung bei der wattline GmbH. Er ist seit über 15 Jahren im Energiesektor tätig. Seine Karriere begann er als Unternehmensberater und erweiterte seine Expertise bei einem Energieversorger. Seit 2011 ist er bei wattline und verantwortet heute die strategischen und operativen Einkaufsprozesse und vertritt die Interessen der Energie-Einkaufsgemeinschaft im BDEW. Seine Leidenschaft gilt den Entwicklungen im Energiemarkt.