Weltweit größte Power-to-Gas-Anlage zur Methan-Erzeugung geht in Betrieb

Vorstufe für die industrielle Anwendung erreicht

ZSW stellt 250-Kilowatt-Forschungsanlage zur Ökostromspeicherung fertig. Baden-Württembergs Umweltminister Untersteller: „Anlage erfolgreicher Schritt zur Etablierung der neuen Technik.“

ZSW-Forscher bei der Kontrolle der Gasmischung. Im Hintergrund die Methanisierungsanlage.
Foto: Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW)

Eine weitere Hürde auf dem Weg zur Marktfähigkeit der Power-to-Gas-Technologie ist überwunden: Am 30. Oktober 2012 hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) eine Forschungsanlage mit einer elektrischen Anschlussleistung von 250 Kilowatt eingeweiht. Die vom Bundesumweltministerium geförderte Anlage wandelt Ökostrom in Wasserstoff und Methan um. Mit einer möglichen Methanproduktion von bis zu 300 Kubikmetern pro Tag ist sie die größte Anlage ihrer Art weltweit und zehnmal leistungsstärker als die drei Jahre zuvor am ZSW entstandene Versuchsanlage. Damit rücken die Wissenschaftler aus Stuttgart unmittelbar an die industrielle Anwendung der neuen Stromspeichertechnologie heran.

Während des Betriebs wollen die ZSW-Forscher mit ihren Kollegen vom Fraunhofer IWES und der Firma SolarFuel die Technologie weiter optimieren. Das Hochskalieren künftiger Power-to-Gas-Anlagen im energiewirtschaftlich relevanten Bereich von 1 bis 20 Megawatt soll dadurch erleichtert werden. Eine Bewertung des künftigen Speicherbedarfs ist ebenfalls Gegenstand der FuE-Arbeiten.

Die 250-Kilowatt-Anlage besteht aus einem alkalischen Druckelektrolyseur, einer Methanisierungseinheit sowie dem Prozessleitsystem für die Steuerung und Regelung. „Unsere Forschungsanlage arbeitet dynamisch und intermittierend. Im Gegensatz zur ersten Anlage kann sie flexibel auf das rasch wechselnde Stromangebot aus Wind und Sonne und auf plötzliche Unterbrechungen reagieren“, erklärt Dr. Michael Specht, Leiter des ZSW-Fachgebiets Regenerative Energieträger und Verfahren und einer der Väter der neuen Technologie. „Das ist eine Bedingung künftiger Energiesysteme mit einem hohen Anteil erneuerbaren Stroms.“ Ein weiterer Vorteil für die Anwendung: Die Steuerungs- und Regelungstechnik entspricht der Technik künftiger industrieller Großanlagen.

Elektrolyse zur Wasserstoffherstellung. Foto: Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW)

Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller lobt den Fortschritt in der Power-to-Gas-Technologie: „Um die Herausforderungen der Energiewende zu meistern, brauchen wir Innovation und neue Technologien. Dazu gehört bei einem stetig wachsenden Anteil erneuerbaren Stroms auch die Erforschung und Nutzung von Speichergas. Die 250-Kilowatt-Forschungsanlage ist ein erfolgreicher Schritt zur Etablierung der neuen Technik.“ Vor allem das Automobil-Land Baden-Württemberg könne künftig von Power-to-Gas profitieren, weil das Verfahren auch Alternativen für die künftige Mobilität biete, so Untersteller weiter.

Das nächste Kapitel der Power-to-Gas-Erfolgsgeschichte soll 2013 im niedersächsischen Werlte aufgeschlagen werden. SolarFuel errichtet dort im Auftrag der Audi AG eine 6-Megawatt-Anlage, mit der die Stufe der industriellen Anwendung avisiert wird. Die Erfahrungen aus der 250er-Forschungsanlage des ZSW werden auch in das „e-gas-Projekt“ des Ingolstädter Konzerns einfließen.

Der Ökostromanteil im deutschen Stromnetz wächst enorm. Das stellt das Energiesystem vor neue Aufgaben: Bei einem hohen Anteil von Wind- und Sonnenenergie schwankt die Strommenge je nach Wetterlage stark. Schon heute kann in manchen Regionen überschüssiger Ökostrom nicht mehr in das Stromnetz eingespeist werden. Zwischen 2020 und 2030 sind deutschlandweit in bestimmten Jahreszeiten überschüssige Stromleistungen im Gigawattbereich zu erwarten.

Ohne Langfristspeicher mit hohen Kapazitäten, die bis dahin aufgebaut werden müssen, können die künftigen Überschüsse dem Verbraucher für Zeiten ohne Wind und Sonne nicht zur Verfügung gestellt werden. Eine Speicherung über lange Zeit und mit großem Volumen bieten die chemischen Speichermedien Wasserstoff und Methan. Nur sie sind lange ohne Verluste lagerfähig und können in das große, gut ausgebaute deutsche Erdgasnetz eingespeist werden. Blockheizkraftwerke, Erdgasautos und die Industrie können das erneuerbare Gas nutzen.

Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an der Anlage werden vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) finanziell gefördert (Förderkennzeichen 0325275A-C).

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) gehört zu den führenden Instituten für angewandte Forschung auf den Gebieten Photovoltaik, regenerative Kraftstoffe, Batterietechnik und Brennstoffzellen sowie Energiesystemanalyse. An den drei ZSW-Standorten Stuttgart, Ulm und Widderstall sind derzeit rund 220 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker beschäftigt.

Die Forschungsgebiete des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES umfassen das gesamte Spektrum der Windenergie sowie die Integration der erneuerbaren Energien in Versorgungsstrukturen. Am Fraunhofer IWES arbeiten rund 400 Wissenschaftler, Angestellte und Studenten. Das IWES ist aus dem ehemaligen Fraunhofer-Center für Windenergie und Meerestechnik CWMT in Bremerhaven sowie dem Institut für Solare Energieversorgungstechnik ISET e.V. in Kassel hervorgegangen.

Die SolarFuel GmbH aus Stuttgart entwickelt Power-to-Gas-Anlagen zur Speicherung von Ökostromüberschüssen in Wasserstoff und Methan. Das Gas wird in das bestehende Erdgasnetz eingespeichert und kann überall in Deutschland und jederzeit in effizienten BHKW zur Rückverstromung, in der Industrie oder in der Mobilität eingesetzt werden. Die neue Technik erfüllt eine wichtige Forderung im Energiesystem der Zukunft, bei dem stark fluktuierende Quellen wie Wind und Sonne in eine zuverlässige Energieversorgung integriert werden.

Quelle: ZSW

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