Preisgünstigere Solarthermische Kraftwerke: „Das ist noch nicht das Ende der Entwicklung“

In Marokko wird eine Unternehmensgruppe, angeführt von der ACWA Power aus Saudi Arabien, ein Solarkraftwerk bauen, das Strom für unter 15 Cent pro Kilowattstunde anbietet. Das ist weit weniger als Anbieter derzeit in Spanien für Strom aus den Solarkraftwerken vergütet bekommen. Prof. Ulrich Wagner, Vorstand für die Bereiche Energie und Verkehr beim DLR, erläutert, warum Solarkraftwerke nun deutlich günstigeren Strom produzieren können und warum er noch weitere Preissenkungen erwartet.

Frage: Warum wird Strom aus solarthermischen Kraftwerken gerade jetzt günstiger?

Prof. Wagner: Als 2007 der Bauboom für die solarthermischen Kraftwerke in Spanien begann, waren noch fast 30 Cent pro Kilowattstunde an Einspeisevergütung notwendig, um Unternehmen davon zu überzeugen, in Großprojekte mit Gesamtinvestitionen von bis zu 300 Millionen Euro zu investieren. Dies stellte für die Unternehmen ein hohes Risiko dar. Da bedarf es hoher Anreize. Doch die Unternehmen haben heute gelernt, die Risiken einzuschätzen und zu begrenzen. Außerdem haben sich alle Komponenten der Kraftwerke auch mit Unterstützung aus der Forschung deutlich verbessert und die Lieferketten wurden optimiert. Dann steht in Marokko natürlich mehr Sonnenstrahlung zur Verfügung. All das trägt zur Kostensenkung bei. DLR-Studien ergaben schon in der Vergangenheit, dass solarthermische Kraftwerke das Potential haben, preisgünstigen Strom zu erzeugen. Und auch die europäischen Hersteller und ihr Industrieverband ESTELA gehen davon aus, dass Solarkraftwerksbetreiber in wenigen Jahren an guten Solarstandorten Strom für zehn Cent pro Kilowattstunde anbieten können. Was wir hier sehen, ist nach unseren Erkenntnissen ein erster wichtiger Schritt und bei weitem noch nicht das Ende der Entwicklung zu günstigeren Solarstrom-Preisen.

Frage: Wie werden sich die Preise denn entwickeln?

Prof. Wagner: Je mehr Kraftwerke gebaut werden, umso schneller und stärker werden die Kosten sinken. Auch bereiten viele Hersteller zur Zeit Systeme vor, die bei höheren Temperaturen arbeiten und effizienter sind. Sie benötigen dann zum Beispiel weniger Spiegel, um die gleiche Leistung zu erzeugen. Das spart natürlich viele Kosten. Wir im DLR setzen verstärkt auf die Turmkraftwerke, die bei höheren Temperaturen – bis zu 1000 Grad Celsius – arbeiten und damit sehr effizient sind. Zudem entwickeln wir Prüfmethoden, damit Kraftwerkskomponenten wie Spiegel oder Receiverrohre optimal genutzt werden können. In den nächsten zehn Jahren kann man damit die Marke von zehn Cent pro Kilowattstunde voraussichtlich unterschreiten.

Frage: Oft hören wir das Argument, dass Strom aus Photovoltaik-Anlagen viel günstiger sei.

Prof. Wagner: Photovoltaik-Anlagen und Solarthermische Kraftwerke liefern zwar beide Strom, aber hier gibt es gewaltige Qualitätsunterschiede: PV-Zellen erzeugen nur dann Strom, wenn die Sonne scheint, Solarthermische Kraftwerke bieten dagegen regelbaren erneuerbaren Strom. Dies gelingt, weil diese Kraftwerke die Sonnenenergie einige Stunden lang in Form von Wärme speichern können. Bei Wolken, am Abend und in der Nacht kann ein solches Kraftwerk immer noch entsprechend des Bedarfs Strom in das Netz einspeisen. Sonnenkraftwerke sind damit die einzigen Kraftwerke, die grundlastfähigen regenerativen Strom erzeugen können und der Wert dieser Energie ist für den Netzbetreiber deutlich höher. In Marokko zum Beispiel zahlt der Energieversorger für PV-Strom umgerechnet acht Eurocent pro Kilowattstunde, für den regelbaren Strom aus Solarthermischen Kraftwerken sind es zwölf. Im Endeffekt brauchen wir beide Technologien: Solarstrom aus PV-Zellen in dezentralen Anlagen zur Mittagszeit und regelbaren Solarstrom aus solarthermischen Kraftwerken, um die wetterbedingten Lücken und Abendstunden zuverlässig zu füllen.

Frage: Was tut das DLR um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu unterstützen?

Prof Wagner: Wir haben mit unseren DESERTEC-Studien den Weg für einen Solarplan in Marokko mitgestaltet. Es gibt eine enge Kooperation mit der Marokkanischen Agentur für Solarenergie MASEN und dem neu gegründeten Forschungsinstitut für erneuerbare Energien IRESEN. Das DLR hat hier unter anderem bei Ermittlung der solaren Strahlungsressourcen unterstützt. DLR-Mitarbeiter waren auch in die Bauüberwachung des ersten bereits in Betrieb befindlichen solarthermischen Kraftwerks in Ain Beni Matar im Norden von Marokko eingebunden. Zudem schulen wir technische Fachleute in Marokko und anderen Ländern der Region im Rahmen unserer enerMEN- Lehrgänge.

Frage: Die deutsche Industrie ist führend bei Technologien für Solarthermische Kraftwerke. Welchen Lieferanteil hat sie in solchen Projekten?

Prof. Wagner: Das ist unterschiedlich. Bei einem Kraftwerk in Ägypten stammen Engineering, Spiegel, Absorberrohre und Turbine aus Deutschland, das sind mehr als die Hälfte des Gesamtumfangs an Zulieferteilen. In Marokko ist der Anteil deutscher Produkte durch eine starke spanische Präsenz kleiner. Unser Engagement im DLR soll natürlich helfen, dass sich deutsche Firmen auch hier besser positionieren.

Frage: Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung bei Solarthermischen Kraftwerken ein?

Prof. Wagner: Zahlreiche Länder des Sonnengürtels nördlich und südlich des Äquators haben großes Interesse an diesen Solarkraftwerken, denn sie können den wichtigen, grundlastfähigen und voll regelbaren Strom erzeugen. Das DLR forscht deshalb intensiv an technologischen Weiterentwicklungen – insbesondere auch an Energiespeichern sowie der Energie-Meteorologie für zuverlässigere Prognosen bei die Stromerzeugung mit Sonne und Wind. Kombination dieser Forschungsthemen führt zu einer wesentlichen Verbesserung der Effizienz, der Kosten und last not least: der Zuverlässigkeit.

(Quelle: DLR)

 

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